Hier ist was faul!
Abendessen etwas verschüttet und beschmutzt. Und die meisten Reinigungen schließen früher. Die Leute wollen diese Flecken aber möglichst schnell behandeln lassen. Deshalb habe ich ihnen gesagt, dass es zwar in Ordnungist, wenn sie früh schließen, sie aber abends noch einmal für ein paar Stunden öffnen sollten.« Sie erklärte noch ein paar andere Ideen, die sich alle gut anhörten.
Es klingelte zur nächsten Stunde. In Gemeinschaftskunde lernten wir etwas über Nathan Hale. Er wurde von den Briten während des Amerikanischen Unabhängigkeitskriegs gehängt, weil er unter dem Verdacht stand, ein amerikanischer Spion zu sein. Ich hoffte, dass dies kein typischer Fall für Leute namens Nathan war.
»Ein Glück, dass du nicht atmen musst«, flüsterte Mookie mir zu, als Mrs Otranto die Stunde beendete.
Jedes Ringerpaar außer Rodney und Omar hatte sich im Sportunterricht Ferdinand und mir im Fake-Ringen angeschlossen. Wir legten perfekte Niederwürfe, ausgezeichnete Befreiungsgriffe und alle Arten anderer toller Aktionen hin. Meine Mitschüler warfen mir immer ein Grinsen oder Augenzwinkern zu, wenn Mr Lomux nicht hinsah.
»In Ordnung«, sagte der etwa zur Mitte der Stunde. »Ihr macht keinen schlechten Eindruck. Jetzt wollen wir euch noch ein bisschen abhärten.«
Er ließ jeden von uns ein paar Kurzhanteln nehmen und unsere Arme seitlich ausstrecken. Dann stellte er die Stoppuhr der Basketball-Anzeigetafel auf fünfzehn Minuten.
»Jeder, der seine Arme vor Ablauf der Zeit fallen lässt, läuft zwanzig Runden«, sagte er.
Um mich herum waren alle am Ächzen und Stöhnen. Innerhalb von ein oder zwei Minuten drehten schon die Ersten ihre Runden. Ich beobachtete Mookie beim Laufen. Er schlug dabei mit den Armen und tat, als sei er ein Vogel. Mr Lomux brüllteihn an. Mookie schien das egal zu sein. Ich hatte den Eindruck, dass Mookie weitaus besser mit dem Zombie-Dasein zurechtkommen würde, als ich es tat. Er schien mit allem fertigzuwerden, was in seinem Leben passierte.
Ich stellte fest, dass es in der Sporthalle wesentlich ruhiger war als vorher. Es waren keine Schritte mehr zu hören. Es lief niemand mehr. Ich hatte wohl in Gedanken versunken die Zeit vergessen. Ich sah mich um. Alle anderen waren drüben bei der Tribüne und versuchten, wieder zu Atem zu kommen. Sie waren alle gelaufen.
Als die Stoppuhr die Null erreichte, hallte ein lauter Summton durch die Sporthalle. Na toll. Nachdem alle anderen nicht nur vorzeitig aufgegeben hatten, sondern auch noch zwanzig Runden gelaufen waren, hielt ich die Hanteln immer noch hoch. Mr Lomux starrte mich erstaunt an. Und Rodney zornig.
Ich stöhnte, ließ darauf die Arme fallen und versuchte so zu tun, als wäre ich total fertig. Ich legte die Hanteln ab und begann, meine erste Runde zu laufen.
»Nicht nötig, Abercrombie«, sagte Mr Lomux. »Du hast die Zeit geschafft und es dir verdient, die Runden wegzulassen.« Er kam zu mir gelaufen und wandte sich dann an die Klasse.
»Seht ihr? Genau das kann ich für euch tun. Erinnert ihr euch, wie dieser Junge zu Beginn des Jahres drauf war? Er war ein einziges Fiasko. Er war ein Schwächling. Er konnte noch nicht mal eine Runde laufen, ohne zu keuchen. Aber seht ihn euch jetzt an. Er ist in Form. Und wisst ihr, warum?«
»Ich weiß es!«, rief Mookie und riss seinen Arm hoch. Dann wurden seine Augen groß und sein Gesicht blass. »Nein, ich weiß es doch nicht!« Er schüttelte den Kopf und ließ den Arm schnell wieder sinken.
Alle anderen schüttelten auch die Köpfe.
»Weil ich ihn mächtig angetrieben habe!«, rief Mr Lomux. Er klopfte sich auf die Brust. »Ich war es! Ich habe einen jämmerlichen Loser in einen Spitzensportler verwandelt! Dafür werde ich bezahlt. Und ich kann das für jeden von euch tun!«
Als wir den Unterricht verließen, sagte Ferdinand: »Mann – mir war nie klar, dass Mr Lomux so ein guter Lehrer ist.«
In Englisch sagte Mrs Otranto: »In Gemeinschaftskunde haben wir heute Morgen etwas über Nathan Hale erfahren. Ich möchte, dass ihr darüber nachdenkt, was er geleistet hat. Dann möchte ich, dass ihr euch ein paar Stichpunkte für einen Aufsatz notiert. Das Thema ist ›Was bedeutet es, sich für einen anderen aufzuopfern?‹«
Darüber wusste ich zwar schon etwas. Meine Erfahrung war aber keine von denen, die man schriftlich festhalten will. Es war etwas, das ich noch mal fühlen wollte. Letztendlich verwendete ich einfach einige Beispiele aus Gemeinschaftskunde,
Weitere Kostenlose Bücher