Hilfe, mein Chef ist ein Affe
Sinnesorgane: das Geräusch eines nahenden Angreifers, Brandgeruch, der Schmerz einer Ohrfeige oder eine gefährliche Verkehrssituation, die wir auf uns zukommen sehen. Diese Signale drücken den Startknopf, und der Stresscomputer, unser Gehirn, fährt hoch: Er sendet Signale in Form von Hormonen und Nervenimpulsen, die uns dann in Bewegung versetzen. Wer kennt das nicht? Bei Stress schlägt das Herz schneller. Denn so kann das Blut rascher durch die Adern gepumpt werden. Die Muskeln erhalten mehr Energie und Sauerstoff. Sie sind besser durchblutet, und wir können rascher flüchten oder härter zuschlagen. Auch unsere Denkzentrale, das Gehirn, wird stärker durchblutet, sodass wir schneller denken können. Dagegen wird die Blutzufuhr zu Darm und Haut gedrosselt. Unsere Verdauung macht erst mal Pause, und wir werden blass.
• Natürlicher Stress ist lebensnotwendig. Jetzt heißt es kämpfen oder flüchten.
Natürlicher Stress macht uns schneller, stärker und sensitiver.
Unter Stress atmen wir schneller. So können wir mehr Sauerstoff aufnehmen, sind körperlich leistungsfähiger und können zum Beispiel besser laufen. Hält dieser Atemrhythmus allerdings zu lange an, ohne dass wir tatsächlich losrennen, beginnen wir zu hyperventilieren.
Hinzu kommen natürlich auch psychische Reaktionen: Das können Angst- oder Panikattacken sein, oder wir werden aggressiv und reizbar.
Im gängigen Sprachgebrauch verstehen wir unter Stress aber nicht die Reaktion auf eine große Gefahr, die uns dazu bringt, auf der Stelle die Fäuste zu schwingen oder die Beine in die Hand zu nehmen. Denn diese natürliche Stressreaktion ist meist kurz und sofort beendet, sobald wir entsprechend reagiert haben. Ein Beispiel aus der Affenwelt: Erhalten männliche Affen Stress-Signale, greifen sie eher ihren Rivalen an, bevor sie selbst am Stress zugrunde gehen. Der natürliche Stresscomputer funktioniert tadellos: Ein Stress-Signal führt zum Kampf und zum Sieg. Die Positionen sind neu definiert, und der Stress ist beendet.
Für uns im Alltag bedeutet Stress etwas anderes: Es heißt, dass unser Stresscomputer durchdreht und bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit Signale aussendet. Meist werden Signale auch falsch interpretiert, und wir empfinden Stress in Situationen, die eigentlich gar nicht so stressig sind. Hinzu kommt, dass unser Gehirn so viele Signale aussendet, dass der Körper nicht wieder in seinen normalen (sicheren) Zustand zurückkehren kann. Dies kann zu einer Reihe physischer und psychischer Probleme führen, die sich nicht mehr so einfach durch Kampf oder Flucht beheben lassen.
Wie wird Stress ausgelöst?
Die eigene Gruppe ist schuld
Stress kann im Wesentlichen durch interne oder externe Faktoren verursacht werden.
• Wenn mehrere Menschen aufeinandertreffen, ist Stress oft vorprogrammiert.
Beginnen wir mit den internen Ursachen: Das sind Ursachen, die aus der eigenen sozialen Gruppe kommen. Es handelt sich um gestörte zwischenmenschliche Beziehungen oder soziale Interaktionen. Dazu gehören Konflikte unter Kollegen, Streitereien mit dem Vorgesetzten und Situationen, die sich aus dem Kampf um die Hierarchie ergeben.
Ein Beispiel aus der Welt der Affen, die den intern verursachten Stress auch sehr gut kennen: Mehrere Männchen kämpfen in der Gruppe um die Führung. Dabei kann der Stresspegel so weit steigen, dass es zu Krankheits- und Todesfällen kommt. Vor allem in Gefangenschaft, wo subdominante Männchen einander nicht aus dem Weg gehen können, verursacht eine solche Situation extremen Stress. Der Kampf um die Führungsposition zieht nicht nur die unmittelbar Beteiligten in Mitleidenschaft, sondern auch alle anderen Gruppenmitglieder, weil Bündnisse auf die Probe gestellt werden. Die Streithähne werben um Unterstützung. Wird sie gewährt, kann es sein, dass der Gegner sich dafür rächt. Trotzdem muss jedes Tier in der Gruppe Partei ergreifen, denn es weiß nie, wer der Sieger des Machtskampfes sein wird.
Auch viele Menschen in den Dreißigern sind »overstressed« und leiden vor allem an intern verursachtem Stress. Ob man es nun Burn-out, Depression oder Überlastung nennt, die Grundursache liegt immer im anstrengenden Kampf um die Hierarchie.
Zwischen 30 und 40 ist man auf der Höhe seiner SchaffenskrafLat, die Ausbildung ist abgeschlossen, und man konnte schon einige Jahre berufliche Erfahrung sammeln. Jetzt beginnt der Kampf um die Macht (manch einer nennt das auch Karrieredrang). Die Gruppe der
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