Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

High Heels und Gummistiefel

Titel: High Heels und Gummistiefel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Zagha
Vom Netzwerk:
ab. »Ich kann nicht verstehen, wieso jemand seine ganze Zeit damit verbringen möchte, über irgendwelchen verstaubten alten Papieren zu brüten. Ich persönlich bin viel lieber draußen an der frischen Luft.«
    Tom hatte geistesabwesend in Isabelles Richtung geblickt. Jetzt wandte er sich an seine Nachbarin. »Wenn das so ist, dann kannst
du vielleicht Kaffee für uns alle machen, während ich mit Isabelle auf den Dachboden gehe. Du weißt ja, wo alles ist, nicht wahr?«
    »Ja, aber...«
    »Oh, vielen Dank. Du bist wirklich ein toller Gast.«
    Isabelle folgte Tom die Treppe hinauf ins Obergeschoss. Ihr Körper erinnerte sich ganz deutlich daran, dass sich hier sein Schlafzimmer befand. Ihr Verstand konzentrierte sich entschlossen auf die unmittelbare Nähe der Manuskripte.
    »Hier«, sagte Tom und öffnete eine schmale Tür am anderen Ende des Flurs. »Ich gehe vor – und erwische dabei hoffentlich ein paar von den Spinnweben.«
    Isabelle folgte ihm eine enge Wendeltreppe hinauf und trat hinter Tom in einen geräumigen Dachboden voller Gerümpel.
    »Augenblick, bleib, wo du bist. Ich weiß genau, dass es hier irgendwo einen Lichtschalter gibt.«
    Das Licht ging an und beleuchtete ein überwältigendes Durcheinander aus Reisekoffern, zerlegten Möbeln und leeren Bilderrahmen sowie unzähligen Pappkartons.
    »Da drüben sind zumindest ein paar von Merediths Unterlagen, glaube ich. Ich weiß noch, wie ich Dad geholfen habe, sie aus ihrem Zimmer zu räumen.«
    Die Kartons, die Tom meinte, standen auf einem Bett, dessen durchhängende Matratze von ein paar geringelten Metallfedern durchbohrt wurde. Als Tom den ersten öffnete, machte Isabelle Anstalten, sich auf die Matratze zu knien, um ihm über die Schulter zu schauen.
    »Bleib bloß von dem Ding weg, Isabelle, das ist gemeingefährlich.« Er zog einen Stapel Papier hervor und reichte ihn ihr.
    »Oh. Das sieht aus wie... Rechnungen«, stieß Isabelle enttäuscht hervor.
    »Ja, du hast recht. Historisch nicht uninteressant, wenn du über
die Haushaltsführung in den Dreißigerjahren schreiben würdest, aber möglicherweise nicht von großem literarischem Wert. Sollen wir’s mit dem anderen Karton versuchen?«
    »Ja, bitte.«
    Der andere Karton war voller vergilbter Zeitungen.
    »Weißt du, ich glaube, die gehören Dad«, meinte Tom nachdenklich. »Er hat immer Zeitungen gehortet, weil er gedacht hat, irgendwann kommt er dazu, sie zu lesen.«
    »Die Manuskripte könnten überall sein«, sagte Isabelle und sah sich ein wenig entmutigt um.
    »Das ist nur allzu wahr. Wir müssten den ganzen Boden absuchen und dabei methodisch vorgehen, aber ich glaube, dafür würden wir mehr Zeit brauchen, als wir heute haben. Gehen wir nach unten.«
    Tom machte das Licht aus und ging zur Treppe zurück, dicht gefolgt von Isabelle. Als sie sich an den Abstieg machte, blieb einer ihrer schmalen, halbhohen Absätze zwischen zwei Bodendielen stecken. Sie versuchte, sich mit einem Ruck loszumachen, doch ihr Fuß rutschte aus dem festsitzenden Schuh heraus; sie verlor den Boden unter den Füßen und schoss hinter Tom die Treppe hinunter, der, von ihrem Entsetzensschrei aufgeschreckt, sich gerade noch rechtzeitig umdrehte, um sie in seinen Armen aufzufangen und den Aufprall ihres Körpers zu dämpfen, indem er mit seinem eigenen ziemlich heftig gegen die Wand rumpelte.
    »Ich hab dich«, versicherte er ihr und klang ein wenig atemlos, als sie eng ineinanderverschlungen in sitzender Stellung auf die Treppe sackten.
    Als sie seinen Atem auf ihrem Mund fühlte, überlegte Isabelle in einem Aufwallen verwirrter Sehnsucht, wie es wohl wäre, diesen Mann an jedem einzelnen Tag ihres Lebens zu küssen – wenn so etwas nur erlaubt wäre.

    »Danke«, sagte sie kühl und machte sich los. »Es tut mir so leid. Das war wirklich ungeschickt von mir.«
    »Weißt du«, erwiderte Tom und nahm seine Hände von ihren Schultern, »eigentlich ist niemand anmutiger als du, selbst beim Trepperunterfallen. Wenn du mir gestattest, dir ein kleines, völlig platonisches Kompliment zu machen.«
    »Ich hoffe, ich habe dir nicht allzu sehr wehgetan.«
    Tom rückte seine Brille zurecht und fuhr sich mit der Hand über die Brust. »Nein, nein, absolut nicht. Ich habe sowieso viel zu viele Rippen – die stehen dir alle zu Diensten. War ein bisschen wie Autoscooter-Fahren, hat nur viel mehr Spaß gemacht. Und vielleicht erinnerst du dich ja, dass etwas Ähnliches passiert ist, als wir uns zum ersten Mal begegnet sind –

Weitere Kostenlose Bücher