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Hexentochter

Hexentochter

Titel: Hexentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Holder , Debbie Viguié
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trinken. Doch da hatte er noch keinen Beweis dafür gehabt, dass Marie-Claire eine Affäre mit Michael Deveraux gehabt hatte.
    Der arme Onkel Richard hatte die Wahrheit auf schrecklich prosaische Art erfahren: Marie-Claire hatte ein Tagebuch geführt, und Richard hatte es gefunden. Sie hatte äußerst detailliert über ihre Nächte mit Michael geschrieben, und Richard hatte jedes Wort gelesen.
    »Daddy?«, fragte Amanda sacht und kniete sich neben seinen Sessel.
    Er seufzte und warf ihr mit feuchten, blutunterlaufenen Augen einen flüchtigen Blick zu. Er hatte sich seit einer Woche nicht mehr rasiert. Und er roch.
    Sie und Holly hatten Richard nicht dazu überreden können wegzuziehen. Er war offenbar fest entschlossen, sich in seinem eigenen Haus zu Tode zu saufen. Seit er nicht mehr arbeitete und sein Geschäft von Tag zu Tag, von Woche zu Woche mehr verkümmern ließ, war es besonders schwierig geworden, das Haus mit Bannen zu schützen, ohne dass er es merkte. Doch der Coven hatte es geschafft. Er war relativ sicher ... oder, wenn man ganz ehrlich sein wollte, ebenso sehr in Gefahr wie die anderen.
    »Onkel Richard?«, versuchte es Holly. Sie bewegte die Hand und segnete ihn. Er schien ihre unauffällige Geste nicht zu bemerken, und offenbar bewirkte sie auch nichts.
    »Ich koche dir einen Kaffee.« Amanda schob sich an Holly vorbei und ging in die Küche.
    Holly übernahm ihren Posten neben Onkel Richards Sessel. Sie legte die Hand auf seine und sagte: »Es tut mir so leid.«
    Er wandte den Kopf und starrte sie an. Im trüben Mondschein sah sie, dass seine Augen furchtbar verdreht waren. Erschrocken wich sie zurück.
    Doch er packte ihre Hand und hielt sie so fest, dass er ihr beinahe die Knochen brach. Worte drangen aus seinem Mund, seltsam körperlos, als er mit Michael Deveraux' Stimme sagte: »Sterbe bald, Holly Cathers. Einen grauenhaften Tod.«
    Nicole: Spanien, im Oktober
    Während sie die Straßen von Madrid entlangschlichen, hielt Philippe sich dicht bei Nicole. Offensichtlich wollte er in ihrer Nähe sein, vielleicht vor allem, um sie zu beschützen. Er war wie ein Fels in der Brandung, und sie war dankbar für seine Kraft und sein Interesse an ihr. Zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte sie sich sicher. Er sah nicht so dramatisch gut aus wie José Luis, in dessen Adern wildes Zigeunerblut floss. Er glich eher ihrer Amanda: angenehm anzusehen, aber nicht umwerfend. Die Extreme im Aussehen und in den Emotionen blieben in ihrer beider Coven anderen überlassen - in Amandas Fall war es meist Nicole, die ihr die Show stahl, in Philippes Fall José Luis.
    Philippe hob sich allerdings in einer Hinsicht von den anderen Mitgliedern des Zirkels ab: Er war kein Spanier. Er stammte aus Agen, einem kleinen Ort in Frankreich.
    Er wandte sich an ihren Anführer und sagte: »José Luis, wir sollten von der Straße verschwinden. Das ist gefährlich heute Nacht, sogar für uns.«
    »Tienes razón«, stimmte Jose Luis zu. Er hob die Stimme, damit auch die anderen ihn verstehen konnten. »Kommt, gehen wir.«
    Sie waren seit mehreren Tagen zusammen auf der Flucht von einem Unterschlupf zum nächsten - José Luis und sein zweiter Mann Philippe hatten sie vor langer Zeit eingerichtet. Sie waren Krieger, die für die Sache der Weißen Magie kämpften, und sie hatten zahlreiche Feinde. Philippe erzählte ihr, dass irgendetwas sie schon verfolgt hatte, ehe Nicole zu ihnen gestoßen war, doch Nicole hatte das Gefühl, dass sie wie ein Leuchtfeuer die Aufmerksamkeit auf den Coven zog.
    Alicia, die Hexe, die Philippe stumm gezaubert hatte, hatte den Coven verlassen. Sie war eifersüchtig auf Nicole gewesen und wütend, weil Philippe sie verhext hatte, als sie sich gegen Nicole gewandt hatte.
    José Luis war der größte in der Gruppe und am besten gekleidet. Er trug eine schwarze Lederhose und ein schwarz gefärbtes Seidenhemd. Das lockige Haar fiel ihm bis über die Schultern, und er band es jetzt mit einem Haargummi, den er aus der Hosentasche holte, zu einem lockeren Pferdeschwanz zurück. Seinem Gesicht nach hätte sie ihn auf etwa dreißig geschätzt, doch seine Augen wirkten älter, viel älter.
    Philippe sah ein paar Jahre jünger aus. Er hatte dunkle Haut und hellgrüne Augen, was einen erstaunlichen Kontrast bildete. Er trug meistens Jeans und Pullover im kühlen Madrider Herbst, dazu teure, verzierte Cowboystiefel und manchmal einen Cowboyhut. Sein kastanienbraunes Haar war kurz und sehr stylish geschnitten - sie hatte

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