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Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012

Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012

Titel: Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha u. a. Mamczak
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Sendung bei Radio DRS (14. 9. 2011) hieß es nach ein paar Sätzen über Lem: »Wir wollen heute an Lems tiefgründige und gleichzeitig skurril-amüsante Gedankenspielereien erinnern – mit dem Hörspiel Der Elektrobarde  …, das Diplomprojekt des Zürcher Komponisten und Sound-Designers Martin Bezzola … Ursprünglich war die Arbeit als mehrkanaliges Raumklang-Hörspiel konzipiert. Wir stellen sie jetzt auf DRS 2 erstmals in einer Stereo-Version vor.« Wir merken uns: Lem, Hörspiel, Diplomprojekt, Sound-Designer und wieder Hörspiel, mehrkanaliges.
    Wir bekommen: den Text der Erzählung von Lem – über weite Strecken einfach nur vorgelesen. Die in der Suhrkamp-Ausgabe von 2003 fünfzehn Druckseiten lange Geschichte gehört zu Lems »Kyberiade« und spielt wie alle Texte darin in einem (fast) durchweg von Robotern besiedelten, dabei aber durchaus märchenhaften Universum, in dem Menschen eine Sage aus grauer Vorzeit sind. Der Roboter Trurl, ein berühmter Konstrukteur, baut einen Elektrobarden, eine Maschine zum Verfassen von Gedichten, wofür zunächst einmal beiläufig die gesamte Menschheitsgeschichte modelliert werden muss. Von seinem neidisch mäkelnden Freund und Kollegen Klapauzius angespornt, verbessert Trurl den Elektrobarden immer weiter und ringt ihm Gedichte in den verschiedensten lyrischen Gattungen, Formen und Moden ab (für die der Text etliche – natürlich von Lem verfasste – parodistische Beispiele bietet). Kollisionen mit dem lyrischen Establishment und nicht zuletzt eine astronomische Stromrechnung veranlassen Trurl, seinen Elektrobarden in einen entlegenen Winkel des Alls zu verlagern, wo er seine Lyrik späterhin in Form kosmischer Kataklysmen manifestiert.
    Wir bekommen des Weiteren: Klangkompositionen, die zweifellos in die Kategorie »Musik« fallen, wie man sie von anderen Hörspielen
her auch kennt, und in ähnlicher Weise eingesetzt. Wir bekommen ziemlich frühzeitig Kommentare der Hörspielsprecher zu hören, ihre Ansichten über den Text Lems und ihr Verständnis desselben betreffend (»Ach sooo!«), ein paar von ihnen daran vorgenommene »Verbesserungen« und – quasi beiseite gesprochen – die Herstellung des Hörspiels selbst (Metaebene! Kunst! Diplomprojekt!). Etwas später werden auch ab und zu Textfetzen irgendwelcher anderer Provenienz eingestreut, die man mit sehr viel gutem Willen (oder sehr viel Wurschtigkeit) irgendwie mit den entsprechenden Stellen in Lems Erzählung assoziieren kann, ohne dass die Assoziation durch besondere Originalität auffiele, darunter »Computerstimmen« im Stile ältester Blechkumpel-Klischees. Im weiteren Verlauf wird man dann auch noch mit Überblendungen parallel laufender Textpassagen erfreut, und was sonst noch an Resten in der alten Trickkiste lag.

    Ich fürchte, dies wird keine Hörspiel-Rezension, weil das kein Hörspiel ist. Es behauptet zwar vehement, eins zu sein, aber ein Hörspiel ist nun mal per definitionem ein dramatisches Genre, kein rein akustisch-klangschöpferisches. Indes, irgendeinen Namen braucht das Kind; bezeichnen wir es also provisorisch und möglichst wertneutral als »Klangobjekt«.
    Lem war kein begnadeter Dichter und hielt sich wohl auch nicht dafür (obwohl er sonst nicht an übergroßer Bescheidenheit litt). Die Verse des Elektrobarden sind im Polnischen eine Handwerkelei, die formal und stilistisch den jeweiligen Zweck erfüllt (also mehr, als moderne Lyrik für gewöhnlich leistet), und die Nachdichtungen des Übersetzers Jens Reuter verdienen höchsten Respekt – ebenfalls als Handwerk, denn Lems vielfältige Formübungen lassen dem Nachdichter ja weitaus weniger Spielraum, als der Autor hatte.
    Das Klangobjekt allerdings, das den sonstigen Text der Erzählung relativ unbeschädigt lässt (weil er einfach nur vorgelesen wird), kapriziert sich just bei den Versen auf seine tontechnischen Spielereien, sodass gerade diese zum Teil nicht mehr zu verstehen sind. Damit verschwindet aus dem Klangobjekt, was den Kern von Lems Erzählung ausmacht, jetzt aber nur noch als beliebiges Stück Schall benutzt wird, sodass Lem beziehungsweise Trurls Elektrobarde ebenso gut »dabdudei schuwidu« gedichtet haben könnte.
    Hat man das erst einmal begriffen, wundern einen auch ein paar merkwürdige Abweichungen von Lems Text nicht mehr, die nicht durch das eingestreute Gelaber der Sprecher als Absicht ausgestellt werden, sondern einfach so unterlaufen. Beispielsweise entsteht bei Lem ein Fehler im Ablauf der

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