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Hexenstunde

Hexenstunde

Titel: Hexenstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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professionelle Klatschtante Juliette Milton an und lud sie zum Essen ein.
    Mit großem Vergnügen machte sie mich mit Beatrice Mayfair bekannt. Beatrice willigte ein, sich mit mir zum Essen zu treffen; meine oberflächliche Erklärung, ich interessierte mich für die Geschichte der Südstaaten und für die Geschichte der Familie Mayfair, akzeptierte sie ohne weiteres.
    Beatrice Mayfair war fünfunddreißig Jahre alt – eine attraktiv gekleidete dunkelhaarige Frau, deren Akzent eine charmante Mischung aus Südstaaten und New Orleans war; was die Familie anging, war sie eine Art »Rebellin«.
    Drei Stunden saß sie mit mir im Restaurant und redete ohne Unterlaß. Sie überschüttete mich mit allerlei kleinen Geschichten über die Familie Mayfair, die bestätigten, was ich schon vermutet hatte: daß über die ferne Vergangenheit der Familie wenig oder gar nichts bekannt war. Geblieben war eine höchst vage Legende, in der Namen verwechselt wurden und Skandale in die Nähe des Lächerlichen gerieten.
    Beatrice wußte nicht, wer Riverbend gebaut hatte und wann es gebaut worden war. Sie wußte nicht einmal, wer das Haus in der First Street in Auftrag gegeben hatte. Sie glaubte, es sei Julien gewesen. Die alten Geschichten über Geister und die Märchen von den immer gefüllten Goldbörsen hatte sie als Kind geglaubt, aber heute nicht mehr. Ihre Mutter war in der First Street zur Welt gekommen, und sie hatte ein paar schrecklich merkwürdige Dinge über dieses Haus gesagt. Aber sie hatte es schon mit siebzehn verlassen, um Aldrich Mayfair zu heiraten, einen Urenkel von Maurice Mayfair, und Aldrich wollte nicht, daß Beatrices Mutter über das Haus redete.
    »Meine Eltern tun beide ziemlich geheimnisvoll«, sagte Beatrice. »Ich glaube nicht, daß mein Dad sich wirklich noch an irgend etwas erinnert. Er ist über achtzig. Und meine Mutter erzählt mir einfach nichts. Ich selber habe ja keinen Mayfair geheiratet, wissen Sie. Mein Mann weiß eigentlich überhaupt nichts über die Familie. An Mary Beth erinnere ich mich nicht. Ich war erst zwei Jahre alt, als sie starb. Ich habe ein paar Bilder, auf denen ich ihr zu Füßen sitze – auf irgendeinem Familientreffen, wissen Sie, mit allen anderen Mayfair-Kindern. Aber an Stella erinnere ich mich. Oh, Stella habe ich geliebt. Ich habe sie so sehr geliebt.«
    »Glauben Sie denn, daß es in dem Haus spukt? Daß dort vielleicht irgend etwas Böses…?«
    »Oh! Carlotta. Sie ist böse! Aber wissen Sie, wenn Sie es auf so etwas abgesehen haben, dann ist es zu schade, daß Sie nicht mehr mit Amanda Grady Mayfair sprechen können. Sie war Cortlands Frau. Ist vor ein paar Jahren gestorben. Sie hat phantastische Dinge geglaubt! Aber es war wirklich interessant… Na ja, in gewisser Weise jedenfalls. Es hieß, deshalb habe sie Cortland verlassen. Sie behauptete, Cortland wisse, daß es in dem Haus spukt. Er könne die Geister sehen und mit ihnen sprechen. Es hat mich immer schockiert, daß eine erwachsene Frau an so etwas glauben konnte! Aber irgendwann war sie völlig davon überzeugt, daß da irgendeine satanische Verschwörung im Gange sei. Ich glaube, Stella hat das alles unabsichtlich ausgelöst. Ich war damals zu jung, um es wirklich zu verstehen. Aber Stella war kein böser Mensch! Keine ›Voodoo-Queen‹. Stella ging mit jedem x-beliebigen Mann ins Bett, und wenn das Hexerei ist, dann müßte halb New Orleans auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden…«
    Und so ging es weiter. Die Klatschgeschichten wurden immer intimer und unverblümter, je länger Beatrice an ihrem Essen herumkaute und ihre Pall Mall -Zigaretten rauchte.
    »Deirdre hat zuviel Sex im Kopf«, meinte sie. »Sonst fehlt ihr gar nichts. Sie ist auf lächerliche Weise vor allem beschützt worden. Kein Wunder, daß sie sich mit fremden Männern einläßt. Ich verlasse mich darauf, daß Cortland sich um sie kümmert. Cortland ist inzwischen der Familienälteste. Und er ist auf alle Fälle der einzige, der sich Carlotta entgegenstellen kann. Diese Frau ist wirklich das, was ich eine Hexe nenne. Carlotta. Gänsehaut bekomme ich bei ihr. Man sollte ihr Deirdre wegnehmen.«
    Tatsächlich sprach man bereits hier und da von einer Schule in Texas, einer kleinen Universität, auf die Deirdre im Herbst vielleicht gehen würde. Tatsächlich handelte es sich um eine kleine staatliche Frauenschule, sehr betucht und mit Tradition und dem Ambiente einer teuren Privatschule. Die Frage war nur, würde die gräßliche Carlotta die arme

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