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Hier und jetzt und Himbeerkuchen: Roman (German Edition)

Hier und jetzt und Himbeerkuchen: Roman (German Edition)

Titel: Hier und jetzt und Himbeerkuchen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agnes Nelle
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verständnisvoll Niklas mit seinen Eltern umgeht. Wie schafft er das bloß?
    »Na ja.« Ich muss mir die Worte regelrecht abringen. »Ein Stück weit kann man es schon verstehen. Sicherlich.«
    »Sie können doch einfach zu uns stoßen, Iris. Was denkst du?«
    Mein Atem geht so schwer, dass ich nicht antworten kann, und kalter Schweiß perlt auf meiner Stirn.
    »Iris?«
    »Ja?«
    Herrgott, habe ich gerade so was wie panische Angst vor den Nienabers? Ärgerlich schüttle ich den Kopf. Das ist doch lächerlich! Schließlich bin ich eine erwachsene Frau.
    »Wir können uns erst mal alles ohne meine Eltern ansehen, und dann noch mal kurz mit ihnen gemeinsam«, sagt Niklas – als seien die ganz nette, normale Leute.
    Ein gequältes Schnaufen dringt aus meinem Mund, ehe ich es verhindern kann.
    »Iris, ich weiß ja, dass du meine Eltern nicht magst.« Niklas klingt, als spräche er mit einem Kind.
    Erschrocken schnappe ich nach Luft.
    Nein! Wenn Niklas das wirklich denkt, dann kann es doch mit ihm und mir nie was werden! Ich muss meine alberne Angst in den Griff kriegen. Und zwar schleunigst.
    Die Nienabers sind doch keine Monster.
    »Das … das kann man so nicht sagen, dass ich sie nicht mag«, versichere ich und grabe fieberhaft nach einer rettenden Idee.
    Habe ich nicht mal irgendwo gelesen, dass man immer genau dahin gehen soll, wo die Angst ist, wenn man sie loswerden will? Gut möglich, dass das nur eine dieser fragwürdigen Lebensweisheiten war, die man auf Abreißkalendern oder in der Apotheken-Zeitung findet – aber im Augenblick fällt mir nichts Besseres ein.
    »Ich, ich habe deine Eltern bisher ja nur von einer Seite kennengelernt, Niklas«, sage ich entschlossen, mich den Nienabers zwecks Angstüberwindung zu stellen. »Ich bin mir sicher, dass sie noch andere Seiten haben. Seiten, die ich bestimmt mögen werde.«
    Ach, es kann doch auch gar nicht anders sein! Jeder hat noch andere Seiten.
    »Ja«, sagt Niklas nachdenklich. »Ja, ich bin mir sicher, dass du Seiten an ihnen entdecken kannst, die du magst. Wenn du nur bewusst nach ihnen Ausschau hältst.«
    Wenn ich nur bewusst nach ihnen Ausschau halte?
    Das klingt ja, als sei es meine Schuld, dass ich noch keine dieser Seiten an ihnen entdeckt habe – aber vielleicht will Niklas mir auch nur zu verstehen geben, dass ich seinen Eltern eine Chance geben soll.
    »Das will ich gerne tun«, sage ich.
    »Sehr gut. Ich hätte, ehrlich gesagt, auch nichts anderes von dir erwartet, Iris. Du bist einfach nicht der Mensch, der nur das Schlechte in anderen sehen will. Dafür bist du viel zu klug … und zu großherzig.«
    »Hm.« Woher kommt nur dieser dicke Kloß in meinem Hals?
    Unglaublich, wie Niklas es immer schafft, mir zu zeigen, dass ich wohl doch jemand Besonderes bin.
    »Ich habe bis halb eins zu tun«, sagt Niklas. »Wir treffen uns am besten bei mir zu Hause. Von dort können wir gemeinsam das kurze Stück bis zum Neubaugebiet laufen.«
    Bei ihm zu Hause. Ich schlucke.
    »Du kannst draußen auf mich warten.«
    Draußen. Ich atme ein wenig auf. Das dürfte doch kein Problem sein.
    »Gut. Ich bin um halb eins da«, sage ich.
    »Prima! Bis dann!« Niklas legt auf.
    Erschöpft lasse ich mich in meinen Bürostuhl sinken. Das Telefonat war anstrengend.
    Ich atme tief durch.
    Okay, bevor ich mir meinen Bürokaffee aufsetze, werde ich rasch zu Bruno gehen und den freien Nachmittag bei ihm anmelden. Ich werde ihm sagen, dass ich die Zeit dringend zur Wohnungssuche brauche. Für nichts anderes werde ich sie schließlich nutzen.
    Im Hinausgehen hänge ich meine Handtasche auf, die mir mit einmal in ihrem Vernunft-Braun so fade vorkommt, dass ich sie am liebsten in den Mülleimer neben dem Schreibtisch stopfen möchte. Wie die Schnappschüsse von Jörg.
    Brunos Büro liegt am anderen Ende des langen, trostlosen Flures, und plötzlich nagt die Frage an mir, ob nicht auch dieses öde Arbeitsambiente dazu beigetragen hat, dass ich jahrelang kein bisschen forsch war.
    Vielleicht brauche ich auch in dieser Hinsicht Veränderung.
    Gedankenverloren klopfe ich bei Bruno.
    »Herein!«, höre ich ihn laut dröhnen.
    Lächerlich, wie er sich ständig abmüht, Autorität zu verströmen.
    Ich rolle mit den Augen.
    Dann öffne ich die Tür und stecke nicht wie sonst lächelnd meinen Kopf in sein Zimmer, sondern schreite schnurstracks zum Schreibtisch meines Vorgesetzten.
    »Guten Morgen, Bruno!«, sage ich und bleibe stehen, so dass er zu mir hochschauen muss.
    Bruno runzelt die

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