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High Fidelity (German Edition)

High Fidelity (German Edition)

Titel: High Fidelity (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Hornby
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unterwegs ist, eine halbe Weltreise nicht scheut , um mich zu treffen, ein bißchen aufgedonnert vielleicht, vielleicht stärker geschminkt als üblich, vielleicht sogar etwas nervös. Als ich jünger war, versetzte mich schon das Bewußtsein, daß ich für irgend etwas davon, und sei es für die Busfahrt, die Ursache war, in lächerliche Glückseligkeit. Wenn man fest mit jemandem zusammen ist, erlebt man das nicht: Wenn Laura mich sehen wollte, mußte sie nur den Kopf wenden oder vom Badezimmer ins Schlafzimmer gehen, und für diesen Weg hat sie sich nie extra schick gemacht. Und wenn sie nach Hause kam, dann kam sie nach Hause, weil sie in meiner Wohnung lebte, nicht weil wir ein Liebespaar waren, und wenn wir ausgingen, machte sie sich manchmal schick und manchmal nicht, je nachdem, wo wir hingingen, aber es hatte auf jeden Fall nichts mit mir zu tun. Wie auch immer, ich will damit nur sagen, daß diese Frau, die ich durchs Taxifenster sah, mich vorübergehend inspirierte und tröstete: Vielleicht bin ich noch nicht zu alt, um Anlaß für eine Fahrt vom einen Ende von London ans andere zu werden, und sollte ich je wieder eine Verabredung haben und als Treffpunkt, sagen wir, Islington abmachen, und sie müßte den ganzen Weg von Stoke Newington kommen, eine Fahrt von gut drei, vier Meilen, dann würde ich aus der tiefsten Tiefe meines unglücklichen, fünfunddreißigjährigen Herzens dafür danken.
    Laura bezahlt den Taxifahrer, und ich schließe die Haustür auf, knipse das Flurlicht an und führe sie hinein. Sie bleibt stehen und sieht die Post auf der Fensterbank durch. Die Macht der Gewohnheit eben, denke ich, aber sie bringt sich sofort in Verlegenheit: Als sie die Umschläge durchsieht, stößt sie auf Ians Fernsehgebührenmahnung, und sie zögert, nur für eine Sekunde, aber lange genug, um mir auch die letzte Spur eines Zweifels zu nehmen, und ich fühle mich elend.
    »Du kannst sie mitnehmen, wenn du willst«, sage ich, aber ich kann sie nicht ansehen, und sie sieht mich nicht an. »Erspar's mir, sie nachsenden zu müssen.« Aber sie legt sie einfach zurück in den Stapel und dann den Stapel zurück zwischen Werbezettel von Taxi und Pizza-Blitz und geht die Treppe hoch.
    Als wir die Wohnung betreten, finde ich es merkwürdig, sie hier drin zu sehen. Aber besonders seltsam ist es, wie sie versucht, all das zu vermeiden, was sie früher zu tun pflegte – man sieht richtig, wie sie sich kontrolliert. Sie zieht ihren Mantel aus, sie warf ihn gewöhnlich über einen der Stühle, aber das will sie heute abend nicht tun. Sie steht da und hält ihn für einen Moment in der Hand, und ich nehme ihn ihr ab und werfe ihn über einen der Stühle. Sie geht in Richtung Küche, um den Wasserkessel aufzusetzen oder um sich ein Glas Wein einzuschenken, und ich frage sie, höflich, ob sie eine Tasse Tee möchte, und sie fragt mich, höflich, ob es auch etwas Stärkeres gäbe, und als ich feststelle, daß noch eine halbvolle Flasche Wein im Kühlschrank ist, bringt sie es fertig, nicht darauf hinzuweisen, daß es eine volle war, als sie ging, und daß sie sie gekauft hat. Egal, sie gehört ihr nicht mehr, oder es ist eine andere Flasche, oder was auch immer. Und als sie sich setzt, zieht sie den Sessel neben der Stereoanlage – meinen Sessel – dem neben dem Fernseher – ihrem Sessel vor.
    »Hast du es schon gemacht?« Sie weist mit dem Kopf auf die Schallplattenregale.
    »Was?« Natürlich weiß ich, was.
    »Die Große Neuordnung.« Ich kann die Großbuchstaben hören.
    »Oh. Ja. Neulich abends.« Ich will ihr nicht erzählen, daß ich es gleich an dem Abend gemacht habe, nachdem sie mich verlassen hat, ernte aber doch ein irritierendes Sieh-mal-einer-an-Lächeln von ihr.
    »Was?« frage ich. »Was soll das schon wieder heißen?«
    »Nichts. Nur, du weißt schon. Hast keine Zeit verloren.«
    »Meinst du nicht, es gibt Wichtigeres zu besprechen als meine Plattensammlung?«
    »Doch, das denke ich, Rob. Das habe ich schon immer gedacht.«
    Ich sollte eigentlich hier der moralische Gipfelstürmer sein (sie ist schließlich diejenige, die mit dem Nachbarn schläft), aber ich komme nicht mal aus dem Basiscamp.
    »Wo bist du letzte Woche gewesen?«
    »Ich denke, das weißt du«, sagt sie ruhig.
    »Ich mußte allerdings selbst dahinterkommen, was?«
    Ich fühle mich wieder elend, richtig elend. Ich weiß nicht, wie sich das in meiner Miene spiegelt, aber plötzlich lassen Laura die Nerven im Stich: Sie sieht müde aus und

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