High Fidelity (German Edition)
besser als was?«
»Na ja. Sex, mein' ich. Ist der Sex mit ihm besser?«
»Mein Gott, Rob. Ist es wirklich das, was dich beschäftigt?«
»Natürlich.«
»Du glaubst wirklich, das würde eine Rolle spielen?«
»Ich weiß nicht.« Und das stimmt.
»Na schön, und die Antwort ist: ich auch nicht. Bis jetzt haben wir es noch nicht gemacht.«
Jau!
»Nie?«
»Nein. Mir war nicht danach.«
»Noch nicht mal vorher, als er noch oben wohnte?«
»Oh, besten Dank. Nein. Ich war damals mit dir zusammen, erinnerst du dich?«
Ich fühle mich ein wenig verlegen und sage nichts.
»Wir haben zusammen geschlafen, aber nicht miteinander. Bis jetzt nicht. Aber eins kann ich dir verraten. Das Zusammenschlafen ist besser.«
Ja! Ja! Das sind phantastische Nachrichten. Die Stunde von Mr. Sixty-Minute-Man hat bisher noch nicht geschlagen. Ich küsse sie auf die Wange und gehe in den Pub, um Dick und Barry zu treffen. Ich fühle mich wie ein neuer Mensch, wenn auch nicht direkt wie der Neue Mann. Mir geht es sogar so viel besser, daß ich schnurstracks losgehe und mit Marie schlafe.
F AKT: Über drei Millionen Männer in diesem Land haben mit zehn oder mehr Frauen geschlafen. Und sehen die alle wie Richard Gere aus? Sind sie so reich wie Krösus, so charmant wie Clark Gable, so übertrieben gut bestückt wie Errol Flynn, so geistreich wie Clive James › Anmerkung ? Nee. Nichts von alldem ist ausschlaggebend. Vielleicht hat ein halbes Dutzend dieser drei Millionen die eine oder andere dieser Eigenschaften, aber dann bleiben immer noch … tja, drei Millionen, plus-minus ein halbes Dutzend. Und das sind ganz normale Kerle. Wir sind ganz normale Kerle, denn ich, selbst ich, bin Mitglied des exklusiven Dreimillionen-Clubs. Zehn ist nicht viel, wenn man ledig und Mitte Dreißig ist. Zehn Partnerinnen in fast zwei Jahrzehnten sexueller Aktivität ist im Gegenteil eher schwach, wenn man darüber nachdenkt: eine Partnerin alle zwei Jahre; und wenn eine von diesen Partnerinnen ein One-night-stand war, und dieser One-night-stand mitten in eine zweijährige Dürreperiode fiel, hat man nicht gerade ein Problem, aber es macht einen auch kaum zum Deckhengst Nummer eins in seinem Zustellbezirk. Zehn ist nicht viel, nicht für den Junggesellen um die Dreißig. So gesehen ist auch zwanzig nicht viel. Irgendwas über dreißig, schätze ich, berechtigt einen, sich in der Oprah-Winfrey-Show über Promiskuität auszulassen.
Marie ist meine siebzehnte Frau. »Wie schafft er das?« werdet ihr euch fragen. »Er trägt scheußliche Pullover, er quält seine Exfreundin, er ist grantig, er ist pleite, er hängt mit zwei unzertrennlichen Musikmonomanen rum und schafft es doch, mit einer amerikanischen Plattenkünstlerin ins Bett zu gehen, die wie Susan Dey aussieht. Was geht hier vor?«
Nun wollen wir erst mal nicht übertreiben. Ja, sie ist Plattenkünstlerin, aber sie ist bei einem Label in Blackpool, das sich selbstironisch Hit Records nennt und hat die Sorte von Plattenvertrag, bei der man seine eigenen Tapes in der Pause der eigenen Show in Londons berühmtem Nachtclub Sir Harry Lauder verkauft. Und wie ich Susan Dey kenne, und nach einer Beziehung von über zwanzig Jahren glaube ich sie zu kennen, schätze ich, sie würde als erste zugeben, daß auszusehen wie Susan Dey in LA Law nicht das gleiche ist, wie – sagen wir – wie Vivien Leigh in Vom Winde verweht auszusehen.
Aber trotzdem, selbst dann, ist die Nacht mit Marie mein großer sexueller Triumph, mein fickus mirabilis. Und wißt ihr, wie es dazu kam? Weil ich Fragen stelle. Das ist es. Das ist mein Geheimnis. Wenn jemand wissen will, wie man siebzehn Frauen aufreißt, eher mehr, nicht weniger, würde ich ihm eins verraten: Fragen stellen. Es funktioniert bestens, denn genau so soll man es nicht machen, wenn man dem männlichen Kollektivwissen glaubt. Es laufen immer noch genügend altmodische, großmäulige, eingebildete Egomanen herum, um einen wie mich erfrischend anders wirken zu lassen; Marie erwähnte im Laufe des Abends so etwas mir gegenüber …
Ich hatte keine Ahnung, daß Marie und T-Bone mit Dick und Barry im Pub sein würden, die ihnen offensichtlich einen echt englischen Ausgehabend versprochen haben – Pub, Curry, Nachtbus mit allem Drum und Dran. Aber ich bin wirklich froh, sie zu sehen, beide. Ich bin nach dem Triumph mit Laura so richtig in Hochform, und wenn man mich, wie Marie, immer nur wortkarg und mürrisch erlebt hat, kann man nur staunen, was mit mir
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