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Hexer-Edition 05: Der Seelenfresser

Hexer-Edition 05: Der Seelenfresser

Titel: Hexer-Edition 05: Der Seelenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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gespreizten Beinen über mir stand und auf eine Antwort zu warten schien.
    Ich schwieg weiter, aber mein Blick saugte sich in dem seiner Augen fest und nach einer Weile schlug der Ausdruck von Hass darin um, wurde zu einem unsicheren Flackern, schließlich zur Furcht.
    »Binde mich los!«, befahl ich.
    Der Riese stöhnte. Seine gespaltenen Lippen zuckten und auf seinem furchtbar verwüsteten Antlitz machte sich ein Ausdruck von Hilflosigkeit und Schrecken breit. Dann Panik.
    »Binde mich los«, sagte ich noch einmal. »Sofort! Ich befehle es.«
    Der Riese begann zu taumeln. Ich sah, wie sich seine Muskeln unter dem zerschlissenen Hemd spannten, als könnte er körperlich gegen den fremden Willen kämpfen, der seinen eigenen Geist beeinflusste. Ein dumpfes, gequältes Stöhnen kam über seine Lippen.
    Natürlich verlor er den Kampf. Sein Geist war stark und stand seinem Körper in Zähigkeit und Kraft kaum nach, aber ich verfügte über die Macht eines Magiers; einer Macht, der kein Sterblicher gewachsen ist. Nach drei, vier endlosen Sekunden löste er sich von seinem Platz, trat mit einem mühsamen Schritt auf mich zu und hob die Hände; in einer Bewegung, die steif und puppenhaft wirkte.
    Aber er führte sie nicht zu Ende. Der verschwommene Schemen hinter ihm stieß ein helles, winselndes Geräusch aus, sprang mit einem grotesken Satz auf den Riesen zu und schleuderte ihn zurück.
    Ich spürte, wie das unsichtbare Band zerriss, das mich mit seinem Geist verbunden hatte, versuchte instinktiv nach dem zweiten Angreifer zu greifen und krümmte mich, als eine sechsfingrige Klaue mein Gesicht traf und scharfe Krallen meine Wange aufrissen.
    »Zurück!«, brüllte ich. »Verschwinde – ich befehle es!«
    Die einzige Reaktion auf meine Worte bestand in einem zweiten, noch gemeineren Hieb, der meinen Kopf mit solcher Wucht gegen den Steinboden krachen ließ, dass mir für einen Moment die Sinne schwanden.
    Als sich mein Blick wieder klärte, sah ich in ein Albtraumgesicht.
    Es war der Buckelige – oder das, was ich oben im Hotel für einen buckeligen Menschen gehalten hatte. Jetzt hatte er seine Jacke abgestreift, so dass ich seinen Körper sehen konnte. Er war nicht buckelig.
    Und er war erst recht kein Mensch …
    »Wulf!«, brüllte der Riese. »Aus!«
    Die Albtraumkreatur stieß ein keuchendes Bellen aus und schnappte nach meinem Gesicht. Ihr fürchterliches Gebiss klappte Millimeter über meinem Gesicht zusammen, und ein Schwall übelriechenden Atems streifte mich. Seine Raubtierkrallen bohrten sich in meinen Hals.
    »Aus!«, schrie der Riese noch einmal. »Zurück, Wolf!«
    Und diesmal gehorchte die Kreatur. Mit einem letzten, drohenden Zischen löste sie die Hände von meiner Kehle, richtete sich auf und kroch auf allen vieren ein Stück zurück, ohne mich jedoch auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen.
    »Das war nicht sehr klug von Ihnen, Andara«, sagte der Riese leise. Er hatte sich wieder gefangen und starrte hasserfüllt auf mich herab. »Ich hätte Lust, Sie gleich hier zu ersäufen. Aber das wäre zu leicht.«
    Er wandte sich um, zischelte der Wolfskreatur etwas zu und verschwand gebückt in dem Abwasserkanal, der zum Hotel zurückführte.
    »Tu etwas, Robert«, flüsterte Howards Stimme neben mir. »Schnell; ehe er zurückkommt.«
    Mühsam drehte ich den Kopf und sah Howard an, der zwei Schritte neben mir lag, genauso wie ich an Händen und Füßen gefesselt. »Bitte, Robert!«, fügte er hinzu. Seine Stimme zitterte.
    »Das kann ich nicht«, antwortete ich leise. »Es tut mir Leid, Howard. Ich kann ihn nur beeinflussen, wenn ich seine Augen sehe.«
    Howard presste enttäuscht die Lippen aufeinander.
    »Und dieses … Wesen?«, fragte er mit einer Kopfbewegung auf den Wolfsmann. Die Kreatur schien seine Worte zu verstehen, denn ihr Kopf ruckte herum, und ein drohendes Knurren drang aus ihrer Kehle.
    Ich versuchte es, obwohl ich von vornherein wusste, wie sinnlos es war. Der Riese hatte genau gewusst, warum er dieses Wesen als Wächter bei uns zurückließ.
    Trotzdem konzentrierte ich mich, erregte seine Aufmerksamkeit mit einem schnalzenden Laut und versuchte seinen Blick zu bannen. Behutsam tastete ich nach seinem Geist, aber alles, was ich spürte, waren animalische Instinkte. Wildheit und Hunger und Gier, und eine Mordlust, die mich zurückprallen ließ, als hätte ich glühendes Eisen berührt.
    Ich schüttelte den Kopf. »Sinnlos«, sagte ich leise. »Dieses Ding hat kein Bewusstsein, das ich

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