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Himmel der Suende

Himmel der Suende

Titel: Himmel der Suende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Riccarda Blake
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besser erkannte sie schließlich: Es war Gesang. Leiser, mehrstimmiger Gesang - mit seltsamen Harmonien und Dissonanzen. Es erinnerte sie an gregorianische Gesänge, an das melodiöse Murmeln uralter Ritualformeln.
    Da hatte jemand ausgeprägt düstere Fantasien.
    Wieder war Anya versucht, umzukehren, doch wieder malte sie sich aus, was das für ihre Zukunft in Claires Studio bedeuten würde ... für ihre Zukunft. Also fasste sie sich ein Herz und schluckte die Angst herunter, um weiterzugehen.
    Schließlich erreichte sie das Ende des Tunnels und stieß dort auf ein Portal, das aus dem nackten Fels des Bodens gehauen worden war und somit noch älter sein musste als schon der Rest des Gewölbes. Es war ebenfalls mit einer schweren Eichentür verschlossen, doch hier schimmerte ein winziger Streifen flackerndes Licht unter dem schmalen Schlitz zwischen Holz und Boden hervor.
    Sie sammelte sich für einige tiefe Atemzüge und klopfte dann an. Das Echo ihrer drei eigentlich leicht ausgeführten Klopfer war so laut, als hätte sie mit einem Hammer zugeschlagen, und dröhnte ihr in den Ohren.
    Für einen weiteren, ewig lang erscheinenden Moment geschah gar nichts.
    Dann aber - ohne dass Anya über den leisen Gesang hinweg irgendwelche Schritte gehört hätte - öffnete sich die schwere Tür nach innen ... und das Blut gefror ihr in den Adern. Nicht nur, dass sie niemanden sehen konnte, der die Tür geöffnet haben mochte - nur die ihr zugewandte Hälfte des höhlenartigen Raumes war beleuchtet, mit zwei kleinen Feuern, die in Kohlebecken auf Dreifüßen brannten. Am Ende der erhellten Fläche, also wahrscheinlich in der Mitte des Raumes, stand ein uralter steinerner Altar. Es war ein großer, direkt aus dem Fels gehauener Steinquader, der an den Rändern und an den Seiten mit erschreckenden und archaischen Mustern verziert war, die in ihren Darstellungen so grob gefertigt waren, dass sie eher bronzezeitlich anmuteten als mittelalterlich, soweit Anya das beurteilen konnte. Und es wunderte sie, dass sie das konnte, denn sie hatte sich noch nie mit Kunstgeschichte beschäftigt.
    Aber die Symbole und Figurinen erinnerten sie stark an die, die sie auch in ihren Albträumen gesehen hatte ... in all den Städten und Dörfern, die sie mit ihrem flammenden Schwert dem Erdboden gleichgemacht hatte.
    Flammen waren auch das prominenteste Muster auf dem Altar. Flammen, in den Menschen verbrannten. Flammen, in die Menschen von anderen hineingestoßen oder -geschleudert wurden. Flammen, in denen sich zwei scheinbar geflügelte Wesen gegenüberstanden. Die eine, unverwechselbar weiblich gestaltet, mit einem Schwert, die andere, männlich, mit eher lederartigen Flügeln und Hörnern auf dem Kopf, mit einem langen Speer in der klauenartigen Hand.
    Beinahe noch mehr Furcht einflößend war, dass der Gesang, der aus dem hinteren, dem dunklen Teil der Höhle kam, real zu sein schien - also keine Aufnahme. Als würden dort mindestens sechs bis acht Personen stehen und sie leise singend im Licht der beiden Feuerbecken beobachten. Nur dass die Stimmen jetzt auch vereinzelt eine leise knurrende Qualität annahmen ... eine hungrige.
    Sollte das hier, über das bereits gruselige Ambiente hinaus, auch noch ein Gangbang werden? Sollte Anya mehreren Männern gleichzeitig zur Verfügung stehen? Das war nichts, das ihr fremd war. Sie mochte es sogar ausgesprochen gerne - aber es würde sehr viel mehr kosten als lediglich die tausend Pfund, die in ihrer Handtasche steckten. Sie wollte das gerade sagen, als ...
    „Tritt ein, Ani’El“, sagte eine männliche Stimme, die so alt klang wie die Höhle selbst, während die anderen weiter ihren unheiligen Singsang murmelten.
    Ani’El?
    „Mein Name ist Anya“, sagte sie irritiert und machte drei zaghafte Schritte nach vorn.
    „Natürlich“, antwortete die Stimme. Bei genauerem Hinhören klang sie mehr als nur alt und kratzig, sie klang irgendwie entstellt. „Du hast ja vergessen.“
    „Was habe ich vergessen?“
    „Nicht wichtig“, erwiderte die Stimme, und plötzlich schlug die Tür hinter Anya so laut zu, dass sie einen erschrockenen Satz nach vorn machte, sodass sie jetzt nur noch wenige Meter von dem Altar trennten. Verdammt, wie hatten sie das gemacht? Mit einem ferngesteuerten Mechanismus?
    „Wir haben lange auf dich gewartet, Engel“, fuhr die Stimme fort. „Sehr lange.“
    „Wir sind so schnell hierher gefahren, wie wir konnten. Ich bitte um Verzeihung, falls wir Ihre Geduld strapaziert

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