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Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London

Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London

Titel: Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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zurückblieben.
    »Merlin!«, rief ich laut. Der Kater wandte mir den Kopf zu und musterte mich einige Sekunden lang mit seinen Augen, in denen ich auch diesmal eine Intelligenz zu erkennen glaubte, die weit über die eines normalen Tieres hinausging.
    »Robert, hol dieses verrückte Biest weg!«, rief Howard mir zu.
    Ich ging auf den Kutscher zu und griff nach dem Kater, doch er fauchte mich mit einer an ihm völlig ungewöhnlichen Aggressivität an. Bevor ich ihn richtig zu fassen bekam, nutzte Merlin die Gelegenheit, um sich zu befreien. Er benutzte die Arme des Kutschers als Sprungschanze, um wie ein Blitz erneut auf Howard zuzuschießen und sich an seiner Brust festzuklammern.
    Howard versuchte ihn zu packen, doch gedankenschnell hieb Merlin nach ihm. Mit einem Schrei, dem gleich darauf ein wütender Fluch folgte, zog Howard seine Hand zurück, auf deren Rücken Merlin weitere blutige Spuren hinterlassen hatte. Als das Tier seine Krallen spreizte, um nach seinem Gesicht zu schlagen, schlug Howard seinerseits zu. Er traf Merlin und schaffte es, ihn von seiner Brust zu lösen, doch es kostete ihn die Hälfte seiner Weste.
    Bevor Merlin sich erneut auf ihn stürzen konnte, packte ich das Tier im Nacken und hob es hoch. Es gebärdete sich wie toll, wand sich in meinem Griff hin und her und versuchte auch nach mir zu schlagen, doch es erreichte mich nicht. Ich überlegte einen Moment und hastete dann in die Küche, wo ich die Tür zum Abstellraum öffnete, Merlin in die kleine Kammer hineinwarf und die Tür sofort wieder zuschlug. Sicherheitshalber schloss ich sie auch ab, erst dann atmete ich auf.
    Vor dem Haus waren das Klappern von Pferdehufen und das Rollen von Rädern zu hören, als der Kutscher eilig das Weite suchte. Aus der Besenkammer drang ein Poltern, gefolgt von dem wütenden Kratzen scharfer Krallen am Holz der Tür. Auch jetzt beruhigte der Kater sich noch nicht.
    Ich drehte mich zu Howard um und blickte ihn entschuldigend an.
    »Keine Ahnung, was mit Merlin los ist«, sagte ich. »So habe ich ihn noch nie erlebt.«
    Howard winkte ab und ließ sich erschöpft auf einen Stuhl sinken. »Ist jetzt nicht so wichtig. Ich habe Einiges zu erzählen.«
    »Das können Sie später tun. Zuerst werden Sie mal baden und sich umziehen und dann werde ich mich um Ihre Verletzungen kümmern«, bestimmte Mrs. Winden. Sie holte einen Kasten mit Verbandszeug aus einem Schrank und stellte ihn auf den Tisch.
    »Das hat Zeit«, erwiderte Howard aufgeregt. »Ich muss unbedingt -«
    Mrs. Winden ließ ihn nicht einmal aussprechen. »Nein, das hat keine Zeit«, fiel sie ihm ins Wort. »Oder wollen sie vielleicht, dass noch mehr Schmutz in die Wunden kommt und sie sich entzünden? Na also. Und jetzt ab in die Wanne!«, befahl sie in resolutem Tonfall, der keinen Widerspruch duldete. »Ich werde das Wasser für Sie einlassen.«
    Während sie Howard nach oben begleitete, kehrte ich zähneknirschend mit Rowlf in den Salon zurück, um dort darauf zu warten, dass sie ihn wieder aus ihren fürsorglichen Händen entließ.
    Merlin tobte noch immer im Abstellraum herum und kratzte mit seinen Krallen an der Tür.
     
    Meine und Rowlfs Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt. Schweigend und voller Unruhe warteten wir im Salon. Ich brannte darauf, ihm unzählige Fragen zu stellen; nicht nur darüber, wo er gewesen und was ihm zugestoßen war, sondern vor allem, was er über die Thul Saduun herausgefunden hatte. Seine Andeutungen wiesen darauf hin, dass sein Erlebnis damit im Zusammenhang stand, und möglicherweise wuchs die Gefahr mit jeder verstreichenden Minute weiter, die wir untätig hier herumsaßen.
    Ein paar Mal war ich nahe dran, einfach nach oben zu stürmen, um mit Howard zu sprechen, doch ich beherrschte mich mühsam. Im Grunde hatte Mrs. Winden ja Recht, auch wenn es mir in dieser Situation schwer fiel, es mir einzugestehen. Aber ich hatte ja selbst gesehen, in welchem bemitleidenswerten Zustand sich Howard befand. Die meisten seiner Wunden waren sicherlich nur mehr oder weniger oberflächliche Abschürfungen und Kratzer – und an einer ganzen Reihe von ihnen trug sicherlich Merlin mit seinem völlig unverständlichen Verhalten die Schuld –, aber so verdreckt, wie Howard war, und wie er nach allen Abwässerkanälen Londons stank, konnten selbst diese harmlosen Verletzungen gefährlich werden, wenn Schmutz hineingeriet und sie sich entzündeten.
    Der Türklopfer wurde betätigt. Die dumpfen Schläge ließen mich

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