Hexer-Edition 13: Ein Gigant erwacht
tief in unsere Seelen gebrannt.
Wir hatten uns von der Gruppe abgesondert und hockten im Schatten der bizarren Felsen, aus denen die himmelhohen Wände dieser Schlucht bestanden.
Ich hatte das Drängen und die Fragen meiner Freunde abgewehrt und darauf bestanden, uns ein paar Minuten Ruhe zu gönnen. Das war schwieriger gewesen, als es sich anhört. Die Wächterindianer um Ixmal, die nur den letzten Akt der Geschehnisse beobachtet hatten, glaubten erst, ich hätte Shadow ein Leid zugefügt. Für sie war Shadow eine Göttin – was der Wahrheit ja schon recht nahe kam – und sie wären beinahe über mich hergefallen, als sie bewusstlos zusammenbrach. Erst Sitting Bulls Ehrfurcht gebietende Stimme hatte sie halbwegs zur Räson gebracht.
»Seit wann quälen dich diese … Träume, Robert?« Shadows Stimme war kaum mehr als ein Hauch und als sie aufsah und ich ihrem Blick begegnete, erkannte ich einen Schrecken darin, den ich mir trotz allem nicht erklären konnte. Denn sie hatte schon mehr Grauen und Tod gesehen, als ein Mensch je ertragen kann – wie konnten meine Albträume, so erschreckend sie auch waren, sie derart aus der Fassung bringen?
Sie musste mehr daraus gelesen haben, als ich auch nur ahnen konnte. Was wusste sie?
»Ich habe auch schon darüber nachgedacht, mehr als einmal«, antwortete ich nach kurzem Zögern. »Es muss in San Francisco begonnen haben – etwa zu der Zeit, als ich Buffalo Bill und Sitting Bull kennen lernte.«
Shadow nickte nur. Ich wartete noch ein paar Sekunden, doch sie schien mir nicht erklären zu wollen, worauf sie hinauswollte.
»Warum fragst du?«, hakte ich schließlich nach, doch sie wich mir so geschickt aus, als wäre sie bei Howard in die Lehre gegangen.
»Es ist zu früh, Genaueres zu sagen«, erwiderte sie. »Ich habe einen Verdacht, und ich … ich muss darüber nachdenken. Was ist mit diesem Namen? Ta-tan-ka I-yota-ke. Sagt er dir irgendetwas?«
Ich schüttelte den Kopf, hilflos und verärgert zugleich. »Shadow, ich will wissen, was das alles zu bedeuten hat. Wenn du glaubst, etwas zu ahnen, dann sag es mir. Bitte!«
Für endlose Sekunden sah sie mich an und ihre Augen schienen direkt in meine Seele zu blicken. Aber ich hielt ihrem Blick stand und schließlich senkte sie den Kopf und atmete tief ein.
»Gut. Vielleicht ist es sogar besser so.« Ihre Stimme klang gepresst, als bereite ihr das Sprechen unendliche Mühe. Oder, führte ich den Gedanken erschrocken fort als wollte etwas mit aller Macht verhindern, dass sie ihr Wissen preisgab! Die Kälte in meinem Inneren schien noch zuzunehmen.
»Diese Träume scheinen eine Art … Warnung zu sein«, flüsterte Shadow, als fürchtete sie, belauscht zu werden. »Eine Warnung, die immer mehr an Substanz gewinnt, je näher wir unserem Ziel kommen. Wäre nicht diese Vision der letzten Nacht, dieser indianische Name, würde ich auf jemanden tippen, der dich mit diesen Träumen in den Wahnsinn treiben will.«
»Necron? Du meinst, er weiß –«
»Ich hätte es geglaubt, ja. Aber er kann es nicht sein. Die Chance, dich zu töten, hätte er sich nicht entgehen lassen.«
Ich umfasste mit der Linken mein Handgelenk. Die Berührung brannte wie Feuer und erinnerte mich daran, wie knapp nur ich dem Tod entronnen war. Aber wenn nicht Necron hinter all dem steckte – wer dann? Nun, es war müßig, eine Liste all meiner Feinde zusammenzustellen; ich hätte wohl ein ganzes Notizbuch damit füllen können.
»Erinnere dich an die Worte des Wächters«, fuhr Shadow fort. »Er hat nicht dich töten wollen. Der Angriff galt einem anderen, diesem Ta-tan-ka, und ich vermute, es ist -«
Ein gellender Schrei durchbrach die Stille.
Ein Todesschrei, von den Felsen geisterhaft verzerrt und dutzendfach zurückgeworfen.
Wir fuhren in einer einzigen schnellen Bewegung hoch und herum. Ich weiß nicht, was ich erwartet hatte; aber was es auch war – meine Erwartungen wurden enttäuscht. Die Indianer waren ebenfalls aufgesprungen und hatten nach den Waffen gegriffen, Annie Oakley stand regungslos beim Feuer und auch Sitting Bull und Buffalo Bill hatten ihre Revolver hochgerissen und suchten nach einem Ziel.
Es gab keines.
Nur der Schrei zitterte noch in der Luft, ein Laut, der uns an Schmerz und Tod denken ließ.
Es war ein Bild wie auf einer bizarren Fotografie: Alles wirkte wie eingefroren, in einem einzigen Augenblick zu einem leblosen Kabinett des Schreckens erstarrt.
Dann platzte die Eingangsplane des einzigen Zeltes in unserem
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