Highschool der Vampire
dass mir nichts passieren könne, aber ich wollte nichts davon hören. Ich wollte nicht mehr in diesem immer schwächer werdenden schmutzigen Licht im Schnee stehen. Ich wollte an einen Ort, der sicher und warm und weit weg von hier war.
Als ich glaubte so weit zu sein, versuchte ich schließ lich doch meine Füße in Bewegung zu setzen. Es funk tionierte.
»Ich begleite dich zu deinem Trainer«, sagte Justin.
Ich wäre lieber mit einer Klapperschlange spazieren gegangen, aber das würde ich ihm nicht sagen. Ich wür de alles tun, was er wollte, wenn ich nur lebend von hier wegkam. Also ging ich neben ihm her, meine Hand quasi an der Kehle. Ich konnte einfach nicht anders.
Als wir den Campus überquerten, sagte Justin: »Du kannst mich was fragen, wenn du magst. Ich glaube, das bin ich dir schuldig.«
»Ist jeder hier ein — Vampir?«, fragte ich. »Alle von euch?«
»Wir selbst nennen uns nicht so«, antwortete Justin.
»Für uns ist das so was wie eine Beleidigung. Wir selbst nennen uns Jenti. Schon immer. Es bedeutet >Menschen<.
Zum größten Teil sind hier V... Jenti. Aber es gibt trotz dem auch immer ein paar Gadje. Wir brauchen sie für den Wassersport.«
»Aber warum wollt ihr uns bloß für den Wassersport?«, fragte ich. »Das ergibt doch überhaupt keinen Sinn.«
Justin blickte zu Boden. »Das ist kompliziert. Es ist so: Jenti mögen Wasser nicht. Man könnte sogar sagen, wir hassen es. Aber Wassersport ist nun mal Teil des staat lichen Lehrplans.«
»Das heißt, die anderen Typen in der Mannschaft sind alles Gadje?«, fragte ich.
Justin nickte.
»Und Trainer Underskinker?«
»Der auch.«
»Aber sie gehen ja nicht mal ins Wasser!«, sagte ich.
»Und Underskinker ist ein Säufer.«
»Das ist egal«, erwiderte Justin. »Ihr Jungs braucht bloß während der Saison ein paar Spiele zu verlieren und ihr habt für den Rest eures Lebens ausgesorgt.«
»Wie - ausgesorgt?«, fragte ich.
Justin schnaubte verächtlich: »Ich meine damit, dass du nie mehr in deinem Leben Hausaufgaben machen musst. Du musst es nicht mal versuchen. Du bestehst mit einem glatten Einserdurchschnitt. Wenn du die Schule abschließt, kommst du auf ein gutes College, das von uns kontrolliert wird. Du schließt dieses College ab. Viel leicht erhältst du ein Stipendium für Wasserball. Dann werden wir dafür sorgen, dass du einen guten Job be kommst. In Hollywood oder in irgendeiner großen An waltskanzlei. Und dann gibt es ja auch immer noch die Politik.«
Ich spürte, wie mir der harte, gefrorene Boden unter den Füßen weggezogen wurde. Das alles war völlig un wirklich. Musste es sein. Vampire waren etwas fürs Kino oder für Halloween. Aber alles, was Justin sagte, gab die sem seltsamen Tag einen Sinn, auch wenn nichts davon irgendeinen Sinn ergab.
»Seit wann geht das schon so?«, fragte ich und ver suchte mich an den Gedanken zu gewöhnen.
»Oh, N e w Sodom gibt es seit mehr als dreihundert fünfzig Jahren«, antwortete Justin.
»Du meinst, die Pilgerväter waren Vampire? Ich meine — Jenti?«, sagte ich.
»Uber die Pilgerväter weiß ich nichts«, erwiderte Jus tin. »Meine Familie waren Puritaner. U n d wir waren von Anfang an hier. Jeder weiß, zu welcher Familie man ge hört, und wir kommen ziemlich gut miteinander aus.
Heutzutage.«
»Aber das war nicht immer so?«
Justin seufzte.
»Es gab ein paar schlimme Zeiten. In den vierziger Jahren des sechzehnten Jahrhunderts versuchten die Gadje uns auszurotten. U n d in den Fünfzigern. U n d den Sech zigern. U n d sechzehnhundertsechsundsiebzig gab es eine Art Krieg zwischen uns. Die ganze Stadt wurde zerstört.
Dann schauten alle nach, wie wenige von uns auf beiden Seiten übrig geblieben waren, und kamen drauf, dass keine Seite gewinnen würde. Also legten wir alle einen Schwur auf den neuen Vertrag von N e w Sodom ab. Die Gadje würden den Versuch aufgeben, uns auszurotten, und die Jenti würden nicht näher als in Boston — nun, du weißt schon, trinken. Alles war also ziemlich friedlich.
Wir gingen alle in dieselben Schulen und so. Wir hatten bloß nicht mehr miteinander zu tun als unbedingt nötig.
Im neunzehnten Jahrhundert kamen dann die neuen Jenti, die Transsylvanier und der Rest, her. Die Gadje kriegten es wieder mit der Angst zu tun. Also arbeiteten wir ein neues Abkommen aus. Wir sonderten uns nun mehr ab. Wir bekamen zum Beispiel unsere eigene Schule. Und wir kaufen ziemlich oft in getrennten Läden ein und so. Es klappt.«
Die Haare in
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