Hier kommt Hoeneß!
telefonieren. Hoeneß am Nachmittag: weiter telefonieren. Ein Festnetzmanager – heute kaum mehr vorstellbar, dass er nur an seinem Schreibtisch erreichbar war. Im Büro und zu Hause hatte Hoeneß Geheimapparate, die Gebühren übernahm der Verein. Und so einsam wie am ersten Tag war es dann recht bald doch nicht mehr. Zeitweise musste er sich sogar ein Büro mit Präsident Hoffmann teilen, dazu wurde einfach ein zweiter Schreibtisch in das Zimmer gestellt. Von dort aus organisierte er dann die Busfahrten oder Flüge zu den Auswärtsspielen, dazu die Hotels, die Privatspiele – solche Sachen eben. Alles eine Frage der Organisation. Und des Geldes.
Als Hoeneß sein neues Berufsleben startete, machte der Verein zwölf Millionen DM Umsatz, der Schuldenstand betrug sieben Millionen DM. Zum Vergleich: In der letzten Saison 2008/09 wurden rund 300 Millionen Euro Umsatz verzeichnet, allein beim Fanartikel-Geschäft bis zu 45 Millionen Euro. Abgesehen davon, liegen auf dem Festgeldkonto genug Argumente für eine sorgenfreie Zukunft.
Wie zur Begrüßung besuchte in den ersten Wochen von Hoeneß’ neuer Tätigkeit eine Abordnung der Steuerfahndung die Büros an der Säbener Straße. Der Neue gewährte ihnen Einsicht in die Bücher des Vereins. Das Problem war allerdings, dass seine Vorgänger über Jahre hinweg größere Summen als Spesen für die Spieler abgeschrieben hatten. Es wurde daher ein Besuch mit Schrecken – denn laut Finanzamt kamen Steuernachzahlungen in Höhe von 2,5 Millionen Mark auf den Verein zu. Expräsident Neudecker soll gewusst haben, was dem Verein da blühen würde. Er hatte gespürt, dass möglicherweise alles den Bach runterginge. Er selbst und Schwan mussten dann auch mehrere Hunderttausend Mark an Bußgeldern berappen. Im Nachhinein glaubt Hoeneß, dass Neudecker wohl vorhatte, ihn als Jungmanager zu verheizen. Ein unschöner Beigeschmack!
Für Hoeneß stand nun absolut im Vordergrund, den Verein zu sanieren, die Schulden abzubauen. In der Saison 1978/79 schwankten die Zuschauerzahlen extrem. Mal waren die Plätze komplett belegt, mal kamen nur etwas mehr als 10 000 Fans in das riesige Olympiastadion. Die Ticketerlöse machten damals einen beträchtlichen Teil, nämlich rund 85 Prozent der Gesamteinnahmen, aus, heutzutage sind es noch rund 18 Prozent.
Für lächerliche 8000 DM oder sogar weniger Honorar waren die Bayern zu haben. Das war der Tarif, um die Mannschaft mit allen Stars – viele davon waren verdiente Europacupsieger – für ein Freundschaftsspiel zu buchen. Hoeneß ließ die Mannschaft weiter über die Dörfer tingeln, schraubte aber bald nach Amtsantritt die Testspielgage auf mindestens 20 000 DM hoch und legte eine Garantiesumme fest. Die Billig-Bayern sollten bald Vergangenheit sein.
Um die Finanzen stand es so schlecht, dass man sich bei jeder Investition ganz genau überlegen musste, ob sie wirklich notwendig war – etwa als der Kauf von sechs Bäumen auf dem Trainingsgelände anstand. »Da haben wir diskutiert, ob wir uns diese 20 000 Mark leisten können«, sagt Hoeneß im Rückblick und wiederholt noch einmal mit nicht gespielter Fassungslosigkeit: »Wegen 20 000 Mark!«
Hoeneß musste innovativ sein, erfinderisch. Und das war er, im Kleinen wie im Großen. Er dachte eben immer den einen Schritt voraus: Wenn andere Spieler umständlich Autogramme auf Hemden, Trikots, Fotos oder Servietten gaben, zog Hoeneß ganz cool eine bereits unterschriebene Autogrammkarte aus dem Sakko, er war eben vorbereitet. Keine Frage, er lebte die Geschäftstüchtigkeit seiner Eltern weiter, unermüdlich, obwohl er Neuland betrat.
Sponsoring? Merchandising? Alles Fremdwörter in jenen Tagen. Geldgeber mussten her, doch in Zeiten der sportlichen Krise waren die Unternehmen skeptisch, was die Entwicklung des FC Bayern betraf. Noch dazu mit einem 27-jährigen Manager. Sponsoring in eigener Sache war Hoeneß dagegen ein Begriff. Als Spieler hatte er Werbung für Bausparkassen und Eiscreme, für Banken und Margarine gemacht. »Er war der erste Spieler seiner Zeit, der nebenbei schon Geschäftsmann war. All die Kontakte zu Prominenten und in die Wirtschaft hat er für seine Zwecke ausgenutzt«, erinnert sich Katsche Schwarzenbeck. Und Sepp Maier: »Wir haben uns damals immer gesagt: Der Uli wird Manager. Er hatte sich immer schon mit dem ganzen geschäftlichen Zeugs beschäftigt, er hat auch vieles im Mannschaftskreis organisiert.« Wie in der Schule mit den großen Partys, so nun im Job.
Der
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