Hexer-Edition 12: Die Hand des Dämons
menschenleeren, dunklen Fabrikhallen zu gehen, erfüllte ihn mit einen namenlosen Grauen, das wie ein schleichendes Gift durch seine Adern kroch und ihn lähmte. Mit einem Mal war all sein Mut verschwunden und zurück blieb nur eine Angst, wie er sie seit seiner Kindheit nicht mehr gespürt hatte.
Etwas Namenloses, unsäglich Grauenvolles erwartete ihn hinter der dünnen Holztür, etwas, das nur darauf wartete, dass er sie öffnete und …
Er taumelte und musste sich am Tisch abstützen. Bowland ergriff seinen Arm und riss ihn wieder in die Realität zurück. Was waren das für Gedanken? Zum Teufel – er war ein erwachsener Mann und kein zitterndes Kleinkind mehr, das Angst vor der Dunkelheit hatte. Die einzige Gefahr, die ihn bedrohte, hatte Namen und Gesicht; und der Name lautete Carringham. Der aber würde kaum hinter der Tür kauern.
»Was ist mit dir?«, fragte Bowland und ließ seinen Arm wieder los. Jackson straffte sich in übertriebener Weise, als könne er die finsteren Visionen auf diese Art abschütteln.
»Es geht schon wieder«, sagte er. Er bemühte sich, seiner Stimme einen energischen Klang zu verleihen, sah seinen älteren Freund kurz an, konnte aber dem prüfenden Blick nicht standhalten. Er griff, zornig auf sich selbst, nach seiner Laterne, entzündete sie und wandte sich übertrieben hastig zur Tür um. Aber noch während er die Hand nach der Klinke ausstreckte, zögerte er wieder. Die Angst war nicht fort. Im Gegenteil. Sie hatte sich zurückgezogen, ein winziges Stückchen, aber sie war da, finster, lauernd und eisig. Sie wartete auf ihn. Sie wartete in der Dunkelheit jenseits der Tür. Sein Herz raste.
»Warum kommst du nicht mit?«, fragte er. Mühsam unterdrückte er das Zittern in seiner Stimme. Seine Hände wurden feucht.
»Unsinn«, antwortete Bowland grob. »Was soll Bill denken, wenn er zurückkommt und wir verschwunden sind? Einen kleinen Kontrollgang wirst du wohl noch allein machen können.«
Bowlands Ruhe wurde nur noch durch seine phlegmatische Faulheit übertroffen. Im Laufe der Jahre hatte Hank Jackson sich daran gewöhnt, aber jetzt erfüllte sie ihn mit Groll und einer unterschwelligen Wut. Schweigend presste er die Lippen zusammen und riss die Tür auf. Entschlossen trat er über die Schwelle.
Etwas Glitschiges streifte ihn, berührte ihn am ganzen Körper gleichzeitig mit einer unglaublichen Kälte, die nicht von dieser Welt stammte.
Hank Jackson schrie auf und prallte zurück.
Genauer gesagt, er wollte es. Es gelang ihm nicht. Eine unglaubliche Kraft hielt ihn fest. Die Laterne entglitt seinen Händen und polterte zu Boden, wo sie verlosch. Silberne Fäden schimmerten im Lichtschein, der aus der Kammer drang. Glitzernde Fäden, die ein Netz bildeten, das die ganze Tür umfasste. Wenn es nicht so unglaublich groß gewesen wäre, hätte man es für ein Spinnennetz halten können, doch jeder einzelne der Silberstreifen war so dick wie ein Wollfaden.
Aber es war keine Wolle. Es war Flachs!
Roher Flachs, aber auf eine unbegreifbare Art verändert. Mit aller Kraft riss Hank Jackson an den Fäden, die an seiner Haut und Kleidung festklebten.
Bowland hatte seinen Schrecken überwunden und kam ihm zu Hilfe, doch nicht einmal mit gemeinsamer Kraft konnten sie die glitzernden Fäden zerreißen. Sie waren stabil wie Eisenketten und klebten wie Pech.
Hank schrie wieder los, als er erkannte, dass er nicht freikam. Eine Woge nachtschwarzer Finsternis überschwemmte seinen Geist. Er war plötzlich nicht mehr als ein Bündel zitternder Angst. Sein Herz pochte mit der Lautstärke eines Hammerwerks. In seinen Schläfen rauschte das Blut. Schwarze Schatten tanzten vor seinen Augen.
Blindlings warf sich Hank Jackson hin und her. Er traf auf einen massiven Widerstand und im nächsten Moment gellte ein entsetzter Schrei, unmittelbar neben ihm ausgestoßen, in seinen Ohren.
Der Schrei ernüchterte ihn ein wenig und riss ihn wieder in die Wirklichkeit zurück.
Bowland hatte versucht, ihm zu helfen, doch mit seinen panischen Bewegungen hatte Hank seinen Freund aus dem Gleichgewicht gebracht. Er war nach vorne gestürzt – in das Netz hinein. Seine schützend vorgestreckten Hände waren durch die Maschen gerutscht, sodass sie das einzige waren, was er noch frei bewegen konnte. Ansonsten klebte er vom Kopf bis zu den Waden fest. Die Fäden zogen sich über sein Gesicht, seine Haare und die gesamte Kleidung.
Aber Bowland war selbst jetzt zu lethargisch, um ebenfalls in Panik zu
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