Hexentochter
kicherte grausam.
»Das sieht ungemütlich aus.«
Sie verbiss sich eine Erwiderung und weigerte sich, auf seine Gehässigkeit einzugehen. Er hob ihre Füße an, jemand anders packte sie bei den Schultern, und sie warfen sie wieder auf den Rücksitz. Dann packte Eli sie bei den Knöcheln und begann sie aus dem Auto zu zerren. Der Sitzbezug brannte an ihren Beinen. Doch sie machte sich mehr Sorgen um ihre Bluse, die sich hochschob und um ihren BH knäuelte. Schließlich spürte sie festen Boden unter den Füßen, und mit Elis Hilfe setzte sie sich mühsam auf. Er packte eine Handvoll ihrer Bluse und zog sie aus dem Auto hoch, bis sie aufrecht stand.
Der andere Mann kam um den Wagen herum, und sein Blick bohrte sich in ihren. Er bückte sich, drückte die Schulter an ihr Becken und richtete sich auf. Sie hing kopfüber von seiner Schulter und wurde in hilfloser Wut wie ein Sack Kartoffeln davongeschleppt. Ihr Kinn knallte schmerzhaft gegen seinen Rücken, und sie fühlte sich ein wenig besser, als er zusammenzuckte.
Das kleine Gebäude erinnerte Nicole an die Häuschen, in denen sie mit José Luis' Zirkel Zuflucht gefunden hatte. Doch der Boden hier bestand nur aus festgestampfter Erde, die Möbel waren sehr einfach. Sie hatte den Stuhl abgelehnt, den die Männer ihr angeboten hatten, und war lieber stehen geblieben. So fühlte sie sich weniger ausgeliefert, auch wenn das nur eine Illusion war. Eli und der andere Mann berieten sich minutenlang mit gedämpfter Stimme. Schließlich wandte der Fremde sich ihr zu.
»Bringt mich einfach um, dann haben wir es hinter uns«, sagte sie und verzog das Gesicht, als sie hörte, wie hohl diese Worte selbst in ihren eigenen Ohren klangen. Sie hatte trotzig klingen wollen, wild, furchtlos und willensstark. Stattdessen hörte sie sich an wie ein hilfloses, jämmerliches Opfer, das die Absichten seines Angreifers mehr fürchtete als den Tod.
Seine Lippen verzogen sich zu einem grausamen Feixen. Er trat näher an sie heran, so dicht, dass er sie beinahe berührte. Er fing ihren Blick auf, und sie zwang sich, sein Starren zu erwidern.
»Vielleicht werde ich das tun. Aber wahrscheinlich eher nicht.«
Die Worte hingen zwischen ihnen in der Luft, halb Drohung, halb Versprechen. Etwas Kaltes, Hartes glitzerte in seinen Augen: der Blick des Raubtiers, das seine Beute beäugt und sich vorstellt, wie sie schmecken wird.
Sie reckte das Kinn noch höher, eine weitere instinktive Trotzreaktion. Indem sie die Kehle entblößte, zeigte sie keine Angst, zumindest theo- retisch. Ein wölfisches Lächeln hob seine Mundwinkel, und er bleckte ganz leicht die Zähne. Sein Blick bohrte sich noch tiefer in ihren und übermittelte ihr seinen Hass, seine Verachtung und noch mehr.
Er trat abrupt zurück und wandte sich mit einem Knurren ab, doch es war zu spät. Sie hatte gesehen, was er ihr nicht hatte zeigen wollen. Neben Grausamkeit, Wut und Boshaftigkeit hatte sie Neugier entdeckt.
Damit konnte sie arbeiten.
Unauffällig prüfte sie die Fesseln, die sie körperlich und magisch banden. Sie gaben kein bisschen nach. Holly könnte diesen Fesseln entkommen. Holly könnte es vielleicht sogar schon mit Eli und dem anderen Mann aufnehmen, wenn ihre Kraft weiter gewachsen war. Doch es gab da etwas, das Holly nicht konnte, Nicole aber schon.
Als er das nächste Mal in ihre Richtung schaute, fing sie seinen Blick auf und lächelte leicht. Seine Augen wurden schmal, doch er wandte sich nicht ab.
Dadurch ermuntert, fragte sie: »Wer bist du?«
Stolz schwang hörbar in seiner Stimme mit, als er antwortete: »Ich bin James, der Sohn von Sir William Moore und Thronerbe des Obersten Zirkels.«
»Oberster Zirkel? Sollte mir das etwas sagen?«
Er knurrte tief und kehlig. »Sollte es allerdings, Hexe. Wenn du auch nur ein halbes Hirn hättest, würdest du bei der bloßen Erwähnung des Obersten Zirkels vor Angst zittern.«
Sie gestattete sich ein Lächeln. »Tut mir leid. Ich habe noch nie davon gehört, und von deinem Vater und dir auch nicht.«
Er schoss auf sie zu, und einen Moment lang dachte sie, sie hätte es übertrieben. Er hob die Hand, als wollte er sie schlagen, doch stattdessen grub er die Finger in ihr Haar und riss ihr Gesicht dicht vor seines.
»Wenn mein Vater mit dir fertig ist, wirst du dir wünschen, dass es so geblieben wäre.«
In dieser Nacht fand sie kaum Schlaf. Sie lag auf dem harten Boden, die Wange auf der Erde. Die beiden Männer hielten abwechselnd Wache, und sie spürte ihre
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