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Hexenstunde

Hexenstunde

Titel: Hexenstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Erotik pur. Zum Beispiel, wenn er die Ärmel hochkrempelte, seine Camel-Schachtel in die rechte Ärmelfalte stopfte, sich einen Bleistift hinters Ohr schob und mit einem der Zimmerleute oder Maler diskutierte, und wenn er dann einen Fuß vorschob und jäh die Hand hob, als wolle er dem Burschen das Kinn in den Schädel hinauframmen.
    Und dann die Nacktschwimmerei im Pool, wenn niemand mehr auf dem Grundstück war (keine Geister mehr seit dem erstenmal), oder an dem einen Wochenende, an dem sie nach Florida gefahren waren, um das neue Haus in Augenschein zu nehmen, und sein Anblick, wie er nackt auf der Sonnenveranda geschlafen hatte, mit nichts am Leibe außer seiner goldenen Armbanduhr und dem dünnen Kettchen am Hals.
    Und er war so über die Maßen glücklich. Er war vielleicht der einzige Mensch auf der Welt, der das Haus noch mehr liebte als die Mayfairs. Er war besessen davon. Er nutzte jede Gelegenheit, um mit seinen Handwerkern zu arbeiten.
    Gottlob ließ der Geisterspuk sie beide in Ruhe. Und sie mußte jetzt aufhören, sich über ihn und seinen Harem da drüben den Kopf zu zerbrechen.
    Sie konzentrierte sich besser auf die Gruppe, die sich um sie versammelte – die majestätische alte Felice hatte sich einen Stuhl herangezogen, die hübsche, streitsüchtige Margaret Ann machte es sich im Gras bequem, und die strenge Magdalene, die viel jünger aussah, als sie war, saß schon seit einer Weile da und beobachtete die anderen mit ungewohntem Schweigen.
    Hin und wieder wandte sich ein Kopf, jemand schaute sie an, und sie empfing ein vages Aufschimmern heimlichen Wissens, eine Frage vielleicht, die aber gleich wieder verblaßte. Doch es kam immer von den Älteren – von Felice etwa, Barclays jüngerer Tochter, die jetzt fünfundsiebzig Jahre alt war, von Lily, achtundsiebzig, wie es hieß, und Vincents Enkelin, oder von dem alten, glatzköpfigen Peter Mayfair mit den feucht glänzenden Augen und dem dicken Hals auf einem aufrechten, kräftigen Körper, Garlands jüngstem Sohn, ganz sicher ein wachsamer und wissender Alter.
    Und dann war da noch Randall, älter vielleicht als sein Onkel Peter, mit Säcken unter den Augen und sichtlich weise; er saß zurückgelehnt auf einer Eisenbank in der hinteren Ecke und schaute sie unverwandt an, auch wenn ihm immer wieder die Sicht versperrt wurde – als wolle er ihr etwas von großer Wichtigkeit sagen, wisse aber nicht, wie er es anfangen solle.
    Ich will es wissen. Ich will alles wissen.
    Pierce sah sie jetzt mit unverhüllter Ehrfurcht an; ihr Traum vom Mayfair Medical hatte es ihm angetan, und er war beinahe ebenso erpicht darauf wie sie, ihn Wirklichkeit werden zu lassen. Schade, daß er ein wenig von der gelassenen Warmherzigkeit verloren hatte; beinahe entschuldigend führte er ihr eine Reihe von jungen Männern vor, um sie ihr vorzustellen und kurz Abkunft und derzeitigen Beruf eines jeden zu erklären. Sie wollte ihm helfen, sich wieder zu entspannen; er war von einer Freundlichkeit, hinter der nicht der Schatten irgendwelcher Egozentrik lauerte.
    Mit Freude nahm sie zur Kenntnis, daß er jeden, den er ihr vorstellte, mit schlichter Selbstverständlichkeit auch zu Michael führte. Überhaupt waren sie alle sehr freundlich zu Michael. Gifford schenkte ihm dauernd Bourbon nach. Und Anne Marie hatte sich jetzt auch neben ihm nieder gelassen und redete eindringlich auf ihn ein, wobei ihre Schulter immer wieder die seine streifte.
    Abschalten, Rowan. Du kannst diese wunderschöne Bestie nicht auf dem Dachboden einsperren.
    In Trauben umdrängten sie sie und lösten sich wieder von ihr, so daß sich neue Trauben bilden konnten. Und unaufhörlich redeten sie von dem Haus in der First Street, vor allem von dem Haus.
    Die First Street war in der Tat das Wahrzeichen der Mayfairs – und welch ein Greuel war es ihnen gewesen, es verkommen zu sehen, und wie hatten sie Carlotta gehaßt. Rowan spürte es hinter all ihren Worten. Sie schmeckte es, wenn sie ihnen in die Augen blickte. Das Haus war endlich frei von der verachtungswürdigen Knute. Und es war erstaunlich, wie gut sie über die allerneuesten Veränderungen und Entdeckungen Bescheid wußten. Sie wußten sogar, welche Farben Rowan für Zimmer ausgesucht hatte, die sie noch nie gesehen hatten.
    Was hielten sie von ihrem Plan zu der großen Klinik? In den wenigen kurzen Gesprächen darüber außerhalb der Firma hatte Rowan sie ungewöhnlich empfänglich vorgefunden. Und sie waren entzückt von dem Namen Mayfair

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