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Hexenzorn

Titel: Hexenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. A. Pratt
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gesehen, nicht von so nahe, und irgendetwas daran kam ihr vertraut vor.
    Marla öffnete langsam die Tür und presste gleichzeitig einen Fuß dagegen, damit sie sie wieder zuknallen konnte, falls der Alte versuchen sollte, sich ins Zimmer zu quetschen. »Kann ich etwas für Sie tun?«, fragte sie und musterte ihn
durch den Türspalt. Er war klein und hager, doch seine Haltung strahlte eine unerhörte Würde aus.
    Er starrte sie mit ausdruckslosem Gesicht an, dann nickte er. »Ich denke schon«, sagte er mit kratziger, angestrengter Stimme, als hätte er sie lange nicht mehr benutzt. »Sie sind die mächtigste Magierin in dieser Stadt, neben den zwei anderen, die beide offenkundig verrückt sind und somit verwundbar durch ihren eigenen Schwachsinn.«
    »Ich kenne Sie«, sagte Marla. »Sie folgen mir, seit ich in der Stadt bin.«
    »Ich bin in den letzten Tagen sehr vielen Menschen gefolgt. Denn ich versuche, Antworten auf mindestens ebenso viele Fragen zu finden.«
    »Aber, da ist noch etwas anderes … Ich kenne Sie. Wo habe ich Ihr Gesicht schon einmal gesehen?«
    »Ich wüsste nicht, wo das gewesen sein sollte«, sagte er, als amüsiere ihn die Frage. »Außer Sie sind sehr viel älter, als Sie mir zu sein scheinen, doch spüre ich nicht diese Art von Alter an Ihnen. Sie waren noch nicht geboren, als ich zuletzt in dieser Stadt wandelte. Wir können uns unmöglich schon begegnet sein. Dennoch glaube ich, dass ich Ihre Hilfe brauche - zwei verrückte Magier bewegen sich freien Fußes durch die Stadt, und jetzt, da ich hier bin, sind wir zu zweit und nicht verrückt, was die Situation erheblich verbessern dürfte.«
    Marla starrte ihn an. Sie versuchte, sein Gesicht einzuordnen, und dann wusste sie es. Sie hatte sein Gesicht erst gestern gesehen, aber nicht aus Fleisch und Blut, sondern in Stein gehauen, eine Statue, die ihn in jüngeren Jahren darstellte, in einem anderen Universum, wo seine Errungenschaften in der ganzen Welt bekannt waren - ganz im
Gegensatz zu dieser Welt, in der nur die in bestimmte Mysterien Eingeweihten seine Geschichte kannten. »Ich kenne Ihren Namen«, sagte sie schließlich.
    »Ich fühle mich geschmeichelt«, sagte der Mann und hob seinen Hut. »Doch erlauben Sie mir, mich dennoch vorzustellen, denn ich wäre untröstlich, wenn Sie mir schlechtes Benehmen vorhalten könnten. Mein Name ist Sanford Cole.«
    »Sie waren der Hofmagier von Joshua Norton, dem Verrückten, der sich selbst zum Kaiser von Amerika und Schutzherrn von Mexiko ernannt hat«, sagte Marla. »Das war im neunzehnten Jahrhundert.«
    »Hauptsächlich Ende des neunzehnten Jahrhunderts«, entgegnete Cole. »Es ist durchaus nicht so, dass wir das ganze Jahrhundert bestimmt hätten. Aber ja, ich kannte Joshua, und ich habe ihm geholfen, so wie er mir geholfen hat. Es ist eine seltsame Tatsache, dass ein Land, wenn es einen Monarchen hat - selbst wenn es einer von solch eigenartiger Wesensart wie Seine Majestät ist -, gewisse Geheimnisse preisgibt und sich in einer Weise formen lässt, wie es in unerschlossenen Gegenden oder Staaten mit einer moderneren Form der Regierung niemals der Fall sein wird. Als Hofmagier eines Kaisers, der, wenn auch nicht uneingeschränkter Herrscher über Volk und Parlament, so doch immerhin wohlwollend geduldet war, konnte ich Dinge in dieser Stadt in einer Weise gestalten, wie es mir unter anderen Umständen vielleicht nicht möglich gewesen wäre.« Er runzelte die Stirn. »Als ich beschloss, mich … vorübergehend zur Ruhe zu setzen … glaubte ich, die Dinge seien auf einem guten Weg. Die Stadt hatte ein Erdbeben und ein Feuer überstanden und sich wie ein Phönix aus der Asche erhoben, um in
ein neues Jahrhundert einzutreten. Aber jetzt, in dem darauffolgenden Jahrhundert, ist es um San Francisco wahrlich schlecht bestellt, und alle außer einem seiner Beschützer sind ermordet oder geflohen - so viele dieser Feiglinge sind geflohen! Und der verbliebene Beschützer ist krank vor Rachedurst, er kommt seinen Pflichten nicht nach, während ein Verrückter sich anschickt, die Pforten zur Hölle zu öffnen. Dies drohende Unheil erweckte mich, und wie wohl hatte ich geruht. Und dann kommen Sie, eine Fremde, und tun, was in Ihrer Macht steht, um die Verwüstung abzuwenden, die Verwüstung dieses Ortes, der mir so teuer ist.«
    »Ich kam nicht hierher, um mich in die Angelegenheiten dieser Stadt einzumischen«, sagte Marla und ließ ihren Fuß immer noch an der Tür. Sie konnte nicht sagen, ob Cole

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