Hexenzorn
abgerissene Khakishorts und eine dicke Brille mit rot getönten Gläsern, die aussah wie eine Fliegerbrille aus dem Zweiten Weltkrieg. »Setzen Sie sich«, sagte er. »Ich bin Dalton.«
»Hab’ ich mir fast schon gedacht«, sagte Marla und setzte sich auf einen der überhaupt nicht zum Rest der Einrichtung passenden Stühle auf ihrer Seite des Eichentisches. B. setzte sich ebenfalls. Rondeau war bereits auf dem Weg zu dem Flipper.
»Großartig«, rief er, »man muss nicht mal Geld reinwerfen!« Und er begann zu spielen.
»Beachten Sie ihn gar nicht«, sagte Marla. »Der hat die
geistige Auffassungsgabe eines Kanarienvogels. Ich bin übrigens Marla.«
»Ich weiß, wer Sie sind«, sagte er. »Eine Magierin aus einer anderen Stadt. Und außerdem die letzte Person, mit der Finch gesehen wurde, bevor er starb.«
»Das könnte man so sagen. Und Sie sind der hiesige Technomant. Ich kann nicht behaupten, dass mir jemals eingeleuchtet hätte, was an dem Zeug so toll sein soll. Aber schließlich bin ich auch keine Silikon-Magierin.«
»Silikon?«, sagte Dalton. »Ich bitte Sie. Hier drinnen gibt’s nur Diamantprozessoren. Die sind schneller und überhitzen nicht.«
»Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie sehr mich das alles fasziniert«, sagte Marla. »Aber es gibt wichtigere Dinge, über die wir uns unterhalten sollten.«
»Stimmt«, sagte er. »Zum Beispiel, wer Finch getötet hat und was Sie mit dem Grenzstein angestellt haben.«
»Wie kann jemand, der so bescheuert ist wie Sie, in eine solche Machtposition aufsteigen?«, fragte Marla mit echtem Erstaunen. B. zuckte neben ihr zusammen.
»Hey, B.!«, rief Rondeau. »Kommen Sie schnell her! Hier gibt’s ein Area-51-Spiel! Machen wir ein paar Aliens nieder!«
»Nur zu«, meinte Marla. »Amüsieren Sie sich.«
B. murmelte ein paar Worte des Dankes und ging hinüber zu Rondeau.
Dalton beugte sich nach vorne. »Anscheinend wissen Sie nicht, mit wem Sie es zu tun haben. Meine Aufgabe ist es herauszufinden, wer Finch getötet hat, und dann die angemessene Strafe zu verhängen.«
»Hör zu, Diamantenjungchen. Ich habe Finch nicht getötet. Wir hatten eine Vereinbarung. Er wollte mir einen
Gefallen tun und ich ihm einen. Doch bevor es dazu kam, wurden wir von einem Wahnsinnigen namens Mutex und seinem zauberhaften Froschzirkus überfallen. Er hat Papa Bär umgebracht und den Grenzstein gestohlen.«
Dalton drückte auf ein paar Tasten auf der Tastatur vor sich. »Oh-kay«, sagte er schließlich. »Volle Übereinstimmung.«
Marla sah sich um. »Ich spüre keinen Wahrheitszirkel.«
»Wie bitte, etwa mit Kreide und Räucherschälchen?« Dalton schnaubte verächtlich. »Ich bitte Sie, dieser Raum ist mit derart hoch empfindlichen Sensoren ausgestattet, dass jeder CIA-Agent vor Neid erblassen würde, und ich habe ein System entwickelt, das auch tatsächlich funktioniert. Nicht wie dieser Lügendetektor-Schrott, der eigentlich nur den Stresslevel aufzeichnet. Ich weiß, dass Sie die Wahrheit sagen. Trotzdem kann ich nicht behaupten, dass ich besonders erfreut wäre. Mutex? Ich dachte, er wäre schon längst wieder weg. Er wollte sich unbedingt mit mir treffen, und ich ließ einen meiner Spiegel mit ihm reden -«
»Spiegel?«, wiederholte Marla und dachte dabei an magisch präpariertes Glas.
Dalton deutete zur Tür, wo immer noch seine Schergen standen. »Die da. Meine Spiegel-Identitäten.«
Marla drehte sich um und betrachtete sie. Ihre Kleidung hatte sich verändert, sie trugen jetzt exakt das Gleiche wie Dalton. »Das sind also gar keine Homunkuli?«
»Was?! Klone aus dem Reagenzglas auf einer psychischen Konferenzschaltung mit mir? Ich bitte Sie!«
Wenn er noch einmal »Was?« oder »Bitte« sagt, dann erwürge ich ihn mit einem seiner Computerkabel , dachte Marla.
»Für solche Retro-Technologie habe ich keine Zeit«, fuhr
Dalton fort. »Meine Spiegel sind ich, Duplikate. Sie werden alle dreißig Minuten upgedatet. Sie senden mir einen Ping, dann bekommen sie meinen momentanen Status aufgespielt: Ihre Kleidung gleicht sich der meinen an, sie wissen, was ich weiß, und so weiter.«
»Und das funktioniert alles mit Computern?«, fragte Marla.
»Natürlich. Mit Computern und dem, was wir in Ermangelung eines besseren Ausdrucks Magie nennen. Alles auf der Welt ist Information, Marla. Ich, Sie, dieser Schreibtisch.« Er schlug mit der Faust auf die schwere Eichenplatte. »Und Informationen lassen sich beliebig manipulieren und rekonfigurieren. Letztendlich besteht
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