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Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London

Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London

Titel: Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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auch nicht mehr verschaukeln. Ich steige aus, klar?«
    Er wollte sich aufrichten, doch Kelly packte ihn am Arm und zog ihn hastig wieder nach unten.
    »Der Wächter, pass auf!«
    Norris sträubte sich nicht länger gegen den Griff, sondern duckte sich freiwillig tiefer. Durch eine winzige Lücke zwischen den Kisten beobachtete er, wie sich die Gestalt des Nachtwächters aus den treibenden Nebelschwaden schälte und er nur knapp zwei Dutzend Schritte von ihnen entfernt vorbeiging. Es handelte sich um einen alten Mann, der seinen Job sichtlich gelangweilt erledigte. Zum Schutz vor dem Regen hatte er den Kragen seiner Uniformjacke hochgeschlagen und sich die Mütze tief in die Stirn gezogen. Zwar trug er eine Waffe, doch im Ernstfall wäre er sicherlich keine Gefahr gewesen, so wenig wie seine Kollegen, die anderenorts auf dem Werftgelände patrouillierten. Aber unnötige Gewalt war Rowlf verhasst und selbst Kelly schien dies in Fleisch und Blut übergegangen zu sein.
    Sie beobachteten, wie sich der alte Mann langsam wieder entfernte, bis er vom Nebel verschluckt wurde, dann atmete Kelly tief durch.
    »Also gut«, unternahm er einen neuen Anlauf. »Vergiss, was ich gerade gesagt habe, tut mir Leid. Aber wir sind jetzt soweit gekommen, willst du wirklich jetzt aufgeben? Ich sage dir, aus diesem Schiff ist ein kleines Vermögen rauszuholen. Da gibt es alle möglichen Präzisionsinstrumente. Die Navy rüstet ihre Schiffe mit dem Besten vom Besten aus. Und Waffen. Allein in der Waffenkammer befindet sich ein kleines Vermögen. Ich weiß aus sicherer Quelle, dass nichts von der Ausrüstung von Bord geschafft wurde. Es ist alles noch da, zum Greifen nah. Wir brauchen nur noch zuzupacken. Mit ein bisschen Glück bringt der Plunder jedem von uns über hundert Pfund. Das ist mehr, als wir bei Rowlf in einem ganzen Jahr bekommen, und es ist fast kein Risiko dabei. Willst du das wirklich sausen lassen?«
    Norris’ bereits fester Entschluss geriet ins Wanken. Zu stark war die Verlockung, die von Kellys Worten ausging, die Aussicht, vielleicht schon am nächsten Tag mehr Geld in seinen Händen zu halten, als er jemals auf einmal besessen hatte.
    Zögernd blickte er zu dem Schiff hinüber. Anders als die übrigen Segler oder kleinen Passagierdampfer, die sich zur Reparatur in der Harper-Werft befanden, handelte es sich bei der HMS THUNDERCHILD um einen Zerstörer der britischen Kriegsmarine. Auf Privatschiffen war gewöhnlich nichts zu holen, während Kriegsschiffe, auf denen sich noch Ausrüstung oder sonstiges kriegstaugliche Material befanden, normalerweise gesondert bewacht wurden. Hier jedoch war das nicht der Fall. Das Schiff sollte angeblich bereits ziemlich lange in der Werft liegen und irgendwann hatte man die Posten abgezogen. Es wäre ein Kinderspiel, sich an Bord zu schleichen und alles abzutransportieren, was nicht niet- und nagelfest war.
    Dennoch war Norris nicht wohl bei dem Gedanken. Unverwandt blickte er zu der THUNDERCHILD hinüber. Irgendetwas ging von dem Schiff aus, das ihm Unbehagen einflößte. Wie ein schwarzer Schattenriss hob es sich gegen den nicht ganz so dunklen Himmel ab, als würde an dieser Stelle ein riesiges finsteres Loch in der Wirklichkeit klaffen; ein Ding, das nur aus Gestalt gewordener Schwärze zu bestehen schien. Er hatte das Gefühl, als würden ihn zahlreiche Augen voller Bosheit und Gier aus dem Schutz der Dunkelheit heraus anstarren. Alles in ihm schrie danach, so schnell wie möglich von hier zu verschwinden.
    »Komm schon, gib dir einen Ruck«, drängte Kelly. »Allein kann ich das ganze Zeug unmöglich wegschaffen.«
    Seine Worte brachen den Bann. Norris strich sich verwirrt mit einer Hand über die Augen. Was waren das für verrückte Gedanken? Es handelte sich nur um ein ganz normales Schiff, nichts weiter. Nichts jedenfalls, wovor er Angst zu haben brauchte. Noch niemals hatte er sich vor der Dunkelheit gefürchtet, nicht einmal als Kind, und er hatte nicht vor, jetzt damit anzufangen.
    »Also gut«, murmelte er. »Gehen wir.«
    Sie schauten sich noch einmal sichernd nach allen Seiten um, dann huschten sie geduckt auf das Schiff zu, jede Deckung ausnutzend. Sollte ihnen später, beim Abtransport der Beute, wider Erwarten doch einer der Nachtwächter in die Quere kommen, würden sie ihn überwältigen, aber im Moment hätte eine Entdeckung ihren ganzen Plan in Gefahr gebracht. Das Risiko war zu groß, dass das Fehlen eines Wächters von den anderen bemerkt wurde.
    Aber alles ging

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