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High - Genial unterwegs an Berg und Fels

High - Genial unterwegs an Berg und Fels

Titel: High - Genial unterwegs an Berg und Fels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Lama
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gerade genauso elend wie ich. Ich trank Tee, um mich zu erholen, aber ich war schwach und wacklig. Wenn man bei der Lead-WM irgendetwas nicht sein sollte, dann schwach und wacklig.
    Am Morgen des Halbfinales rief mich Peter aus Imst an und sagte: »Du schaffst das, Fuzzy. Scheiß dich nix.«
    Leicht gesagt, Peter.
    Ich ging ins Halbfinale, kletterte wie der erste Mensch und hatte ein Riesenglück. Einige ganz starke Konkur renten, die mich unter normalen Umständen an diesem Nachmittag deklassiert hätten, flogen schon nach vier, fünf Metern aus der Wand. Ich schaffte die Qualifikation fürs Finale auf dem siebenten und vorletzten Platz.
    Als ich zum Finale aufgerufen wurde, beschloss ich, nicht mehr krank zu sein. Mein Körper wusste zwar nichts davon, aber mein Kopf meinte es so ernst, dass der Körper einfach mitmachen musste. Ich ging ans Eingemachte, an die Reserven, die du nur mobilisierst, wenn sie wirklich nötig sind. Mir war egal, ob ich mich überanstrengte, ob ich halbtot von der Wand fallen und für ein paar Wochen außer Gefecht sein würde.
    Ich wollte gewinnen.
    Dafür war ich nach China gereist, in diese furchtbare, gesichtslose Stadt.
    Ich kletterte besser, als ich oft gesund geklettert war, und ging erst zwei Griffe vor dem Topgriff ab.
    Dritter Platz, Bronzemedaille.
    Patxi Usobiaga war Weltmeister, Adam Ondra Zweiter.
    Ich war happy, und ich freute mich für Patxi, der schon dreimal bei Weltmeisterschaften Zweiter geworden war. Aber statt mit ihm zu feiern, ging ich erst mal aufs Klo.

Zweiundzwanzig
    Als wir aus China zurückgekommen waren, erholten Jorg und ich uns, indem wir in die Martinswand einstiegen. Die Martinswand ist der südwestliche Abschluss des Karwendelgebirges. Wir wollten die Schlüssellänge der Route »Das Dach« versuchen.
    Am selben Abend fand die Ehrung der WM-Teilnehmer statt, deshalb planten Jorg und ich eine Stunde früher abzuseilen. Passenderweise blieb das Seil beim Abziehen hängen, und im selben Augenblick begann es zu regnen, so dass wir völlig durchnässt und dreckig unten ankamen, zum Auto rannten und direkt in die Stadt fuhren, wo die Honoratioren mit den Plaketten für die vorbildlichen Tiroler Sportler warteten. Natürlich hatte ich keine Kleider zum Wechseln im Auto, und ich kam nicht nur zu spät, sondern gab insgesamt eine wenig preiswürdige Erscheinung ab. Mein Wet-and-Dreck-Look hatte freilich auch Vorteile. Am Buffet konnte ich mich mutterseelenallein bedienen, weil alle in ihren Sonntagskleidern Abstand hielten.
    Tags darauf fuhren Jorg, Katharina, ihre Schwester Franziska, deren Freund Giggo und ich nach Arco hinunter. Am Wochenende stand in Chamonix der erste Lead-Weltcup des Jahres auf dem Programm. Jorg und ich wollten uns vorher noch einmal den Monte Brento anschauen, unser großes Projekt. Die stark überhängende Wand ist fast 1000 Meter hoch, und durch die Mitte führte noch keine frei gekletterte Route. Wir hatten das Projekt bereits im Vorjahr begonnen und wollten die oberen Längen ein bisschen genauer unter die Lupe nehmen.
    Sonne, schönes Klettern, nette Leute.
    Perfekte Sommertage.
    Am nächsten Tag brachen Jorg und ich nach Chamonix auf. Wir nahmen die Straße durch das Aostatal, und als wir auf der Autobahn aus dem Fenster schauten, fiel uns eine Wand auf. Sie sah nett aus. Das Wetter war schön. Wir hatten eh noch Zeit, also fuhren wir bei der nächsten Gelegenheit raus, kauften uns am Straßenrand noch die blödesten Sonnenbrillen, die wir kriegen konnten, und kletterten dann eine geniale 400-Meter-Route. Fünfter, sechster Grad, Sonne, schöner geht’s gar nicht. Oben posierten wir als Blues Brothers. Dann seilten wir uns ab und fuhren weiter nach Chamonix.
    Im Auto bekräftigten wir, dass wir nach dem Wettkampf in Chamonix bleiben würden, um die Petit Dru zu versuchen. Die Dru hatten wir immer schon einmal klettern wollen: eine wunderschöne Nadel aus Granit, 3733 Meter hoch, eine herausfordernde Silhouette, rund zwanzig Kilometer von der Schweizer Grenze entfernt in den französischen Alpen.
    Ich hatte dafür vier Tage Zeit. Dann musste ich weiter nach Zürich, um von dort zum Mammut-Teamtrip nach Kirgistan zu fliegen.
    Der Wettkampf lief gut. Ich war entspannt, ausgeruht und gut drauf und nahm den Schwung der Weltmeisterschaft mit in den Weltcup. Leider war Patxi Usobiaga genauso gut in Form wie in China. Er gewann nach der WM auch noch den Weltcup in Chamonix, während ich wie in China Dritter wurde.
    Den ersten Tag nach dem

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