Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Titel: Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
Vom Netzwerk:
Schädel, bis zu der Stelle, an der sein Haar begann. Er lächelte leise.
    »Und du?«
    Alexander tat, als wolle er nach seinen Hoden fassen.
    »Nun ja … noch sind sie da. Ich bin also ein Mann.«
    »Wird dein Mut ausreichen?«
    »Und deiner?«
    »Einmal habe ich das schon überstanden. Mein bestes Stück hat … hmmm … Erfahrungen auf verschiedenen Gebieten gesammelt!«
    »Das bezweifle ich nicht.«
    Obwohl sich alles in ihm vor Entsetzen zusammenzog, lächelte Alexander. Dann sah er seinen Freund ernst an.
    »Die Entscheidung liegt bei dir, Chamard. Jetzt kennst du die Wahrheit. Mach damit, was du willst.«
    »Der Hollandais hat durchgehalten und nichts verraten.«
    »Hmmm … Jeder wie er mag und kann, mein Alter.«
    »Ja. Auf den, der am längsten durchhält.«
     
    Nun war jeder auf sich gestellt. Aber sie hatten nicht mit der erbarmungslosen Niedertracht des Chippewa gerechnet. Alexander hielt die Augen geschlossen, aber die Schreie seines Gefährten durchbohrten ihn wie Messer. Länger als eine Stunde marterten sie den Revenant jetzt schon, verbrannten ihn mit weißglühenden Metallgegenständen und brachten ihm tiefe Schnitte in die Gliedmaßen bei, in die sie dann glühende Kohlen steckten, um die Blutung zu stillen. Das Jaulen des Opfers brachte die übelriechende Luft zum Kochen und steigerte die freudige Erregung der Folterer, die ihm die Lippen und einen Teil der Zunge abschnitten. Alexander glaubte den Verstand zu verlieren.
    Wemikwanit kam zurück und umschlich ihn wie ein blutrünstiges Raubtier. Branntweindunst umschwebte ihn. Alexanders Körper war noch unversehrt, aber sein Herz war bereits zerfetzt. Er hielt dem Blick der glänzenden schwarzen Augen stand, ohne mit der Wimper zu zucken und reckte sogar herausfordernd das Kinn.
    »Chamard hat bestimmt mehr Mannesmut als du, Wemikwanit !«
    Der Chippewa presste die Lippen zusammen. Dann ergriff er, ohne Alexander aus den Augen zu lassen, eine Lanze mit rotglühender Spitze und stieß sie in seinen Schenkel. Alexander vermochte ein langgezogenes Röcheln nicht zu unterdrücken.
    »So viel für den Moment…«, knurrte Wemikwanit und zog die Lanze zurück.
    Alexander war beinahe erleichtert darüber, dass er jetzt auch seinen Anteil an der Tortur abbekam. Obwohl die Schmerzen ihm den Atem verschlugen, brachte er es fertig, den Indianer trotzig anzugrinsen. Doch es war ein Kind, das die Herausforderung annahm und ihm die Füße mit glühenden Kohlen versengte. Der entsetzliche Schmerz lenkte ihn von dem Leiden des Revenant ab. Er schrie.
     
    Er hatte nur noch vier Fingernägel an beiden Händen; seine Beine waren nichts weiter als offene, qualmende Wunden. Seine Kräfte verließen ihn; er konnte sich nicht mehr aufrecht halten. Doch jedes Mal, wenn er an dem Pfahl herabrutschte, kam eine neue Folter, die ihn zwang, sich wieder aufzurichten. Das Geheul seines Kameraden drang nur noch schwach zu ihm und ging in dem Gelächter der Wilden und seinen eigenen Schreien unter.
    Die Zeit existierte nicht mehr. Die Welt stand still. Wirklichkeit und Traum, Schmerz und Erleichterung, Leben und Tod verschwammen miteinander, umschwebten und wiegten ihn. Manchmal schien sich sein Geist vom Körper zu lösen und über ihm zu schweben. Doch dann holte ihn ein Schwall eiskalten Wassers brutal und abrupt auf die Erde zurück und brachte ihn dazu, weiter die Töne seines adonwé , seines Todesgesangs, von sich zu geben, die aus seinem tiefsten Innern aufzusteigen schienen. Es gab nichts anderes mehr als dieses Entsetzen.
    In der blutigen Fleischmasse, die sich an dem anderen Pfahl kaum noch regte, konnte er seinen Freund nicht mehr erkennen. Le Revenant schien kurz davor, den Geist aufzugeben. Nur seine sich hebende und senkende Brust verriet, dass noch ein Hauch Leben in ihm war. Er hatte schon lange aufgehört zu schreien und stieß nur noch unmenschliche Töne aus. Wie konnte ein Mensch solche Foltern, so viel Schmerz ertragen? Alexander, der geglaubt hatte, im Tolbooth-Gefängnis von Inverness durch die Hölle gegangen zu sein, erkannte, dass er nur das Vorzimmer des Infernos kennengelernt hatte, und dass das Reich des Fürsten der Finsternis keine Grenzen besaß.
    »Ich gebe dir eine letzte Chance, Macdonald.«
    Das war die Stimme des Chippewa. Alexander, der keine Kraft mehr hatte, den Kopf zu heben, stöhnte leise. Eine Hand packte sein Haar und riss es nach hinten.
    »Fahr … zur Hölle … Bastard …«
    Alexander hatte den Eindruck, zwischen

Weitere Kostenlose Bücher