Heyne Galaxy 07
anders gekommen. Dann hätte er dafür sorgen können, daß der Farmer es niemals mehr gewagt hätte, sich seinen Tod selbst auszusuchen. Wahrscheinlich wäre er dann sehr alt geworden und hätte schließlich schandbar im Bett sterben müssen.
Jetzt aber war es zu spät. Der Farmer war schmerzvoll dahingeschieden und bereits auf dem Weg nach Rookechangi, wo die Götter auf ihn warteten. Jetzt noch den Gott des Lächelns darum zu bitten, Iglai zu bestrafen, war völlig sinnlos, denn der Farmer konnte seinen eigenen Fall in der Ewigkeit viel besser vertreten, weil er dort war.
Trotzdem fragte Lag:
»Hat jemand gesehen, wie er den Baum ansägte?«
Niemand antwortete. Lag wußte, daß sie zusammenhielten. Sie waren religiös und hielten sich an die Gebote, aber es machte ihnen immer wieder Freude, einen Priester hereinzulegen. Wann würden sie endlich begreifen, daß ein unerlaubter Tod niemals so befriedigend sein konnte wie einer, den man verdiente? Außerdem hatte Iglai auf jede Zeremonie verzichten müssen.
Lag seufzte. Manchmal war das Leben wirklich nichts als eine Last.
Eine Woche danach schrieb Hadwell in sein Tagebuch:
»Es hat noch niemals eine Rasse gegeben, die sich mit den Igathiern vergleichen ließe. Ich habe lange unter ihnen gelebt, mit ihnen gegessen, getrunken und gefeiert. Ich habe ihre Zeremonien beobachtet und versucht, sie zu verstehen. Das, was ich herausfand, ist phantastisch.
Die Igathier kennen keinen Krieg.
Begreife das, zivilisierter Mensch! Sie kennen keinen Krieg! Es hat hier niemals einen gegeben. Sie können sich auch keinen Krieg vorstellen. Um ihre Einstellung begreiflicher zu machen, will ich ein Gespräch wiedergeben, das ich mit Meles Vater hatte:
Ich versuchte, Kataga zu erklären, was ein Krieg ist. Der alte Mann kratzte sich am Hinterkopf und fragte:
›Du sagst, daß sich im Krieg die Menschen gegenseitig töten? Viele sterben?‹
›Sehr viele. Tausende werden in einem Krieg getötet.‹
›Auf beiden Seiten?‹
›Ja, auf beiden Seiten.‹
›Zur gleichen Zeit sterben also Tausende den gleichen Tod?‹
›Ja.‹
Er schüttelte den Kopf, als begriffe er das nicht. Schließlich meinte er:
›Es ist nicht gut, wenn so viele Männer gleichzeitig den Tod erleiden. Es befriedigt nicht. Jeder Mann sollte das Recht haben, seinen eigenen individuellen Tod zu sterben.‹
Das war das Gespräch mit Kataga, dem Vater der unvergleichlichen Mele. Zivilisierter Mensch, denke darüber nach und begreife die ungeheure Wahrheit, die in den Worten des einfachen Mannes verborgen liegt. Wir alle können daraus lernen. Mehr noch: die Igathier kennen keinen Streit, keine Blutrache, keine Verbrechen, keinen Mord. Damit ergibt sich die erstaunliche Tatsache, daß dieses Volk den gewaltsamen Tod nicht kennt, von Unfällen abgesehen.
So betrachtet ist es sehr bedauerlich, daß gerade Unfälle sehr häufig sind. Sie passieren immer wieder, was nicht allein der Wildnis zuzuschreiben ist, von der das Dorf umgeben ist, sondern auch dem Leichtsinn seiner Bewohner. Ihnen scheint alles egal zu sein, denn bei mehr Vorsicht ließen sich manche Unfälle vermeiden. Mit dem Priester verbindet mich eine gute Freundschaft. Mit ihm sprach ich darüber. Er bestätigte mir, daß die Unfallrate in den letzten Jahren stark angestiegen ist. Immer wieder ermahnt er sein Volk, vorsichtiger zu sein und Unfälle zu vermeiden.
Lag ist ein guter Mensch.
Aber nun will ich endlich das schreiben, was mich besonders bewegt. Mele hat sich entschlossen, meine Frau zu werden. Wenn ich aufhöre zu schreiben, beginnt bereits die Feier. Alle Vorbereitungen sind abgeschlossen. Ich halte mich für den glücklichsten Mann dieser Welt, denn Mele liebt mich und ist sehr schön. Sie hat sogar so etwas wie ein soziales Gewissen, denn immer wieder in den vergangenen Wochen hat sie mich dazu aufgefordert, dieses oder jenes für das Dorf zu tun. Ich habe ihr den Gefallen getan. Die Bewässerungsgräben sind überall gezogen, ich baute eine Erntemaschine, brachte den Igathiern die Anfänge der Metallbearbeitung bei – und noch manches andere. Aber Mele bekommt nicht genug. Sie will, daß ich noch mehr tue.
Aber ich habe ihr gesagt, daß ich eine Ruhepause benötige. Ich möchte meine Flitterwochen genießen und nicht arbeiten. Ein Jahr möchte ich nur in der Sonne liegen und an meinem Buch schreiben. In den Flüssen gibt es Fische, und ich angle gern.
Mele versteht das nicht ganz. Sie versucht mich zu überzeugen, daß ich
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