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Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Titel: Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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gerade geschält hatte, aus der Hand fallen und erstarrte. Gabriel hob den Mais auf, wischte ihn sorgfältig an seinen Hosen ab und gab ihn Alexander zurück. Diesen kostete es enorme Mühe, sich zusammenzunehmen. Er krallte die Hände in den Maiskolben, spürte, wie die Körner unter seinen Fingern platzten, und atmete tief durch, bevor er antwortete.
    »Das … brauchst du aber nicht zu tun.«
    »Wenn du meine Mama lieb hast und in ih’em Bett schläfst, dann bist du doch ein Papa, ode’? Das machen nämlich die Papas. Und ich … habe keinen Papa meh’. Und da habe ich gedacht, du könntest vielleicht… wenn es dich nicht allzu seh’ stö’t …«
    »Mich stören? Ähem … nein.«
    »Jaaa! Ich habe einen neuen Papa, genau wie Otemin!«
    Von seinen Gefühlen überwältigt, räusperte sich Alexander und wollte aufstehen. Doch seine Knie gaben nach, und er plumpste zurück.
    »Vielleicht wä’e … Papa Alex ja kü’zer«, überlegte der Junge unbekümmert und zog die Nase kraus, während er laut nachdachte.
    Alexander wandte sich ab, um seine Rührung zu verbergen. Er hob ein paar Maiskolben auf und reichte sie dem Kleinen.
    »Hier… ähem … Bring die zu Munro. Ich glaube, jetzt haben wir genug. Du kannst mit Otemin spielen gehen.«
    Erleichtert und von unaussprechlicher Freude erfüllt sah Alexander seinem Sohn durch einen Tränenschleier hindurch nach.
    »Nach einem Regentag scheint auch wieder die Sonne …«
    Mehr konnte er sich nicht wünschen. Er hatte Isabelle und Gabriel nur ein erbärmliches Leben zu bieten. Und dennoch wurden ihm Freude und Liebe geschenkt. Er wandte den Blick von der Anhöhe mit dem Holzstapel für das Feuer ab und sah zu dem kleinen Obstgarten, der ganz am Ende des Brachlands lag. Irgendwo dort befand sich das Gold des Hollandais’, eine Verheißung von Macht und Ruhm. Er erinnerte sich genau an den Plan, den er jedes Mal, wenn er Holz hackte, vor seinem inneren Auge erstehen ließ. Nein, er hatte recht gehabt, es nicht anzurühren. Mit all diesem Gold hätte er sich diese reine Lebensfreude, die ihm endlich zuteil wurde, nicht kaufen können.
     
    Girlanden aus Blättern und Blumen schmückten die Hausfassade und den Tisch, der sich unter üppigen Speisen nur so bog. Die Flammen des Freudenfeuers stiegen hoch zum Himmel auf, und die Funken gesellten sich zu den Sternen. Der gekochte Mais, die gebratene Gans, der unter der Asche gegarte Kürbis und die mit Zwiebeln braun gebratenen Kartoffeln waren rasch verzehrt. Nach dem Essen unterhielten Stewart und Munro die Gesellschaft. Der eine sang, der andere spielte Geige. Da Gabriel sein Instrument nur noch selten benutzte, hatte Isabelle es zu dieser Gelegenheit ausgeliehen.
    Stewart war gerührt gewesen. »Ich behaupte ja nicht, große Musik wie von diesem Vlivladi spielen zu können«, hatte er der jungen Frau erklärt, »aber es heißt, ich könnte eine schöne Gigue aufspielen.« Und so hatten sich Francis, Marie, Otemin, Gabriel, Isabelle und Alexander stundenlang zur Musik gedreht, den Körper von Freude und den Geist von Frieden erfüllt.
    Das Fest ging bis Mitternacht weiter. Die erschöpften Kinder waren auf Decken, die man im Gras ausgebreitet hatte, bereits eingeschlafen. Munro führte seine kleine Familie in ihre neue Hütte. Alexander trug Gabriel in Maries Bett. Das Dienstmädchen sagte kein Wort, lächelte aber verstohlen: Für gewöhnlich schlief Gabriel im Bett seiner Mutter. Als der Schotte gegangen war, weigerte sich Gabriel, Maries Bett zu verlassen, und behauptete, sie habe doch sonst niemanden, der sie bei Nacht beschütze. Isabelle erhob keine Einwände und ließ ihn sein Gebet sprechen. Dann deckte sie ihn zu und ging wieder hinaus. Das junge Mädchen war zu müde und blieb bei dem Knaben.
    Steward lehnte an einem auf dem Boden liegenden Baumstamm und summte halblaut eine romantische gälische Ballade, die ihn seine Mutter gelehrt hatte. Grillen und ein Ziegenmelker oder eine Eule begleiteten ihn. In seiner Nähe döste Francis. Der erdige Duft der Nacht lag über allem.
    Isabelle zupfte ein wenig an ihrem Mieder, das an ihrer Haut klebte, und sah sich nach Alexander um. Da sie ihn nirgendwo entdeckte, vermutete sie mit einem kleinen Stich im Herzen, dass er zu müde gewesen war, um noch länger aufzubleiben, und sich in dem Wigwam, das er jetzt mit den MacInnis-Brüdern teilte, schlafen gelegt hatte. Sicherlich dachte er, sie werde das Gleiche tun.
    Sie seufzte. Nach dem, was heute Morgen

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