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Hexentraum

Hexentraum

Titel: Hexentraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debbie Viguié , Nancy Holder
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wieder, umringt von einer Menschentraube. Ein Mann mit Schnurrbart und weißem Schopf klopfte auf ihr Handgelenk. Eine stämmige Frau neben ihm zog ein Fläschchen Riechsalz unter Veronicas Nase weg, sobald sie sah, dass Veronica wieder zu sich gekommen war.
    »Mein Mann...«, stammelte sie.
    Die Frau nickte mitfühlend. »Ich habe Ihr Telegramm gelesen. Hoffentlich haben Sie nichts dagegen.«
    Wie kann er tot sein? Wir hatten noch so viel zu tun, so viel zu erleben. Wir wollten ein zweites Kind...
    »Trinken Sie das. Laudanum. Damit Sie schlafen können«, sagte der Mann mit dem Schnurrbart, nachdem die Frau Veronica ins Bett geholfen hatte, und hielt ihr ein Glas mit einer milchigen Flüssigkeit hin. Mit sanfterer Stimme fügte er hinzu: »Ich bin Arzt. Und ich möchte Ihnen meine Frau vorstellen, Mrs. Kelly.«
    In Mrs. Kellys Augen glänzten Tränen. »Sie armes Mädchen«, sagte sie. »Sie armes, liebes Mädchen.« Sie wies auf das Glas. »Trinken Sie. Ruhen Sie sich aus. Ich bleibe bei Ihnen, bis Sie eingeschlafen sind.«
    In ihrem geschockten Zustand trank Veronica das Gebräu. Dann lehnte sie sich wie betäubt in die Kissen zurück und schloss die Augen.
    Als sie viel später wieder erwachte, stellte sie fest, dass die Kellys gegangen waren. Schwindelig richtete sie sich auf und schwang die Beine über die Bettkante. Sie fand ihre Hausschuhe, schlüpfte hinein und stand auf.
    Das Zimmer drehte und neigte sich, und sie hielt sich am Bettpfosten fest. Dann zog sie ihren Frisiermantel über und ging lautlos zur Tür.
    Etwas flüsterte ihr zu, sie solle sie öffnen. Veronica runzelte die Stirn, denn nur in Nachthemd und Morgenmantel mitten in der Nacht durch die Flure eines Hotels zu spazieren gehörte sich nicht. Das wusste sie, doch die flüsternde Stimme drängte sie beharrlich dazu.
    Ehe sie es recht bemerkte, hatte ihre Hand schon den Türknauf herumgedreht. Wie in Trance ging sie den leeren Flur entlang. Es war, als liefe jemand neben ihr her, der sie führte und ihr flüsternd den richtigen Weg wies.
    Nach einer Weile stellte sie fest, dass sie irgendwie in den dritten Stock gelangt war. Ein eiskalter Schauer überlief sie, und sie wandte sich zitternd um. Die Tür am Ende des Flurs schien kurz vor ihren Augen zu flimmern. Veronica wollte davonlaufen, zurück zur Treppe, doch sie tat es nicht. Stattdessen glitt sie weiter auf die Tür zu, wie gegen ihren Willen dorthin gezogen. Schließlich stand sie davor und spürte jemanden, etwas, auf der anderen Seite.
    Wie von selbst hob sich ihre Hand. Veronica versuchte, sie daran zu hindern, aber sie hatte die Kontrolle über ihren Körper verloren. Angst überkam sie, ihr Magen verkrampfte sich, und ihr zitterten die Knie.
    Berühre die Tür, befahl eine Stimme in ihrem Kopf.
    »Nein«, flüsterte sie. Doch sie konnte sich nicht dagegen wehren.
    Ihre Finger streiften das Holz, und bei der Berührung schoss Energie wie von einem Stromschlag durch ihren Arm. Sie presste die Handfläche an die Tür und fühlte einen Moment lang das Ding dahinter. Da waren Wut und Hass und... Neugier.
    Plötzlich hatte sie wieder die Gewalt über ihren Körper und ihren Willen, und mit einem Aufschrei riss sie die Hand zurück. Sie warf sich herum, raffte das Nachthemd und floh den Flur entlang. Als sie die Treppe erreichte, hörte sie, wie die Tür aufging. Das Geräusch schien ihren Füßen Flügel zu verleihen.
    Blindlings rannte sie die Stufen hinunter, bis sie das Erdgeschoss des Coronado Hotels erreichte. Sie schaute zu den Türflügeln des Haupteingangs hinüber. Nein. Es war mitten in der Nacht, und draußen wäre sie vollkommen schutzlos.
    Sie brauchte ein Versteck. Sie war beinahe außer sich vor Angst und fragte sich kurz, ob es an dem Laudanum liegen könnte, doch das bezweifelte sie. Ihre Cathers-Intuition war voll erwacht, und jede Faser ihres Wesens schrie ihr zu, dass sie wirklich in Gefahr schwebte.
    Eine Tür fiel ihr ins Auge, und sie rannte dorthin, riss sie auf und stand vor einer weiteren Treppe. Mit gerafftem Nachthemd eilte sie die Stufen hinunter. Ihr Herz hämmerte, und ihre Lunge brannte.
    Sie schoss hinab in den Keller. Das Licht einer einzelnen Laterne versuchte, die Dunkelheit zu verdrängen, versagte aber kläglich. Veronica blieb stehen, atmete ein paar Mal tief durch und sah sich um. Ich muss mich doch hier irgendwo verstecken können.
    Aber warum denn? Das war wieder die sanfte, beharrliche Stimme, die schon oben vor der Tür zu ihr gesprochen

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