Hier und jetzt und Himbeerkuchen: Roman (German Edition)
Stirn.
»Guten Morgen. Setz dich doch!«, sagt er und legt seinen Kugelschreiber aus der Hand.
»Danke. Ich stehe lieber. Ich werde heute Nachmittag einige Überstunden abbummeln. Ich muss mir dringend ein paar Wohnungen ansehen.«
Bruno zieht die Augenbrauen hoch, will spontan etwas sagen, lässt es aber dann. Er sieht für einige Augenblicke sehr nachdenklich aus.
»Sicher. Kein Problem.« Er macht eine kleine Pause. »Du kannst dich aber wirklich gerne setzen, Iris«, fügt er hinzu und lächelt einladend.
Seit unserem Streit wegen Niklas habe ich keine Lust, mit ihm zu plaudern – nicht, wenn ich damit rechnen muss, dass er mir wieder unverschämte Ratschläge gibt.
»Nein, danke. Das mit den Überstunden ist ja geklärt«, sage ich. »Ich muss zurück an die Arbeit.«
»Ach, Iris …«, sagt Bruno und seufzt. »Vielleicht sollten wir uns wieder vertragen, auch wenn wir in Bezug auf diesen Niklas unterschiedlicher Meinung sind.«
»In Ordnung«, sage ich ohne großen Enthusiasmus.
Bruno soll bloß nicht denken, ich sei auch nur einen Millimeter von meiner Meinung über Niklas abgerückt.
»Schön, dass wir wieder Freunde sind«, sagt Bruno unsicher und räuspert sich. »Ich brauche nämlich deinen Rat, Iris.«
»Ja?«
»Jaaa!« Bruno wimmert fast und macht plötzlich ein furchtbar verzweifeltes Gesicht.
Mein Gott!
Ich lasse mich auf dem Besucherstuhl vor seinem Tisch nieder.
»Was ist denn los ?«, frage ich.
»Ach, ich weiß nicht mehr ein noch aus«, stöhnt Bruno. »Ich habe wirklich alles versucht, um Felix von dieser Verlobung abzubringen! Alles. Und jetzt, jetzt weigert er sich, ein weiteres Wort mit mir über das Thema zu wechseln. Was soll ich nur tun, Iris?«
Ich frage lieber erst gar nicht, was Bruno schon alles versucht hat.
»Oje«, sage ich und merke, dass ich es ausgesprochen bedauerlich finde, dass er keinen Erfolg hatte. »Ich kann völlig verstehen, dass du gegen diese Verlobung bist, Bruno. Und dir große Sorgen um Felix machst. Diese Frau passt einfach nicht zu ihm!«
Bruno blickt mich hoffnungsvoll an.
»Ah! Du findest das also auch!«, ruft er. »Du findest auch, sie ist viel zu, zu, …«
»Zu unreif für Felix«, falle ich ihm ins Wort.
»Genau«, empört sich Bruno. »Diese Melanie ist viel zu unreif für Felix! Viel zu kindisch! Dass er das nicht merkt.«
»Ja«, empöre ich mich. »Dass er das nicht merkt.«
Bruno nickt grimmig.
Dann schaut er mit einmal wie eines der Kinder auf den Plakaten der Welthungerhilfe.
»Ich dachte, du könntest mal mit ihm reden, Iris«, sagt er leise.
»Was, ich?«, rufe ich. »Mit ihm reden?«
Bruno hat doch nur gesagt, er brauche meinen Rat.
»Ja, sicher«, antwortet er. »Auf dich hört er schließlich.«
»Auf mich?«, sage ich.
»Ja«, sagt Bruno ganz verwundert. »Ist dir das noch nicht aufgefallen?«
»Nein«, sage ich.
»Doch, doch. Felix hält ganz große Stücke auf dich!«
Ich schlucke. So abwegig sind Brunos Behauptungen nun auch wieder nicht – immerhin hat Felix mir ja auch schon eine Liebeserklärung gemacht.
»Ich weiß nicht. Was soll ich ihm denn überhaupt sagen?«
»Ganz einfach. Du musst ihm sagen, was du von dieser Melanie hältst. Das wird er sich zu Herzen nehmen. Bestimmt.«
»Hm.« Ich bin skeptisch.
»Du musst mit ihm sprechen, Iris. Stell dir vor, die beiden heiraten spon taaan !« Er verzieht gequält sein Gesicht. »Du willst doch auch nicht, dass Felix in sein Unglück rennt!«
Natürlich will ich das nicht.
Dass Felix aber auch so unglaublich blind ist für die Macken dieser Frau.
»Also gut.« Ich hole tief Luft. »Ich werde mit ihm sprechen.«
»Wunderbar!« Bruno scheint zu glauben, damit sei Melanie so gut wie sicher Vergangenheit.
»Versprich dir bitte nicht zu viel davon, Bruno. Ich weiß nicht, ob ich irgendetwas ausrichten kann. Und ob Felix überhaupt mit mir reden wird.«
So merkwürdig wie er sich neuerdings mir gegenüber verhält.
»Aber sicher wird er das.« Bruno ist sich seiner Sache sicher. Er überlegt kurz. »Hm, eigentlich wollte ich dich heute zum Abendessen einladen, damit du mit ihm reden kannst. Aber du hast ja schon etwas vor, wie du sagst. Wie wäre es also mit morgen Abend?«
»Äh.« Die Vorstellung, einen ganzen Abend mit den Felds zu verbringen, scheint mir nicht gerade verlockend.
»Ich könnte den Hackfleisch-Kartoffel-Auflauf machen, zu dem du mir mal das Rezept gegeben hast, Iris.«
Den absolut idiotensicheren, ergänze ich im Stillen.
Der
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