High Heels und Gummistiefel
sich Belladonna unverhofft.
»Ich weiß nicht, Bella. Hast du welche? Dann nichts wie raus damit. Obwohl, wenn ich’s recht bedenke, bin ich mir nicht so sicher, ob du die Richtige dafür bist.«
»Wieso?«
»Weil ich so meine Zweifel daran habe, dass du dich wirklich an die Szene gebunden fühlst.«
»Was fällt dir denn ein?«, schrie Belladonna und richtete sich zu ihrer vollen Größe auf. »Du weißt doch ganz genau , dass ich einen Teil von meinem Gehalt an den Bat Conservation Trust spende.«
»Oooh ja, super«, erwiderte Legend und klatschte im Zeitlupentempo Beifall, »aber davon rede ich gar nicht. Ich bin doch bestimmt nicht die Einzige, der sich die Haare sträuben, wenn du einen auf transsylvanischen Akzent machst.«
»Du weißt doch, ich habe rrrumänische Vorrrfahren.«
»Hast du nicht. Deine Mum und dein Dad sind aus Milton Keynes.«
»Also, entschuldige bitte, ich habe sehr wohl über alle meine früheren Leben nachgeforscht. Wenn du dir die Mühe machen würdest, es mal mit Regression zu versuchen, würdest du vielleicht auch was Interessantes über dich selbst rausfinden. Obwohl ich persönlich ja daran zweifle.«
»Legend hat nicht ganz unrecht«, bemerkte Ivy. »Du lebst echt in einer Fantasiewelt, Bella.«
»Schau dir zum Beispiel mich an«, fuhr Legend fort. »Gestern Nacht habe ich geträumt, ich wäre mit Robert Smith durchgebrannt, in einer goldenen Kutsche, aber ich weiß, dass das nicht wirklich passiert ist.«
»Was für ein cooler Traum«, meinte Jules mit abwesendem Blick.
»Wer ist denn Robert Smith?«, fragte Isabelle leise.
»Der Sänger einer Band namens ›The Cure‹«, flüsterte Chrissie zurück. »Ein ganz heißer Goth-Feger. Und außerdem«, fügte er bedeutsam hinzu, »hat er durchaus Ähnlichkeit mit Karloff.«
»Wo wir gerade so offen sind«, sagte Jules an Karloff gewandt. »Ich hab da ein Hühnchen mit dir zu rupfen, Kazza.«
»Ja?« Karloff sah gleichzeitig nervös und erfreut aus.
»Ich hab mir heute Morgen mal die Website von The Cove angeschaut, um zu sehen, wie du damit vorankommst.«
Karloff schluckte.
»Du hast diese Sepia-Fotos eingestellt, die, die wir letzten Sommer auf dem Friedhof von Highgate gemacht haben.«
»Doch nicht etwa die, auf denen wir so albern rumposen und auf dramatisch machen?«, wollte Belladonna wissen.
Jules nickte. »Genau die hat er eingestellt.«
»Aber die Bilder sind doch irgendwie ganz schön«, wandte Ivy ein.
»Mir gefallen sie ja auch«, gab Jules zu. Und tatsächlich hatte Isabelle ein paar der Fotos – einschließlich einer etwas beklemmenden
Nahaufnahme von Karloff mit grotesk verzerrtem Gesicht – an der Wand von Jules’ Schlafzimmer hängen sehen. »Aber ich dachte, wir wollten andere Bilder ins Netz stellen. Die ernsten, auf denen wir total cool und düster aussehen.«
»Ach ja«, murmelte Karloff geknickt.
»Jetzt ist es zu spät, die Fans haben bestimmt den völlig falschen Eindruck gekriegt.«
»Ist das denn wirklich so wichtig?«, fragte Ivy gelassen. »Letzten Endes sind wir doch trotzdem Goths. Wir sind fies und unheimlich. Das gehört zur Jobbeschreibung. Schaut mal im Handbuch nach.«
»Du musst gerade reden«, bemerkte Belladonna spitz.
»Was soll das denn heißen?«
»Das soll heißen, dass du dich auch nicht immer so gut in der Szene ausgekannt hast.«
Stumm funkelte Ivy sie an.
»Ich beziehe mich«, fuhr Belladonna heimlich fort, »auf deine heimliche Vorliebe für Pink.«
Wütend blickte Ivy sich in der Runde der Band um. »Wann hat einer von euch mich jemals Pink tragen sehen? Außer vielleicht als Farbtupfer, oder wenn’s sarkastisch gemeint war.«
Belladonna spitzte die Lippen und begutachtete ihre kurzen, schwarz lackierten Fingernägel.
»Das ist jetzt, Ivy. Ich rede von damals . In der Schule.«
Ein unbehagliches Schweigen entstand, während alle darüber nachsannen, wie sie als Teenager gewesen waren.
»Ivy«, sagte Belladonna unbarmherzig, »als ich dich kennengelernt habe, hattest du noch nie einen Stummfilm gesehen. Von Nosferatu hattest du noch nicht einmal gehört. Dein Lieblingsfilm war Pretty Woman. Ich musste bei dir ganz von vorn anfangen und dir alles beibringen.«
»Ach ja?«, gab Ivy zurück. »Du hattest blonde Strähnchen und hast stonewashed Jeans getragen, mit Stretch. Und was das Beibringen betrifft, da ist mir doch so, als wäre ich diejenige gewesen, die dir gezeigt hat, wie man sich richtig die Haare toupiert.«
»Du bist ja nur neidisch, weil
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