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Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York

Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York

Titel: Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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wichtiger war! – was mit Priscylla geschehen war. So nickte ich schließlich widerstrebend, streckte die Hand nach ihr aus und berührte mit gespreizten Fingern ihre Augen und ihre Stirn. Dann konzentrierte ich mich.
    Es war leichter, als ich erwartet hatte, denn ihr Geist glitt bereits hinüber in die dunklen Sphären des Nichts und wehrte sich nicht mehr gegen meine Beeinflussung, wie es das Bewusstsein eines gesunden Menschen ganz instinktiv getan hätte.
    Und es war schlimmer, als ich gefürchtet hatte.
    Zuerst fühlte ich nichts als einen tiefen, kalten Schmerz, eine Pein sonderbar körperloser Art, dann einen fast unwiderstehlichen Sog. Etwas Schwarzes, ungeheuer Starkes wollte sich meines Bewusstseins bemächtigen. Eine grässliche Kälte machte sich in mir breit.
    Hastig zog ich mich zurück, blockte den Einfluss des finsteren Strudels ab und griff noch einmal nach dem Geist der Sterbenden. Diesmal sah ich Bilder, aber es war wie in einem wahnsinnigen, sich unglaublich rasch drehenden Kaleidoskop: Momentaufnahmen aus ihrer Jugend, banale Augenblicke ihres Lebens, ihr erster Schultag, ihre erste Liebesnacht, eine Enttäuschung, die so groß gewesen war, dass sie ihr ganzes nachfolgendes Leben veränderte. Binnen weniger Augenblicke raste das ganze Leben der sterbenden Frau an mir vorüber, nicht in chronologischer Reihenfolge, sondern als irrer Veitstanz auf unbeschreibliche Weise gleichzeitig auf mich einstürmender Eindrücke. Es war das Entsetzlichste, was ich bis zu diesem Moment erlebt hatte – ich nahm am Sterben eines Menschen teil.
    Mit aller Gewalt versuchte ich Furcht und Angst und den immer machtvoller werdenden Griff des großen kalten Bruders des Schlafes aus meinem Geist zu verdrängen und konzentrierte mich auf die letzten Augenblicke, die in diesem erlöschenden Gedächtnis verzeichnet waren. Zuerst spürte ich nur Schmerz, eine unbestimmte Spanne nicht enden wollenden Leidens, in dem sie hier gelegen und auf das Ende gewartet hatte. Der Angriff musste erfolgt sein, kurz nachdem ich das Hotel verlassen hatte, dachte ich schaudernd. Vielleicht hatte er gar mir gegolten und diese arme Frau und der unschuldige Page draußen waren an meiner Stelle gestorben.
    Ich verscheuchte den Gedanken und zwang das immer schwächer werdende Bewusstsein Mrs. Peddigrews noch einmal, sich an das Entsetzliche zu erinnern. Ganz gelang es ihr nicht – es war nur eine Flut von Bildern und scheinbar zusammenhanglosen Eindrücken, gepaart mit einer solchen Angst, dass ich selbst vor Entsetzen aufstöhnte. Sie war an Priscyllas Bett eingeschlafen, kurz nachdem ich die Suite verlassen hatte, und war durch Lärm geweckt worden, der aus dem Nebenzimmer drang. Ein halb erstickter Schrei, dann das Krachen zerberstender Möbel und dann war etwas Gigantisches, Grünes durch die Tür gebrochen, eine Gestalt, die so absurd war, dass Mrs. Peddigrew vor Unglauben schlichtweg gelähmt gewesen war und nicht einmal hatte schreien können.
    Was danach kam, waren nur noch unzusammenhängende Fetzen, aus denen ich mir nur mit Mühe ein Bild machen konnte. Die Albtraumgestalt hatte Mrs. Peddigrew niedergeschlagen und sie hatte dagelegen und hilflos mit angesehen, wie die grüne Gestalt wie in irrsinniger Raserei das Zimmer verwüstet hatte. Schließlich hatte sie Priscylla vom Bett gehoben und war mit ihr verschwunden. Durch die massive Wand hindurch.
    An dieser Stelle ihrer Erinnerung angekommen, löste ich die geistige Verbindung zwischen uns. Mrs. Peddigrew bäumte sich noch einmal auf, gab einen leisen, sonderbar erleichtert anmutenden Seufzer von sich und erschlaffte in meinen Armen. Plötzlich begriff ich, dass es nur noch der Einfluss meiner geistigen Kräfte gewesen war, der sie am Leben erhalten hatte.
    »Jemand kommt«, sagte Rowlf von der Tür aus. »Beeilt euch lieba.«
    Howard nickte. »Halte ihn auf«, sagte er, ohne zu Rowlf hinüberzusehen. »Also, Bob – was ist hier geschehen?« Er machte eine weit ausholende, flatternde Handbewegung. »Wer war das?«
    »Eine … Frau«, antwortete ich stockend. »Aber auch wieder nicht. Es war …« Ich brach ab, suchte nach den richtigen Worten und fand sie, aber meine Zunge weigerte sich, das Unmögliche auszusprechen.
    »Was soll das heißen, Robert?«, fauchte Howard. »War es nun eine Frau oder war es keine?«
    »Es war eine Frau«, sagte ich leise. »Aber sie war … aus Eisen.«
    Howard starrte mich an. »Was?«
    »Völlig aus Eisen«, bestätigte ich hilflos. »Wie … wie

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