Highland Secrets
hinteren Türen und ich stieg ein, ohne ihn noch einmal anzusehen.
16. Kapitel
In London erwartete mich eine Zusage eines kleinen Museums, für das ich schon während meiner Ausbildung hin und wieder gearbeitet hatte. Die Arbeit würde zwar nicht besonders gut bezahlt werden, aber immerhin konnte ich hier die erwartete Erfahrung sammeln, die die großen Museen haben wollten. Mit der Zusage und meinen Koffern in der Hand stieg ich die wenigen Stufen zu meinem kleinen Apartment hoch.
Ich ließ die Koffer in dem winzigen Flur stehen, machte fünf Schritte ins Wohnzimmer und ließ mich auf das Sofa fallen. Mit geschlossenen Augen stöhnte ich genüsslich auf. Zuhause. Mit jedem Atemzug entspannten sich meine Muskeln mehr. Ich verdrängte die Highlands aus meinem Kopf und mit ihnen auch Adam. Nach einem langen Bad ließ ich mich in mein Bett sinken und schlief bis zum nächsten Morgen durch.
Bevor ich zu meiner neuen Arbeitsstelle ging, um alles Wissenswerte zu klären, telefonierte ich mit meiner Großmutter, erzählte ihr von dem Anwesen, den Gemälden und allen anderen unwichtigen Kleinigkeiten und verschwieg Adam und die Morde.
»Ich hoffe, du hast deine Arbeit gewissenhaft erledigt«, sagte sie mit dem mahnenden Ton, den sie schon in meiner Kindheit immer angeschlagen hatte. Ich konnte sie förmlich vor mir sehen; die langen grauen Haare zum Dutt aufgesteckt. Ein dunkles, vornehmes Kostüm am schlanken Körper und die Miene finster und berechnend. Ich schauderte.
»Ich habe wie immer mein Bestes gegeben«, antwortete ich und rollte mit den Augen. Wie hätte ich schlech ter als das sein können? Schließlich hatte sie dafür gesorgt, dass alles zu geben mir ins Blut übergegangen war. »Ich habe eine Anstellung«, warf ich ein. Nicht um Lob oder Anerkennung zu ernten. Vielleicht aber auch doch. Nur wusste ich, dass das nie geschehen würde. Alice wäre nie zufrieden. Mit nichts, was ich tat. Aber unsere Beziehung war nicht nur deswegen nicht besonders gut. Sondern auch, weil ich keinen Menschen kannte, der weniger kalt und beherrscht war als sie.
Sie hat te mich als Kind nie in die Arme genommen. Die meiste Zeit hatte sie mich nicht einmal angesehen. In einem so emotionslosen Heim aufzuwachsen, hatte mich schwer getroffen. Aber jedes Mal, wenn ich in den Spiegel sah, wusste ich, warum sie es nicht über ihr Herz brachte, mich anzusehen oder zu lieben. Weil ich aussah wie meine Mutter, ihre Tochter. Was ich also an mir liebte, das hasste sie von Herzen. Ich war stolz darauf, meiner Mutter so ähnlich zu sein, und sie verabscheute mich dafür, weil ich in ihr noch mehr Leid hervorrief. Als ich endlich ausgezogen war, einigten wir uns stumm darauf, unseren Kontakt auf ein Minimum zu begrenzen. Ein Minimum hieß, ich rief sie an oder besuchte sie an ihrem Geburtstag.
»Wo ist diese Anstellung?«, wollte sie wissen.
»Im Brown Museum of Art.«
»Das kleine Unbedeutende, für das du schon gearbeitet hast?«
Unbedeutend. Sie konnte es nicht lassen. »Ja, das Unbedeutende«, sagte ich zähneknirschend. »Es ist vielleicht klein und unbekannt, aber ich werde dort Erfahrungen sammeln können, die ich brauche, um bekanntere Stellen auf mich aufmerksam zu machen.«
»Sieh nur zu, dass du dort nicht festsitzen bleibst.«
»Das werde ich«, sagte ich knapp und legte auf. Es war gesagt, was zu sagen war. Die nächsten Wochen würden wir nicht mehr miteinander sprechen. So war es immer. Auch, wenn wir uns nicht gestritten hatten. Ich war ganz froh über unser Übereinkommen. Ich konnte mit ihr genauso wenig anfangen, wie sie mit mir.
»Ich habe gehört, ich sehe dich jetzt öfters«, begrüßte Tom mich im Museum. Er stand auf einer Leiter und brachte gerade einen Werbebanner für eine geplante Ausstellung an. Tom war etwa in meinem Alter. Er hatte dunkelbraunes Haar, war eher drahtig als dünn und er sah recht gut aus. Wenn ich hier einen Auftrag hatte, dann hatte er immer mit mir geflirtet. Und ich hatte nichts dagegen. Ihn jetzt zu sehen, erinnerte mich an Adam und ich drückte den Kloß, der sich in meinem Hals bilden wollte, mit Gewalt herunter.
»Ja, so sieht es aus«, antwortete ich so heiter wie möglich. Tom sah nach unten und warf mir ein warmes freudiges Lächeln zu.
»Ich freue mich schon drauf. Vielleicht können wir unsere Pausen gemeinsam im Bistro gegenüber verbringen«, sagte er zwinkernd. Ich spürte die Hitze in mein Gesicht schießen, nickte knapp und beeilte mich, in das Büro des Direktors zu
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