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Hexenstunde

Hexenstunde

Titel: Hexenstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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noch über ihnen, und sie hatten ihn beide sehr ins Herz geschlossen. Ein Tag war nicht vollständig ohne einen Kaffee oder einen Drink oder wenigstens ein Schwätzchen mit Aaron. Und wenn ihm weitere Unfälle passierten, so sagte er nichts mehr davon.
    Unterdessen war es Beatrice und Lily Mayfair gelungen, Rowan zu einer Hochzeit in Weiß in der Kirche Maria Himmelfahrt zu überreden. Anscheinend schrieb das Vermächtnis eine katholische Trauung vor. Und die prunkvolle Ausstattung galt als absolut unentbehrlich für das Glück und die Zufriedenheit des ganzen Klans. Rowan war offenbar ganz froh, als sie schließlich nachgab.
    Und Michael was insgeheim begeistert.
    Das Ganze entzückte ihn mehr, als er zuzugeben wagte; er hatte im Leben nicht gehofft, je etwas von so traditioneller Eleganz zu erleben. Und natürlich unterlag so etwas der Entscheidung der Frau, und er hatte Rowan in keiner Weise unter Druck setzen wollen. Aber – ah! was für eine Vorstellung: eine formelle Hochzeit in Weiß in der Kirche, in der er als Kind Ministrant gewesen war!
    Als die Tage kühler wurden und in einen wunderschönen wohlriechenden Oktober übergingen, erkannte er plötzlich, wie nah’ ihr erstes gemeinsames Weihnachtsfest schon war, und daß sie es in dem neuen Haus verbringen würden. Was für einen Baum würden sie in den riesigen Salon stellen können! Tante Viv ließ ihm keine Ruhe wegen ihrer persönlichen Sachen, und er hatte ihr versprochen, dieser Tage rasch nach San Francisco zu fliegen und sie zu holen; aber er wußte, daß sie sich hier in ihrer neuen Eigentumswohnung wohlfühlte. Und die Mayfairs mochte sie auch.
    Ja, Weihnachten, wie es in seiner Vorstellung immer hatte sein sollen: in einem herrlichen Haus, mit einem prächtigen Baum und einem Feuer im marmornen Kamin. Weihnachten.
    Und unausweichlich kehrte die Erinnerung an Lasher in der Kirche zurück. Lashers unverkennbare Anwesenheit, vermischt mit dem Duft von Fichtennadeln und Kerzen und der Vision des gipsernen Jesuskindes, das lächelnd in der Krippe lag.
    Warum hatte Lasher ihn damals so liebevoll angeschaut, an jenem längst vergangenen Tag, als er in der Kirche neben der Krippe erschienen war?
    Warum das alles? Das war letzten Endes die Frage.
    Vielleicht würde Michael die Antwort nie erfahren. Und vielleicht hatte er ja die Aufgabe, für die ihm das Leben zurückgegeben worden war, schon irgend wie erfüllt. Vielleicht war es nie um etwas anderes gegangen als darum, hierher zurück zu kehren, Rowan zu lieben und glücklich mit ihr zusammen in diesem Haus zu leben.
    Aber er wußte, daß es so einfach nicht sein konnte. So hatte es einfach keinen Sinn. Es wäre ja ein Wunder, wenn es immer so weiterginge. Ein Wunder – wie die Gründung von »Mayfair Medical« ein Wunder war und die Tatsache, daß Rowan ein Baby wollte und daß das Haus bald ihnen gehören würde… und wie es ein Wunder war, wenn man einen Geist sah, einen Geist, der einen strahlend aus dem Chor einer Kirche anstarrte oder unter einer kahlen Myrte im Dunkel einer kalten Nacht.

 
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    Also schön, noch mal von vorn, dachte Rowan. Das war jetzt der – wievielte? Der fünfte Besuch zu Ehren des verlobten Paares? Da war Lilys Tee gewesen, Beatrices Lunch und Cecilias kleines Dinner im »Antoine’s«. Und Laurens kleine Party in der Stadt, in dem hübschen alten Haus an der Esplanade Avenue.
    Und jetzt ging es nach Metairie – zur Cortlands Haus, wie es immer noch hieß, obwohl schon seit Jahren Gifford und Ryan und ihr jüngster Sohn Pierce hier wohnten. Und der klare Oktobertag eignete sich perfekt für eine Gartenparty mit ungefähr zweihundert Gästen.
    Was machte es schon, daß die Hochzeit schon in zehn Tagen stattfinden würde, am zwölften November, am Allerheiligen? Die Mayfairs würden bis dahin noch zweimal zum Tee und einmal irgendwohin zum Lunch einladen – wo und wann, das würde später noch bekanntgegeben werden.
    »Jeder Vorwand ist uns recht für eine Party!« hatte Ciaire Mayfair gesagt. »Darling, du weißt ja nicht, wie lange wir auf eine solche Gelegenheit gewartet haben.«
    Jetzt wimmelten sie unter den kleinen, sauber getrimmten Magnolienbäumen auf dem Rasen umher und drängten sich durch die geräumigen, niedrigen Zimmer in dem adretten Backsteinhaus in Wiliamsburg. Und die dunkelhaarige Anne Marie, eine geradezu schmerzhaft ehrliche Person, die von Rowans Krankenhausplänen inzwischen restlos bezaubert war, machte sie mit Dutzenden von Leuten

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