Hexenwahn
hier, und deshalb werden wir uns an dich halten!«
»Nichts sage ich, nichts!«
»O doch, Judy, du wirst uns alles verraten, was wir wissen wollen!«
Meine Stimme klang flüsternd, aber dennoch scharf. Vor der Hexe ging ich in die Knie, streckte den Arm aus und führte das Kreuz bis nahe an ihr Gesicht.
Suko stand weiterhin in der Türöffnung und beobachtete uns. Judy Gray schien noch mehr zusammenkriechen zu wollen. Aber sie schaffte es nicht. Wie eine kleine Katze, die man in die Enge getrieben hatte, blieb sie hocken.
Und sie starrte auf mein Kreuz. Dieses Symbol des Guten war schon seit langen Zeiten der Todfeind des Satans und seiner direkten Diener. Das wußte die Hexe, das spürte sie. Wenn ich mit dem Kreuz noch näher herankam, bedeutete das für sie das Ende. Dies wußte sie, als sie mir ihr Profil zuwandte. »Nimm es weg«, flüsterte sie. »Verdammt, nimm es weg!«
Ich dachte gar nicht daran. »Erst will ich wissen, wo sich Wikka befindet.«
»Nein.«
»Dann wirst du im Zeichen meines Silberkreuzes sterben und dich in Rauch auflösen.«
»Wikka ist stark!« hörten wir sie flüstern. »Sie ist sogar sehr stark. Ihre Schlangen haben mich gebissen und mein Blut in das einer Hexe verwandelt.«
»Rede!« Ich sah, wie sie zuckte.
»Nein!« knurrte sie. »Ich kann nicht reden. Ich stehe unter Wikkas Schutz, sie wird mir helfen. Sie befindet sich hier in London. Keiner kann ihr entkommen. Die Hochzeit wird vollbracht. In der nächsten Nacht ist es soweit. Vor dem Schrein des Teufels werden sie in Satans Namen getraut. Sie und Schreiber. Ich muß hin zur Hochzeit. Ich muß…«
Sie hatte sich so in Erregung gesprochen, daß sie nicht mehr an das Kreuz dachte. Nach ihrem letzten Wort warf sie sich herum, vollführte dabei eine unbedachte Bewegung und berührte das Kreuz.
Es war nur ein kurzes Antippen, ich wollte es auch noch nicht und versuchte, die Hand wegzuziehen. Erfolglos. Diese geringe Berührung hatte eine mörderische Wirkung. Damit hatte selbst ich nicht gerechnet.
Die Hexe warf ihren Arm hoch, schlug damit um sich, traf die Wand und brüllte wie am Spieß steckend. Plötzlich war ihre Hand schwarz, und diese Schwärze breitete sich gedankenschnell aus. Sie zog über den Arm, erfaßte die Schultern und hatte im Nu das Gesicht erreicht. Ich sprang hoch. Auch Suko trat einen Schritt zur Seite, denn die sterbende Hexe gebärdete sich wie eine Furie. Sie brüllte, stöhnte, spie grünen Schleim und torkelte auf die Wohnungstür zu. Diese erreichte sie jedoch nicht. Dicht davor verlor sie das Gleichgewicht, kippte auf die Tür zu und prallte dagegen. Sie erzitterte im Rahmen. Noch einmal warf das Mädchen beide Arme in die Höhe, hieb ihre Hände gegen das Holz und versuchte, sich mit den Fingernägeln festzuhalten.
Das gelang ihr nicht. Sie verlor den Halt, brach zusammen und fiel zu Boden. Dort blieb sie liegen.
Tot, verbrannt. Die schwarze Haut glänzte, als hätte jemand Öl darüber gerieben.
Wir blieben neben Judy stehen. Weder Suko noch ich sprachen ein Wort. Beide waren wir über den Tod des jungen Mädchens entsetzt, aber wir hatten nichts tun können. Es war ihre Schuld gewesen und natürlich die der Oberhexe Wikka.
»Ich werde dafür sorgen, daß man sie abtransportiert«, sagte ich leise.
Der Chinese nickte und holte tief Luft. »Wikka muß verdammt mächtig sein, wenn ich mir das so ansehe. Und sie will in dieser Nacht Schreiber heiraten.«
»Das sagte die Hexe. Aber wir werden alles daransetzen, um die Hochzeit zu verhindern.«
»Wobei der Teufel Trauzeuge ist.«
»Genau.«
Ich schob die Tote ein wenig zur Seite und öffnete die Tür, weil ich aus dem Hausflur Stimmen vernommen hatte. Der Rauch war nicht mehr so dicht wie bei meinem Eintritt. Nur noch in dünnen Schwaden lag er über den Treppenstufen. Schritte polterten die Treppe hoch. Vier Feuerwehrmänner hielten Äxte und Brechstangen bereit. Wahrscheinlich wollten sie uns raushauen.
Ich winkte ab. »Es ist gelaufen, Freunde. Ihr könnt das Haus wieder verlassen.«
»Und die Frau?«
»Sie ist tot.«
Der Feuerwehrmann wurde blaß. »Haben Sie die vielleicht…«
»Ja, wir haben sie getötet. Es ging nicht anders. Und bevor sie uns als Mörder verdächtigen, möchte ich Ihnen sagen, daß wir Yard-Beamte sind. Klar?«
»Natürlich, Sir.«
Sie machten Platz, so daß wir vorbeigehen konnten. Ich war froh, als ich vor dem Haus stand. Dort hatte sich die Anzahl der Gaffer vervielfältigt.
Auch die Polizei war
Weitere Kostenlose Bücher
Inherit the Dead Online Lesen
von
Jonathan Santlofer
,
Stephen L. Carter
,
Marcia Clark
,
Heather Graham
,
Charlaine Harris
,
Sarah Weinman
,
Alafair Burke
,
John Connolly
,
James Grady
,
Bryan Gruley
,
Val McDermid
,
S. J. Rozan
,
Dana Stabenow
,
Lisa Unger
,
Lee Child
,
Ken Bruen
,
C. J. Box
,
Max Allan Collins
,
Mark Billingham
,
Lawrence Block