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Hexer-Edition 06: Die Chrono-Vampire

Hexer-Edition 06: Die Chrono-Vampire

Titel: Hexer-Edition 06: Die Chrono-Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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reglosen Körper auf die Knie sinken und streckte die Hand nach dem Tuch aus. Mein Herz schlug ein wenig schneller, als ich es auseinanderfaltete, um einen Blick auf sein Gesicht zu werfen; warum, wusste ich selbst nicht zu sagen.
    Ich bin sicher kein Nekromane. Im Gegenteil. Aber vielleicht fand ich an seinem Leichnam irgendetwas, was Licht in das Durcheinander unbeantworteter Fragen und Geheimnisse bringen konnte.
    Das Gesicht des Toten, war starr, wie eingefroren in dem Augenblick, in dem das Leben aus ihm gewichen war. Ich hatte halbwegs erwartet, es vor Schrecken oder Entsetzen verzerrt zu sehen, aber alles, was ich gewahrte, war ein Ausdruck ungläubigen Staunens, als hätte er bis zum allerletzten Moment nicht begriffen, dass er versagt hatte.
    Für einen Moment glaubte ich zu ahnen, was er in den letzten Sekundenbruchteilen seines Lebens gespürt haben mochte. Keine Angst, sicher nicht. Dazu war alles viel zu schnell gegangen. Er hatte auch gar keinen Grund gehabt, Angst zu empfinden, denn er war nicht gekommen, um zu töten oder gar getötet zu werden. Ich war es, der sich nicht an die Spielregeln gehalten hatte, der aus der Finte Ernst, aus einem Spiel einen Kampf auf Leben und Tod gemacht hatte.
    Ich war sein Mörder.
    Es kostete mich ungeheure Überwindung, das Gefühl abzuschütteln und wieder in die Wirklichkeit zurückzukehren. Mit einer heftigen Bewegung richtete ich mich auf, griff nach dem weißen Tuch und wollte es wieder über das Gesicht des Toten streifen, verhielt dann aber mitten in der Bewegung.
    Das schwarze Drachenkrieger-Gewand des Toten hatte sich geöffnet, sodass ich seinen nackten Brustkorb erkennen konnte.
    Direkt über seinem Herzen war eine Tätowierung. Das Licht reichte nicht aus, sie genau zu erkennen, und so ließ ich mich nach kurzem Zögern abermals auf die Knie sinken, zog ein Streichholz aus der Tasche und riss es an.
    Das flackernde Licht der Flamme offenbarte mir ein winziges, kunstvoll mit blauvioletten Linien in seine Haut tätowiertes Bild. Es war kaum größer als mein Daumennagel, aber von einer Detailtreue, wie ich sie sonst nur auf kunstvoll angefertigten Miniaturen erblickt hatte.
    Es war ein Kreis mit gezacktem Rand, wie eine stilisierte Sonnenscheibe. In seinem Inneren war ein Pferd abgebildet, auf dem zwei nur mit Lendenschürzen bekleidete Männer saßen, beide das Gesicht dem Betrachter zugewandt. Der zuvorderst Sitzende hielt eine Lanze in der hochgereckten Rechten, während sein Hintermann die Hände wie zum Gebet zusammengelegt hatte.
    Das Streichholz war abgebrannt und die Flamme versengte mir die Fingerspitzen. Ich warf es fort, deckte das Gesicht des Toten wieder zu und stand auf.
    Ich fühlte mich elend. Ich war in der Lage eines Menschen, der tatenlos zusehen muss, wie die Welt, in der er bisher gelebt hat, Stück für Stück um ihn herum auseinanderbricht. Zum ersten Mal in meinem Leben begann ich zu begreifen, was das Wort Hilflosigkeit wirklich bedeutete.
    Ich schluckte, um den bitteren Geschmack loszuwerden, der plötzlich auf meiner Zunge war. Fast gegen meinen Willen fand mein Blick das goldgerahmte Bild meines Vaters, das als letztes in einer schier endlosen Reihe von Portraits die Wände zierte.
    Langsam ging ich weiter, blieb auf Armeslänge vor dem überlebensgroßen Portrait stehen und betrachtete die scharfen, asketisch wirkenden Züge des Mannes, den es zeigte.
    Roderick Andara.
    Mein Vater …
    Irgendwie klangen die Worte bitter in meinen Gedanken; seine Züge kamen mir härter vor als die Male, die ich das Bild vorher angesehen hatte, der Ausdruck in seinen dunklen, klaren Augen erbarmungsloser, nein – entschlossener.
    Er war mein Vater gewesen – aber was wusste ich wirklich über ihn? Wenig mehr als seinen Namen. Ich hatte sein Erbe angetreten, beinahe gegen meinen Willen, und ich hatte bisher nicht einmal in Ansätzen begriffen, woraus dieses Erbe bestand.
    Robert Craven – der Hexer.
    Fast hatte ich gelacht. Ich hatte gelernt, ein paar Kunststückchen aufzuführen. Ein bisschen Firlefanz, ein paar Täuschungen, gerade genug, mich auf irgendwelchen langweiligen Stehpartys der besseren Londoner Gesellschaft wichtig zu machen. Einmal, ein einziges Mal, hatte ich die Macht, die mir Andara vererbt hatte, wirklich benutzt.
    Und damit einen Menschen getötet.
    »Ist es das, was du mir vererbt hast Vater?«, fragte ich leise. »Ist das dein Erbe? Tod und Unheil?«
    Natürlich bekam ich keine Antwort. Auch wenn ich mehrmals Kontakt mit

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