Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012
albernen Film auch noch den letzten Anschein von Charme.
Michael Meyns
Plötzlich hatte er wieder Lust, Ameisen anzuzünden. Gullivers Reisen
HARRY POTTER UND DIE HEILIGTÜMER DES TODES – TEIL 2
(HARRY POTTER AND THE DEATHLY HALLOWS: PART 2)
USA/UK 2011 · Regie: David Yates · Darsteller: Daniel Radcliffe, Emma Watson, Rupert Grint
»Alles war gut«, heißt es am Ende des siebten Harry-Potter-Kinderbuchs. Zumindest kommerziell stimmt das ohne Frage: Über 500 Millionen verkaufte Bücher und gut acht Milliarden Dollar Umsatz an der Kinokasse sprechen für sich. Sitzt man jedoch als erwachsener Mensch, der nicht mehr als den ersten Band der Buchreihe gelesen hat, um in Erfahrung zu bringen, was es mit diesem bizarren Hype auf sich hat, an einem langweiligen Nachmittag vor dem Fernseher und schaut nebenbei den finalen Teil der Filmreihe, fasst man sich immer wieder an den Kopf und fragt sich, was da gerade passiert. Als nicht Eingeweihter die Harry-Potter -Filme anzusehen, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Sicher, man kann sich an der bisweilen hübschen Ausstattung erfreuen, einzelne Szenen genießen, aber zu verstehen, was da jetzt eigentlich passiert, wer da warum und wieso gegen wen kämpft, warum
immer wieder englische Bühnenschauspieler in Winzrollen durchs Bild huschen, um dann für den Rest des Films zu verschwinden, ist einfach nicht machbar. Und das ist das grundsätzliche Problem der Harry-Potter -Filme: Sie wollen kein eigenständiges künstlerisches Werk sein, sondern streben nur mehr danach, die Fans der Romane durch möglichst präzise Bebilderung des Textes zu befriedigen. Auf narrative Kohärenz und eine filmische Erzählsprache wird komplett verzichtet: Entweder man kennt die Romane und weiß, warum Harry Potter gegen den finsteren Lord Voldemort kämpft, oder eben nicht. Insofern erübrigt sich streng genommen jede Kritik an den Filmen; bleibt also nur, sich dem überproduzierten, in düstere Farben getauchten finalen Stahlgewitter der erfolgreichsten Filmreihe aller Zeiten zu ergeben und sich an der Tatsache zu freuen, dass mit Teil acht nun endgültig alles vorbei ist.
Michael Meyns
Mama hat gesagt, Pferden soll man ins Maul schauen! Harry Potter und die Heiligtümerdes Todes – Teil 2
HELL
Deutschland 2011 · Regie: Tim Fehlbaum · Darsteller: Hannah Herzsprung, Lars Eidinger, Stipe Erceg
Jahr für Jahr lässt sich der Mangel an guten Genrefilmen aus Deutschland beklagen, wünscht man sich, dass aus hiesigen Landen mal was anderes kommt als schwermütige Beziehungsdramen, in denen zwar meist exzellente Schauspieler sich den hochgestochenen Ambitionen beziehungsweise Prätentionen ihrer frisch von der Filmhochschule kommenden Regisseure unterwerfen müssen. Und dann sitzt man eines Tages in Tim Fehlbaums Hell und denkt: Geht doch.
Schon der doppeldeutige Titel ist hübsch, die in kargen Bergregionen Korsikas kreierte Endzeitatmosphäre erst recht. Die Erderwärmung hat die Zivilisation, wie wir sie kennen, zerstört, die Menschen sind auf sich gestellt, schließen sich in kleinen Gruppen zusammen, die ums Überleben kämpfen. Und das bedeutet den erbitterten Kampf um kleinste Dinge: eine Flasche Wasser, eine Dose Obst, ein paar Tropfen Benzin. Eine zufällig zusammengewürfelte Kleinfamilie, bestehend aus Marie (Hannah Herzsprung, so wenig nervend wie noch nie) und ihrer Nichte Leonie (Lisa Vicari), sind mit dem Weichei Philip (Lars Eidinger) unterwegs. Bei einer Tankstelle treffen sie auf den smarten Tom (Stipe Erceg, lässig wie immer), der ihnen im Kampf gegen die langsam näher kommende Bedrohung zur Seite steht. Philip wird entführt und auch Marie und Leonie finden sich bald in den Händen einer merkwürdig inzestuös wirkenden Familie wieder, angeführt von einer sinisteren Angelika Winkler, ausgestattet mit einem düsteren Keller. Gut, was dann abläuft, ist nicht unbedingt die originellste Variation des beliebten Menschenfresser-Konzepts, aber schließlich ist das hier keine soziologische Studie, sondern ein geradliniger Genrefilm. Und mit welcher Souveränität Tim Fehlbaum die Genremuster durchspielt, mit einfachen Mitteln und gezielt eingesetzten Schockmomenten Spannung erzeugt, dazu packende Verfolgungsjagden inszeniert und eine schön ausgeblichene Endzeitatmosphäre erzeugt, das hat man lange nicht in einem deutschen Genrefilm gesehen. Der es zudem schafft, nie doof zu werden, nie in schlechte Fernsehdialoge zu verfallen und auch nicht die Flucht in ein
Weitere Kostenlose Bücher