Heyne Galaxy 07
noch einmal stehen, um sich umzudrehen. »Ich muß es den Leuten im Dorf erzählen.«
Dann war sie verschwunden.
Hadwell blieb allein zurück. Er schüttelte den Kopf und wunderte sich über die seltsamen Sitten der Eingeborenen und besonders über die der eingeborenen Mädchen.
Außer Atem erreichte Mele das Dorf und fand den Priester im Tempel, wo er seine Gottheit um Weisheit und Rat anflehte. Sie berichtete ihm von der Absicht des Botschafters, dem Volk der Igathi weiter helfen zu wollen. Der alte Lag nickte.
»Dann verschieben wir die feierliche Zeremonie. Aber sage mir, meine Tochter, wie kommt es, daß du so genau Bescheid weißt?« Mele errötete und gab keine Antwort. Der Priester lächelte, aber dann wurde sein Gesicht wieder ernst. »Ich verstehe. Aber nun höre mir gut zu, Mädchen: Laß es niemals zu, daß die Liebe zu einem Mann deine Ehrfurcht zu Thangookari verdrängt. Unsere alten Sitten und Gebräuche dürfen nicht unter der Liebe leiden.«
»Natürlich nicht«, sagte Mele. »Ich spüre nur, daß der Tod eines Königs für den Botschafter nicht gut genug ist. Er verdient mehr. Er verdient – den Ultimaten Tod.«
Lag schüttelte den Kopf. »Seit sechs Jahrhunderten wurde niemand für würdig gefunden, die höchste und letzte Todesart zu erleiden. Der Halbgott V'ktat rettete damals unsere Rasse vor der Bedrohung durch die Huelva. Er war würdig.«
»Hadwell hat das Zeug zu einem Helden in sich. Wir müssen ihm Zeit lassen, und er wird sich würdig erweisen.«
»Vielleicht.« Der Priester schien nicht recht daran zu glauben, erlag aber doch der Versuchung. »Es wäre eine große Ehre für unser Dorf, aber vergiß nicht, Mele, er wird vielleicht sein ganzes Leben brauchen, es zu beweisen.«
»Wäre das den Versuch nicht wert?«
Lag fingerte unruhig und nervös an seiner Keule herum. Auf seiner Stirn erschienen Denkfalten. Er sagte:
»Du magst ja recht haben. Ganz sicher hast du recht. Aber … .«, er richtete sich plötzlich auf und sah Mele scharf an, » … sage mir die Wahrheit, Mele. Willst du Hadwell wirklich den Ultimaten Tod sterben sehen, oder willst du ihn nur für dich reservieren?«
»Er muß den Tod erleiden, den er verdient«, erwiderte sie ernst.
Aber sie wich den forschenden Augen Lags dabei aus.
»Ich möchte wissen«, sagte der Priester, »was du wirklich denkst. Ja, das möchte ich wirklich wissen …«
In diesem Augenblick kam der Kaufmann Vassi in den Tempel gestürmt.
»Schnell!« rief er dem Priester zu. »Es ist der Farmer Iglai. Er hat das Tabu verletzt.«
Sie liefen beide hinter ihm her zum Schauplatz der Tragödie. Der dicke und immer fröhliche Farmer hatte einen schrecklichen Tod erlitten. Wie immer war er von seiner Hütte zur Dorfmitte gegangen und dabei an dem alten Dornbaum vorbeigekommen. Ohne jeden ersichtlichen Grund war der Baum plötzlich umgestürzt, genau auf Iglai. Sein Körper wurde von den Dornen aufgespießt. Augenzeugen berichteten, daß der Farmer noch eine Stunde gejammert habe, ehe er endlich starb.
Aber er hatte dabei gelächelt.
Lag beobachtete die Leute, die herumstanden. Er sah, daß einige von ihnen hinter den vorgehaltenen Händen heimlich grinsten. Ihn legten sie nicht herein. Er ging zu dem gestürzten Baum und untersuchte ihn. Die Spuren der Säge waren noch zu erkennen.
Der Priester wandte sich an die Leute.
»Hat jemand Iglai öfter in der Nähe des Baumes gesehen?«
»Fast jeden Tag«, rief ein Farmer. »Er hat immer unter diesem Baum gesessen und gefrühstückt.«
Einige lachten. Bemerkungen flogen hin und her.
»Komisch, daß er immer gerade hier frühstückte.«
»Und er wollte niemals jemand dabei haben.«
»Er aß eben lieber allein.«
»Ha!«
»Er muß die ganze Zeit gesägt haben!«
»Mindestens vier Monate. Hartes Holz!«
»Ein kluger Mann, dieser Iglai.«
»Das sage ich auch. Er war nur ein Farmer und niemals besonders religiös, aber er besorgte sich einen verdammt guten Tod.«
»Hört auf mich!« rief Lag und unterbrach den Lärm. »Iglai hat eine Gotteslästerung begangen. Nur ein Priester hat das Recht, jemandem den gewaltsamen Tod zuzubilligen.«
»Was ein Priester nicht weiß, macht ihn nicht heiß«, rief jemand aus der Menge zurück.
»Was heißt Gotteslästerung?« wollte ein anderer wissen. »Iglai ist großartig gestorben, und nur das allein ist wichtig.«
Der alte Priester wandte sich enttäuscht ab. Er konnte nichts tun. Hätte er rechtzeitig von Iglais Plänen erfahren, wäre alles ganz
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