Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexer-Edition 20: Hochzeit mit dem Tod

Hexer-Edition 20: Hochzeit mit dem Tod

Titel: Hexer-Edition 20: Hochzeit mit dem Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
etwas erreicht haben, dann kommen Sie am besten direkt zu mir.« Wieder öffnete sich ihr Mund ein wenig, wie zu einem verheißungsvollen Versprechen, und ihre Zungenspitze glitt sanft über die Lippen.
    Denham schluckte. Widerstrebend riss er sich von ihrem Anblick los und stand auf. Er würde alles tun, was sie von ihm verlangte.
    Alles.
     
    Vor den Fenstern meines Arbeitszimmers lastete tief schwarze Dunkelheit wie eine massive Wand. Schneeregen klatschte gegen die Scheiben, unregelmäßig und im willkürlichen Takt, den ihm der böige Wind aufzwang, sodass es sich anhörte wie Trommeln und fernes Murmeln. Eisige Luft fauchte durch den geöffneten Fensterflügel herein, aber ich nahm die Kälte nicht wahr.
    Genauso wenig nahm ich war, wie aus den Decken und Winkeln des Zimmers gestaltlose Schatten hervorkrochen und mit rauchigen Fingern in das blasse Licht der Petroleumlampe auf meinen Schreibtisch griffen; düstere Boten der Albträume, die wieder auf mich warteten, falls ich einschlafen sollte.
    Aber ich wusste, dass ich keinen Schlaf finden würde. Heute so wenig wie in der Nacht zuvor.
    Und es lag nicht nur an dem Traum, den ich an Bord der NAUTILUS gehabt und immer noch nicht ganz verwunden hatte. Die Sache mit der seltsamen Verletzung beunruhigte mich gelegentlich noch ein wenig, aber im Augenblick beschäftigten sich meine Gedanken mit etwas ganz anderem.
    Ich sah immer wieder Priscyllas Gesicht vor mir.
    Schon vor fast zwei Monaten hatte ich sie aus dem Summers-Sanatorium nach Hause holen wollen. Ich hatte sie ein paar Mal besucht und sie war geistig gesund gewesen.
    Jedenfalls hatte ich das geglaubt. Vielleicht hatte ich es auch nicht wirklich geglaubt, sondern mich einfach nur wider besseres Wissen an den Gedanken geklammert. Die immer noch undurchsichtigen Experimente Dr. Jacksons hatte sie in eine neue Krise gestürzt, doch auch diese schien nun behoben.
    Als ich nach London zurückgekehrt war, hatte ich die Nachricht erhalten, dass man sie zwei Tage lang einer gründlichen abschließenden Untersuchung unterziehen würde. Wenn diese positiv ausfiel, galt Pri als endgültig geheilt und konnte entlassen werden.
    Morgen sollte die Entscheidung fallen.
    Ich wusste nicht, wie lange ich bereits reglos am Fenster stand und in die Nacht hinausstarrte, als die Tür hinter mir geöffnet wurde.
    Jede Bewegung fiel mir schwer, als ich die Gardine fallen ließ, das Fenster schloss und mich umwandte. Einen Herzschlag lang sah ich mein Spiegelbild in der Scheibe. Ich erschrak vor mir selbst. Meine Wangen waren eingefallen; sie verliehen meinem ohnehin hageren Gesicht einen asketischen, hungrigen Ausdruck. Schwere dunkle Ringe lagen unter meinen geröteten Augen. Meine Haut sah so aus, wie ich mich fühlte – krank und übermüdet.
    Mir war, als würde ich nach langem, tiefem Schlaf wieder in die Welt zurückkehren. Zuvor hatte ich gar nicht wahrgenommen, wie stark sich die Luft nach dem für Februar relativ milden Tag durch den Schneeregen abgekühlt hatte, doch nun spürte ich, wie ich trotz des im Kamin glimmenden Feuers fror.
    Kein Wunder, da ich meinen Gehrock abgelegt hatte und nur eine Weste und darunter ein dünnes Hemd trug. Ich kreuzte die Arme vor der Brust und massierte sie ein wenig, um mich aufzuwärmen. Meine Finger waren steif und taub vor Kälte.
    »Wollen Sie sich mit Gewalt eine Lungenentzündung holen?«, fragte Miss Winden, meine Haushälterin, vorwurfsvoll und legte ein neues Scheit in das erlöschende Kaminfeuer. Es knisterte, als die Flammen danach leckten und daran hochloderten.
    Mary sah ebenso übernächtigt aus wie ich. Auch sie machte sich Sorgen um Pri, wenngleich sie es nicht so offen zeigte.
    Zudem war sie in den vergangenen Tagen kaum von Sill el Mots Seite gewichen. Mit geradezu missionarischem Eifer bemühte sie sich die junge Araberin an das Leben in der Großstadt zu gewöhnen; eine Aufgabe, um die ich sie nicht beneidete, ganz abgesehen davon, dass ich in letzter Zeit ohnehin kaum noch Zeit fand mich um Sill zu kümmern. Das Mädchen war in einem ganz anderen Kulturkreis groß geworden und in vielerlei Hinsicht befand sich Arabien noch auf einer Entwicklungsstufe, die mit dem europäischen Mittelalter vergleichbar war.
    London musste für Sill eine völlig fremde und erschreckende Welt darstellen.
    »Ich habe gar nicht bemerkt, dass es schon so spät geworden ist«, entgegnete ich schwach. Ich lächelte entschuldigend und warf einen Blick zur abgrundtief hässlichen Standuhr in

Weitere Kostenlose Bücher