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Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Titel: Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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es nicht!«
    Ihr Atem ging rasch und keuchend. Mit einem Mal wurde sie von Zorn überwältigt, ging mit den Fäusten auf Alexander los und überschüttete ihn mit Beleidigungen. Sie verpasste ihm einen so kräftigen rechten Haken, dass sie beide verblüfft waren, und nutzte dann den Moment, in dem sie wie erstarrt dastanden, um in die Nacht zu flüchten. Mit einem Gefühl, als breche ihr das Herz, rannte sie blindlings davon, strauchelte und fiel.
    »Nighean an diabhail! « Teufelstochter …
    Er konnte sie nicht einfach davonlaufen lassen. Mit einer Hand rieb sich Alexander das schmerzende Kinn, mit der anderen ergriff er sein Gewehr und nahm die Verfolgung auf. Ihr Nachthemd schwebte vor ihm und flatterte in der pechschwarzen Nacht wie ein leuchtendes Taschentuch im Wind. Doch plötzlich war der weiße Fleck verschwunden. Keuchend und niedergeschlagen durchforschte er die Dunkelheit und spitzte die Ohren. So leicht würde sie ihm, dem erfahrenen Jäger, nicht entkommen. Da, ein Knacken. Die Angst fuhr ihm in die Magengrube, und er rannte zum Kanal. Der Wasserstand war immer noch relativ hoch. Wenn sie da hineinstürzte …
    »Isabelle!«
    Mit einem Mal tauchte sie aus einem Busch auf und flüchtete in Richtung Obstgarten. Es fiel ihm nicht besonders schwer, sie einzuholen. Er packte sie und riss sie zurück. Sie stöhnte. Er ließ ihr keine Zeit, gegen ihn anzukämpfen, sondern stieß sie grob zu Boden und hielt sie mit den Händen fest. Sie zappelte, traktierte ihn mit Tritten und überschüttete ihn mit einer ganzen Litanei von Beschimpfungen. Als es ihm endlich gelang, ihre Beine mit seinen festzuklemmen, hielt er sie unbeweglich fest und starrte keuchend in ihre Augen. Eine mörderische Wut brannte darin, die nicht einmal ihre Tränenströme löschen konnte.
    »Sguir deth! Dinjna bed Mikwa … Och! « Hör auf! Ich habe nicht mit Mikwanikwe geschlafen! Au …
    Er holte tief Luft, um sich ein wenig zu beruhigen, und sprach dann weiter.
    »Doch, aber das war lange, bevor Mikwanikwe und Munro geheiratet haben. Seitdem war ich nie wieder mit ihr zusammen. Du kennst mich schlecht …«
    »Genau! Ich habe nicht die geringste Ahnung, wer du bist, Alexander Macdonald. Lass mich gehen. Ich bin müde und möchte zurück ins …«
    Sie zappelte, um sich loszumachen, doch er stieß sie schroff auf den Boden zurück.
    »Nein, du gehst nirgendwo hin. Dieses Mal wirst du mich bis zu Ende anhören!«
    Plötzlich hörte sie auf, sich zu winden. Langsam, bereit sie wieder festzuhalten, falls es nötig sein sollte, gab Alexander sie nach einer Weile frei und ließ sich neben ihr auf den Rücken fallen. Heftig rieb er sich über das Gesicht und begann dann mit seiner Geschichte.
    »Ich habe Mikwanikwe im Handelsposten Grand Portage kennengelernt … Ihr Bruder hatte sie soeben für ein Fässchen Branntwein verkauft …«
    Er schilderte ihr sein Leben als Voyageur, wobei er einige Einzelheiten ausließ, die Isabelle unnötig verletzt hätten. So kam er im Lauf der Erzählung ganz von selbst auf die Umstände des hinterhältigen Überfalls durch Étienne, dessen Namen er jedoch nicht erwähnte.
    Isabelle lauschte der schrecklichen Beschreibung und konnte sich ganz genau vorstellen, wie ihr Bruder Alexander mit dem Dolch bedroht hatte. Sie biss sich auf die Lippen. Fast hätte sie zugegeben, dass sie alles wusste, doch sie schwieg lieber. Alexander war zweifellos davon überzeugt, dass Étienne nur hinter den Waren her gewesen war, die die Gruppe mit sich führte … Was hätte es genützt, ihm zu erklären, dass die Montréaler Händler das Massaker um des Goldes willen in Auftrag gegeben hatten? Pierre war tot, die Rebellion war niedergeschlagen, und der Pelzhandel war wieder in Gang gekommen. Damit war diese Sache beendet, erledigt.
    Anschließend hörte sie tränenüberströmt von seinen entsetzlichen Erlebnissen während der Gefangenschaft bei den Irokesen, der Entführung und dem Foltertod seines le Revenant genannten Kameraden, und war immer wieder kurz davor, sich die Ohren zuzuhalten. Stöhnend lauschte sie ihm, als er erklärte, woher die furchtbaren Brandwunden an seinen Beinen stammten, und ihr wurde ganz schwindlig und übel. Sie wälzte sich auf den Bauch und legte nachdenklich die Hand auf seine tätowierte Schulter. Deswegen also hatte Étienne Pierre versichert, Alexander sei zusammen mit den anderen getötet worden: Er hatte zugelassen, dass die Irokesen ihn verschleppten, und war überzeugt davon gewesen,

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