Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012
die sich möglichst nahe an den Büchern von Burroughs orientieren solle.« Bis dahin hatte Pixar bereits seinen ersten Vorstoß in die Welt des Spielfilms angekündigt – 1906 , ein Film über das damalige Erdbeben in San Francisco, unter der Regie von Brad Bird ( Die Unglaublichen ) –, während Disney sämtliche geplanten Animationsfilme der nächsten vier Jahre vorgestellt hatte. Dies ließ vermuten, dass die John Carter vom Mars -Trilogie trotz der Leitung durch Pixars Animationsfilmveteranen Stanton und Andrews ein Spielfilm
und kein Animationsfilm, wie es bei diesem Studio üblich gewesen wäre, werden sollte.
Im März 2008 kam das Gerücht auf, Andrews habe einen vorläufigen Drehbuchentwurf für den ersten Teil der Trilogie fertiggestellt, und Stanton und Produzent Jim Morris, ehemals bei Lucasfilm Digital, würden einen Schlachtplan für das Projekt entwickeln, sobald Stantons Pflichten bei Produktion und Promotion von WALL·E abgeschlossen seien. Durch einen glücklichen Zufall würde also die erste Verfilmung von »John Carter vom Mars« 2012 in die Kinos kommen – genau hundert Jahre, nachdem die erste John-Carter-Geschichte veröffentlicht wurde. Doch als das angestrebte Datum kam, gab es wenig zu feiern.
Die ersten Anzeichen, dass Disney trotz der erwiesenermaßen erfolgreichen Vorgeschichte des Regisseurs wenig Hoffnungen in den lang erwarteten John Carter vom Mars -Film setzte, wurden sichtbar, als das Studio entschied, das »vom Mars« aus dem Titel zu streichen. Vielleicht wollte man Assoziationen zu dem bisher teuersten Flop des Studios, Milo und Mars (2011), vermeiden – außerdem hatte es bisher nur einen einzigen erfolgreichen Film gegeben, der auf dem Mars spielte: Total Recall (1990). Mit Taylor
Kitsch in der Hauptrolle und weiteren Darstellern wie Samantha Morton, Willem Dafoe, Thomas Haden Church, Mark Strong, Ciarán Hinds, Dominic West, James Purefoy und Bryan Cranston – nicht zu vergessen Kitschs Co-Star aus X-Men Origins: Wolverine (2009), Lynn Collins, als barsoomianischer (also marsianischer) Prinzessin Dejah Thoris – fehlte es John Carter weder vor noch hinter der Kamera an Talenten. Und trotzdem fand er, aus Gründen, die wahrscheinlich niemals entschlüsselt werden, kein Publikum.
Am 9. März 2012 startete der Film in 3000 Kinos, wodurch er definitiv zur ersten Blockbusterpremiere des Jahres wurde. Doch John Carter spielte am ersten Wochenende gerade mal 30 Millionen Dollar ein – eine sehr enttäuschende Summe für einen Film, dessen Produktionskosten bei ungefähr 250 Millionen Dollar lagen. Als er einige Wochen später aus den Kinos verschwand, hatte er in den USA insgesamt 73 Millionen eingespielt, in Übersee war das Ergebnis kaum besser.
Nach hundert Jahren endlich im Kino – und dann bitter gefloppt
»Das Filmemachen ist ein riskantes Geschäft«, lautete der stoische Kommentar von Studiovorstand Rich Ross. »Unglücklicherweise ist John Carter beim Publikum nicht so gut angekommen, wie wir alle gehofft hatten.« Als sich der rote Staub um die Affäre John Carter legte, hatte Disney bei diesem Film offiziell 200 Millionen Dollar abgeschrieben und Ross seinen Posten geräumt – angeblich auf massiven Druck von Geschäftsführer Robert A. Iger hin. Hundert Jahre nach der Veröffentlichung von Edgar Rice Burroughs’ erster John-Carter-Geschichte war der Name seines Protagonisten zu einem Synonym für ein finanzielles Desaster geworden. Und für viele weitere Jahre werden es nun wohl nur noch die kühnsten Studios wagen, auf den Roten Planeten zurückzukehren.
Der Engländer David Hughes ist Journalist und Drehbuchautor. Sein zuletzt erschienenes Buch ist »Tales from Development Hell«.
Es war ein herrlicher, sonniger Tag im März 2012, eigentlich eine schöne Gelegenheit, um eine Fahrt nach München zu unternehmen. Aber der Anlass war traurig: Auf dem Waldfriedhof versammelten sich an diesem Tag Science-Fiction-Fans, Nachbarn, Kollegen und persönliche Freunde, um den Schriftsteller Hanns Kneifel zu verabschieden. Es war eine würdige Trauerfeier, und die Reden waren so tröstlich, wie Ansprachen in diesem Rahmen sein können.
Hanns Kneifel war 75 Jahre alt geworden – und sein Tod hatte alle überrascht. Noch zwei Wochen zuvor hatte er vor Tatendrang gesprudelt, hatte von E-Book-Projekten geschwärmt und von einer Neuauflage seiner Atlan -Zeitabenteuer. Er war geradezu besessen von dem Gedanken, sein literarisches Werk für die Nachwelt zu
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