Hexentraum
singen.«
»Das würde niemand im Publikum merken.«
»Außer dir«, erwiderte er.
»Außer mir«, gab sie ihm recht.
Er betrachtete sie lange. »Du hast gesagt, du wolltest mich sehen, Luna vom Mutterzirkel. Was willst du von mir?«
Sie lächelte und beugte sich vor. »Ich möchte dir deine Wurzeln wieder näherbringen.«
Er runzelte die Stirn, und sie sah ihm an, dass sie ihn tatsächlich überrascht hatte. Gleich darauf sagte er: »Als ich fünf Jahre alt war, habe ich entdeckt, dass ich anders war, dass ich Dinge geschehen lassen konnte. Mit zehn wurde mir klar, dass ich eine Hexe bin und dass meine Mutter auch eine war. Ein Jahr später habe ich mich meinem ersten Zirkel angeschlossen, und mit fünfzehn wurde ich zum Anführer meines eigenen Covens. Ich kann hexen, und diese Tatsache musste ich immer vor einer Gesellschaft verbergen, die in dieser Hinsicht noch nicht weit über die Hexenprozesse von Salem hinausgewachsen ist. Was könntest du mir da noch zu erzählen haben?«
Sie lachte leise. »Alles.«
Der Dreifache Zirkel: Seattle
Holly, oder das, was von ihr übrig war, stand vor dem Hotel, in dem die anderen sich versteckten. Sie neigte den Kopf zur Seite und lauschte den vielen Stimmen dort drinnen. Sie sprachen vom Tod.
Um das Hotel waren Barrieren errichtet, aber sie waren schwach - zumindest fühlten sie sich schwach an. Holly hob die Hände und flüsterte: »Töte sie, töte sie alle.«
Feuerbälle erschienen vor ihr in der Luft, Hunderte leuchtender Kugeln, die vor tödlicher Energie pulsierten. Sie bebten vor Ungeduld, endlich entfesselt zu werden und ihr Ziel zu finden. »Aggredior!«, rief sie, und die Feuerbälle zischten durch die Luft wie ein Pfeilhagel.
Die erste Angriffswelle explodierte an den Bannen und schwächte sie. Die zweite schlug Löcher in die magischen Schutzwälle, die kurz aufschimmerten und sich dann auflösten. Die dritte Welle attackierte das Gebäude und setzte es augenblicklich in Brand.
Von drinnen waren Schreie zu hören, Türen flogen auf, und die Mitglieder des Covens stürmten heraus. Sie schleuderten ihrerseits Feuerbälle, während sie hektisch nach irgendeiner Deckung suchten. Holly lachte und hob die Arme, um ihnen eine weitere Salve zu verpassen.
Ehe sie dazu kam, prallte etwas von hinten so heftig gegen sie, dass ihr die Luft wegblieb. Einen Moment lang blieb sie wie betäubt auf dem Boden liegen. Steh auf, steh auf, zischte eine Stimme in ihrem Geist. War das ihre Stimme? Sie wusste es nicht. Lauf, schnell. Nein! Stell dich dem Kampf, vernichte sie!
Sie presste die Hände auf die Ohren und schrie. Die Stimmen stritten sich und drängten sie erst zu diesem, dann zu jenem.
»Was wollt ihr von mir?«, kreischte sie. »Lasst mich in Ruhe!«
»Holly!«, hörte sie eine Stimme rufen, fern und gedämpft wie unter Wasser. »Holly, pass auf!«
Was wollen die von mir?, dachte sie zornig, hob den Kopf und blickte hinter sich. Was sie da sah, war ihr unbegreiflich. Eine riesige, menschenähnliche graue Bestie beugte sich über sie.
Sie rollte sich zur Seite, und eine gewaltige Faust grub sich in die Erde, wo sie eben noch gelegen hatte. Sie hauchte auf ihre Hände, und Feuer schoss aus ihren Fingerspitzen hervor und hüllte das Geschöpf ein.
Die Flammen schienen ihm allerdings überhaupt nichts anhaben zu können. Es griff nach ihr, hob sie hoch und begann sie zu zerquetschen. Ihre Rippen ächzten. Sie ließ den Kopf zur Seite sinken, als ihr schwarz vor Augen wurde.
Nun ist es vorbei, endlich ... der Göttin sei Dank.
Nein! Töte es. Vernichte es.
Ich weiß nicht, was das ist.
Golem. Lösche das erste Zeichen von seiner Stirn.
Holly hob die Hand und drückte den Daumen auf das erste E des Wortes Emet auf der Stirn dieses Dings. Sie rieb daran. Die Bestie heulte vor Qual auf, ließ sie fallen und schlug sich die Hände vor den Kopf.
Holly rappelte sich auf, bereit zu beenden, was sie begonnen hatte. Eine andere Stimme in ihr, beharrlicher als die erste, schrie: Lauf!
Sie gehorchte.
Amanda stand keuchend da und sah hilflos zu, wie Holly davonrannte, verfolgt von den vier riesigen, schwerfälligen Gestalten.
»Was... was sind das nur für Dinger?«, japste sie.
»Golems«, antwortete Sasha ernst. »Sie bestehen aus Ton und werden mit dem Willen ihres Schöpfers belebt.«
»Wer hat sie gemacht? Michael?«, fragte Philippe.
Sasha schüttelte langsam den Kopf. »Einen Golem zu erschaffen erfordert ein jahrelanges, gründliches Studium der
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