Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York
Nase herum. »Weißt du«, begann er dann, »es ist nicht etwa so, dass ich dir aus reiner Bosheit Unglück bringe, Robert. Es ist vielmehr …« Er zögerte einen Moment und suchte offenbar nach passenden Worten. »Ein Fluch. Mein Schicksal. Du kannst es nennen, wie du willst. Ich kann eben nicht heraus aus meiner Haut. Und ich muss mein Soll erfüllen.«
»Dein Soll? Was um alles in der Welt … Willst du mir weismachen, du bekommst für jedes Missgeschick, das du mir zufügst, einen … einen Punkt?«, fragte ich ungläubig. Natürlich, dieser unnütze Gnom wollte mich wieder verschaukeln.
»Aber nein!« Er war wirklich entrüstet. »Wofür hältst du mich – warte, denk es lieber nicht!«
Unwillkürlich musste ich grinsen. Das konnte nur einer seiner skurrilen Scherze sein! Ich drehte mich ein wenig zur Seite und streckte die Hand nach dem Cognacschwenker auf dem Nachttisch aus. Vom Reden war mein Mund trocken geworden.
Aber ich führte die Bewegung nicht zu Ende. Das Glas war leer!
»Ein seltsames Wasser«, meldete sich Gurk über mir und schleckte sich die Lippen. »So was hab’ ich noch nie gekostet. Schmeckt aber gar nicht mal so schlecht.«
Ich versuchte mit aller Macht, die Idee, die mir gerade kam, aus meinen Gedanken zu verbannen. Mit einem Stöhnen schwang ich die Beine aus dem Bett, beugte mich zu der Karaffe hinüber und füllte das Glas bis zum Rand.
»Du musst durstig sein«, sagte ich mit meinem sonnigsten Lächeln auf den Lippen. »Nach zweihundert Jahren Salmiak muss ein Glas Wasser ja wie Nektar schmecken, was?« Ich versuchte zu lachen, aber der stechende Schmerz in meinem Nacken machte ein gequältes Ächzen daraus.
Gurk schwang sich mit der Grazie eines Kartoffelsacks zu Boden und kugelte näher. Ich reichte ihm das Glas. Er leerte es in einem Zug. Ein seliges Funkeln trat in seinen Blick.
»Gut, was?«, fragte ich und schenkte wieder nach.
»Auschgezeischnet!«, tönte er und kippte den scharfen Alkohol in bekannter Manier. Als ich das Glas erneut gefüllt hatte, war die Karaffe fast leer. Ich ließ mich auf das Bett zurücksinken und betrachtete den kleinen Kobold aus den Augenwinkeln.
Eine Zeitlang versuchte er sich den Cognac in die Nase zu schütten, bevor er seinen Mund fand. Dann rülpste er lautstark und hüpfte mit einem Jauchzen auf das Fußende meines Bettes.
»Ein … ein tolles Wäscherschen«, lallte er und ließ sich lachend zurückfallen. »Du bischt ein – hups – ein wahrer Freund!«
»Und einem wahren Freund kann man doch vertrauen, was, Gurk«, versuchte ich mein Glück. »Du brauchst doch keine Geheimnisse vor mir zu haben, alter Kumpel.«
»Da harter Recht!«, brüllte Gurk und schlug mir die Faust freundschaftlich in die Magengrube. »Was willste wissen, Kumpel?«
Ich konnte ein Grinsen kaum unterdrücken. Endlich hatte ich diesen Quälgeist da, wo ich ihn haben wollte. Nun musste ich mich beeilen, alles aus ihm herauszuquetschen, bevor er wieder klar denken konnte. Ich wusste nicht, wie sein Körper auf den Alkohol reagierte; vielleicht würde er sich schneller davon erholen, als mir lieb sein konnte. Oder schlichtweg einschlafen.
»Wo kommst du her, Gurk?«, begann ich. »Und was hat dieses Soll zu bedeuten? Warum musst du mir Unglück bringen?«
»’ne Menge Fragen«, tönte er. »Aber ich will versuchen, dir alles zu erklären. Obwohl ich kaum glaube, dass du’s verstehst«, fügte er mit einem breiten Grinsen hinzu. Er lehnte sich gegen das Holz und blinzelte mich mit glasigen Augen an.
»Wie alle Kobolde wurde auch ich auf Ho-Tjar geboren«, fuhr er schließlich fort. »Das liegt in der elften Dimension, du weißt doch, dass die Existenz elf Dimensionen hat, oder?«
Bevor ich antworten konnte, sprach er schon mit leicht schwankender Stimme weiter. In seine gelben Eulenaugen war ein träumerischer Glanz getreten; gewiss weilte er im Geiste nun auf seiner Heimatwelt.
»Die Einwohner dort, die El-o-hym, sind schrecklich perfekt. Alles, was die anfangen, würde widerlich glatt gehen, wenn wir Kobolde nicht wären! Darum gibt es uns. Wir sorgen für das Gleichgewicht des Universums, indem wir ihnen ins Handwerk pfuschen. Leider müssen auch wir uns an gewisse … Spielregeln halten.«
Ich horchte auf. Wenn er mir seine ureigensten Gesetze verriet, wusste ich endlich, wie ich ihm beikommen konnte. Und ich hatte tatsächlich Glück!
»Erst einmal darf niemand durch unsere Späße sterben«, fuhr er fort. »Nur darum lebst du jetzt noch, mein
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