Hexenzorn
Wohnzimmer. Es gab bequeme Polstersessel, ein Sofa, einen Flachbildfernseher und Dutzende elektronische Geräte in schicken schwarzen Gehäusen, die leise vor sich hin summten. Unterhalb der gewölbten Frontscheibe war ein schickes Kontrollpult mit kleinen Lämpchen darauf zu sehen - was auch so ziemlich das Einzige war, das darauf hinwies, dass dies ein Triebwagen war und nicht etwa eine Lounge. Bethany setzte sich in einen der - natürlich wie auch das Sofa ledernen - Polstersessel und bedeutete Marla und ihren beiden Begleitern, ebenfalls Platz zu nehmen.
»Wir fahren nirgendwohin«, sagte Bethany. »Der Weg ist das Ziel. Der Zug fährt einfach nur im Kreis, er ist meine Wohnung.«
»Immer in Bewegung«, sagte Marla. »So jemand ist selbst mit Magie schwer aufzuspüren.«
»Als Mädchen kann man gar nicht vorsichtig genug sein, wenn man in so einer verrufenen Gegend wohnt wie ich«, sagte Bethany. »Nur zu gerne hätte ich einen Zug, der auch mal wohin fährt, aber hier unten gibt es nicht viele Möglichkeiten, mein Schienennetz heimlich auszubauen. Ich wollte schon immer in einem Zug leben, deshalb habe ich mir diese kleine Schleife hier gebaut. Eigentlich ist er nur ein übergroßes Spielzeug, aber ich spiele nun mal gerne.« Bethany ließ ihre gespaltene Zunge kurz zwischen den Lippen hervorschnellen.
Etwas huschte an der Frontscheibe vorbei, ein leuchtend blauer Blitz auf der Tunnelwand.
»Ein Spielzeug«, wiederholte Marla. »Gegen den Uhrzeigersinn
durch einen Tunnel jagen, in dessen Wände Runen eingraviert sind, und dabei kinetische Energie erzeugen. Sie generieren ein magisches Kraftfeld, richtig?« Finch hatte seine Kraft aus seinen Sex-Partys bezogen, Dalton von seinen Computern, der Himmlische von alten Artefakten und einer Apotheke mit seltenen Kräutern und Tränken, und Bethany hatte ihren Zug. Marla fand das alles recht interessant, wenn auch ein bisschen seltsam. Sie selbst hatte in den letzten Jahren ihre Kraft aus der rastlosen Aktivität der Stadt bezogen, über die sie wachte.
»Gut beobachtet!«, sagte Bethany. »Dalton ist mindestens ein Dutzend Male mit diesem Zug gefahren - nun, genauer gesagt, seine Spiegel-Identitäten; Dalton 1 hat sich nie viel nach draußen bewegt - und ihm sind die Runen an den Wänden nie aufgefallen. Naja, natürlich war er meistens anderweitig beschäftigt.«
»Eine clevere Methode«, sagte Marla. Sie hatte Schöpfer und Macromagier immer bewundert - Menschen, die etwas erschufen. Marla war es immer leichter gefallen, Dinge auseinanderzureißen, zumindest auf der materiellen Ebene (allerdings hielt sie sich zugute, dass sie eher abstrakte Dinge erschaffen konnte, wie zum Beispiel die komplexe Struktur aus Loyalität, Angst und Verbindlichkeiten, die den Laden zuhause am Laufen hielt). Und obwohl Marla normalerweise wenig Verständnis für Leute mit derart exzessiven Piercings und Tattoos hatte, konnte sie in Bethanys Fall eine Ausnahme machen, in der Überzeugung, dass ihre Körpermodifikationen nur Ausdruck eines Drangs waren, die natürliche Form der Dinge zu verändern und die Welt an die eigenen Wünsche und Bedürfnisse anzupassen. »Aber sind Sie auch clever genug, um zu überleben? Ein Magier namens
Mutex rafft gerade Ihre Kollegen dahin, und er macht seine Sache ziemlich gut.«
»In der Tat«, sagte Bethany und kaute nachdenklich auf dem Ring in ihrer Unterlippe herum. »Er wird langsam mehr als nur ein Ärgernis. Ich habe gerade die Nachricht von Dalton erhalten, kurz bevor Sie angekommen sind.«
Rondeau, der mittlerweile weit über das Stadium gewöhnlicher Langeweile hinaus war und sich in das Reich völligen Desinteresses zurückgezogen hatte, begann zu summen und mit der Fußspitze einen Takt dazu zu klopfen. Es war ein Song aus Sergeant Pepper’s Lonely Hearts Club Band .
»Habt ihr beiden Jungs Hunger?«, fragte Bethany. »Ein paar Waggons weiter hinten gibt es einen Speisewagen mit einem gut gefüllten Kühlschrank. Ich bin sicher, es müsste genügend Brot und kalter Braten da sein, damit Sie sich ein Sandwich machen können.«
»Trollt euch, ihr zwei«, sagte Marla. »Und stellt mir keine Dummheiten an. Wenn ihr irgendwelche Frösche oder Kolibris seht, dann ruft nach mir.«
»Erfreut, Sie kennenzulernen«, sagte Rondeau und nickte Bethany kurz zu. B. nickte ebenfalls und folgte Rondeau hinaus.
»Warten Sie!«, rief Bethany. »Sind Sie Bradley Bowman?«
»So sagt man.«
»Von Hollywood in die Unterwelt«, sagte Bethany. »Ich
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