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High Heels und Gummistiefel

Titel: High Heels und Gummistiefel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Zagha
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wirklich gernhatte. Nicht schlecht nach ein paar wenigen Monaten in Frankreich.
    Als sie sich später fröhlich in dem riesigen viereckigen Speisesaal umblickte, sonnte Daisy sich in der Befriedigung, endlich ihr erstes richtiges Pariser Date genießen zu können. Und das lag ganz allein an Raoul. Denn selbst wenn Octave durch irgendein Wunder jemals eines Abends mit ihr hierhergekommen wäre, zweifelte Daisy nicht daran, dass die ernste Pracht dieses Restaurants aus der Jahrhundertwende – mit seinen großen Spiegeln, seiner polierten, verzierten Holztäfelung, seinen Kronleuchtern und seinen Scharen von bon-vivant -Gästen – für ihn eine unwiderstehliche Herausforderung dargestellt hätte, sich danebenzubenehmen.
    Raoul dagegen, dachte Daisy und musterte ihn anerkennend über den Tisch hinweg, fühlte sich im Umfeld einer belebten Pariser Brasserie eindeutig wohl. In seinem dunkelgrauen Anzug sah er sehr flott aus, zugleich aber auch ein wenig rebellisch und leicht verrucht – was damit zu tun hatte, dass er keine Krawatte trug und die üblichen Bartstoppeln und unordentlichen Haare hatte. Wirklich ungemein attraktiv. Daisy war von dem Selbstvertrauen beeindruckt gewesen, mit dem er einen Ecktisch verlangt hatte, von dem aus sie den ganzen Saal überblicken konnten. Außerdem hatte er sich dafür entschieden, lieber neben ihr auf der rotsamtenen Sitzbank Platz zu nehmen als ihr gegenüberzusitzen. Es war ziemlich romantisch.
    Als sie durch den von Stimmengewirr erfüllten Raum geschritten war, Raoul dicht hinter ihr, hatte Daisy das Gefühl gehabt, dass ihre Pariser Musical-Komödie wieder Saison hatte. Das Restaurant war niemals still und schien sich für eine große Sing- und Tanznummer bereitzumachen. Gruppen fröhlicher Gäste strömten unablässig durch die Drehtüren aus Glas herein. Andere wurden von der Bar zu ihrem Tisch geleitet. Unterdessen führte das
Heer von Kellnern seine eigene mysteriöse, dramatische Choreografie auf. Daisy machte eine Bemerkung darüber, wie unterschiedlich sie gekleidet waren, deshalb erklärte Raoul ihr die Hierarchie der maîtres d’hôtel in ihren Dinnerjacketts, der chefs de rang mit den weißen Schürzen und der jüngeren, weiß gekleideten commis de salle. Plötzlich unweit von ihrem Tisch emporlodernde Flammen veranlassten Daisy dazu, sich voll Interesse umzuschauen.
    »Sie flambieren hier Pfannkuchen in Orangenlikör«, meinte Raoul »Ein Dessert namens crêpes Suzette. Es ist eine sehr delikate Angelegenheit, das richtig hinzukriegen. Siehst du, es ist der ältere Kellner, der flambiert, und der jüngere sieht zu und lernt. Das ist eine Zeremonie, eine Kunst.«
    Raoul hatte nach seiner Zeit mit den Clubs erwogen, selbst ein Restaurant zu eröffnen, doch die Arbeitszeiten lagen ihm nicht.
    »Wenn man so was richtig machen will, dann gibt’s nur eine Möglichkeit. Man muss morgens um drei aufstehen, um nach Rungis zum Markt zu fahren und sich all die besten frischen Sachen zu besorgen. Jeden Tag. Kannst du dir das vorstellen? Ich meine, ich kann praktisch die ganze Nacht senkrecht bleiben, das ist okay.« Er lächelte sie ostentativ an.
    »Schon gut, kein Grund anzugeben«, wehrte Daisy errötend ab.
    »Aber vor dem Morgengrauen aufstehen? Kommt nicht in Frage. Das ist nichts für mich.«
    Jetzt, angenehm gewärmt von der Atmosphäre des Restaurants, nahm Daisy ihren pinkfarbenen Pashmina-Schal ab und legte ihn auf das altmodische bestickte Abendtäschchen, das sie letztes Wochenende auf dem Marche aux Puces de Clignancourt gekauft hatte. Ihr Kleid – ein kurzes schwarzes Etuikleid aus Samt – ließ sie sehr elegant aussehen, doch sie hatte der Versuchung nicht widerstehen können, ihre grünen Satinschuhe aus Anouks Laden dazu anzuziehen. Die waren ein bisschen verrückt – mit hohen, klobigen
Absätzen und riesigen Satinschleifen -, aber mal ganz ehrlich, dachte sie, zu viel Understatement war auch nicht gut. Ein Kellner tauchte wie aus dem Nichts mit zwei Speisekarten neben ihrem Tisch auf.
    »Möchtest du Champagner, während wir aussuchen?«, erkundigte sich Raoul, während seine Finger ihren Nacken liebkosten.
    Daisy, die zu Champagner niemals Nein sagte, nickte begeistert und schlug ihre Speisekarte auf. Raoul bestellte ihren Aperitif und wandte sich dann der Frage zu, was sie essen sollten.
    »Magst du fruits de mer? Austern und so, weißt du? Vielleicht können wir uns ja eine Platte teilen.«
    »Ja, das ist eine gute Idee.«
    »Und danach... Ich esse

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