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Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Titel: Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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gewesen, nicht zu fantasieren.
    Was dies betraf, so war es ihm während der letzten achtzehn – neunzehn? – Jahre recht gut gelungen, nicht an Percy zu denken. Doch als sich nun herausstellte, dass es sowohl aus beruflichen als auch aus persönlichen Gründen unumgänglich war, an ihn zu denken, war er ebenso überrascht wie bestürzt festzustellen, wie gut er sich noch an ihn erinnerte. Er kannte Percys Vorlieben und hatte sein geistiges Bild von Amandine daran ausgerichtet.
    Die Wirklichkeit sah anders aus. Der Baron war ein älterer Mann, vielleicht ein paar Jahre älter als Grey, klein und ziemlich rundlich mit einem offenen, freundlichen Gesicht. Gut gekleidet, ohne dass es aufdringlich wirkte. Er begrüßte Grey mit großer Höflichkeit. Doch dann nahm er Greys Hand, und ein kleiner elektrischer Schock durchfuhr den Engländer. Die Miene des Barons war höflich, nicht mehr – doch in seinen Augen lag ein Ausdruck der Neugier und der Begierde, und trotz seines wenig einnehmenden Äußeren reagierte Greys Körper auf diesen Blick.
    Natürlich. Percy hatte Amandine von ihm erzählt.
    Überrascht und argwöhnisch erklärte er dem Baron seine Anwesenheit mit den Worten, die er sich zurechtgelegt hatte, nur um zu erfahren, dass, hélas, Monsieur Beauchamp nicht daheim war, sondern dass er mit Monsieur Beaumarchais im Elsass auf die Wolfsjagd gegangen war. Nun, damit war ja schon eine Vermutung bestätigt, dachte Grey. Doch gewiss würde sich Seine Lordschaft herablassen, zumindest für diese Nacht die Gastfreundschaft von Trois Flèches zu genießen.
    Er nahm diese Einladung an und bedankte sich tausendmal untertänigst. Nachdem er seine Überkleider abgelegt und die Seefahrerstiefel durch Dotties geschmacklose Pantoffeln ersetzt hatte – ein Anblick, bei dem Amandine blinzeln musste, auch wenn er sie auf der Stelle überschwänglich lobte -, wurde er durch einen langen Korridor geführt, der mit Porträts gesäumt war.
    »Wir nehmen in der Bibliothek eine Erfrischung zu uns«, sagte Amandine. »Ihr müsst ja vor Kälte und Erschöpfung halb tot sein. Doch wenn es Euch nicht stört, gestattet mir, Euch en route meinen anderen Gast vorzustellen; wir werden ihn einladen, sich uns anzuschließen.«
    Grey hatte einige Worte der Zustimmung gemurmelt, abgelenkt von dem leisen Druck der Hand des Barons, die auf seinem Rücken ruhte – etwas tiefer als üblich.
    »Er ist Amerikaner«, sagte der Baron, als sie eine Tür am Ende des Korridors erreichten, und seine Stimme hatte beträchtliche Belustigung in dieses Wort gelegt. Er hatte eine höchst ungewöhnliche Stimme – sanft, warm und irgendwie rauchig, wie Oolongtee mit sehr viel Zucker.
    »Er liebt es, täglich eine Weile im Wintergarten zu verbringen«, fuhr der
Baron fort, während er die Tür aufdrückte und Grey bedeutete, vor ihm einzutreten. »Er sagt, es hält ihn gesund.«
    Grey hatte seinen Blick während dieser Erklärung höflich auf den Baron gerichtet, doch jetzt wandte er sich ab, um den amerikanischen Gast anzusprechen, und so schloss er Bekanntschaft mit Dr. Franklin, der bequem in einem Polstersessel lehnte, von der Sonne beleuchtet – und splitternackt.
    Im Lauf der folgenden Unterhaltung – die von jedem der Beteiligten in aller Gelassenheit geführt wurde – erfuhr er, dass Dr. Franklin die unumstößliche Angewohnheit hatte, wenn möglich täglich ein Luftbad zu nehmen, da die Haut genauso atme wie die Lunge, Luft aufnehme und Unreinheiten abgebe. Die Widerstandsfähigkeit des Körpers gegenüber Krankheiten werde beträchtlich vermindert, wenn die Haut unablässig von ungesunder Kleidung erstickt werde.
    Während der Vorstellung und der Unterhaltung war Grey geradezu unangenehm bewusst, dass Amandines Augen auf ihm ruhten, erfüllt von Spekulation und Belustigung, und dass auch seine Haut in ungesunder Kleidung steckte, die ihr – wie gerade gelernt – den Atem raubte.
    Es war ein seltsames Gefühl, einem Fremden zu begegnen und zu wissen, dass dieser Fremde bereits mit seinem intimsten Geheimnis vertraut war, dass er es gar teilte – falls Percy nicht von vorn bis hinten gelogen hatte. Aber das glaubte Grey nicht. Es war ein gefährliches, schwindelerregendes Gefühl, als beugte er sich über die scharfe Kante eines Felsvorsprungs. Außerdem erregte es ihn, und das alarmierte ihn sehr.
    Der Amerikaner (der sich gerade in aller Freundlichkeit über eine ungewöhnliche geologische Formation ausließ, die er auf dem Hinweg gesehen hatte;

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