Himmel uber Langani
Hände aus. »Wir alle geloben es uns, nicht wahr?«
Sie knieten sich im Kreis in den Sand, umgeben von den plätschernden Wellen des dunklen, vom Licht der Sterne gesprenkelten Ozeans, umarmten einander und redeten lachend über die Verheißungen der Zukunft und ihre Errungenschaften, von denen sie sich bei ihrem aufregenden Wiedersehen berichten würden.
Kapitel 6
London, November 1964
C amilla wurde von einem schrillen Vogelkonzert geweckt. Nicht von dem Pfeifen der Kapröteln oder dem leisen Gurren der Tauben, das in Kenia an jedem Morgen den Tag ankündigte. Hier sah man hauptsächlich Krähen, schwarz und lärmend, die von ihren Sitzplätzen auf Telefonleitungen und kahlen Bäumen den bleiernen Himmel ankrächzten. In Italien hatte meist die Sonne die herrliche Landschaft und die prächtige Architektur beschienen. Ihr Vater war für ein Jahr an die Botschaft in Rom versetzt worden, und sie hatte viel Zeit mit ihm verbracht. Sie hatte die alten Straßen und historischen Bauwerke der italienischen Städte erkundet, war in den Hügeln der Toskana gewandert und hatte auf einer Gondel die Kanäle von Venedig besichtigt. Ihr Vater hatte darauf bestanden, dass sie in Florenz einen Kurs in Kunstgeschichte besuchte, und das hatte ihr großen Spaß gemacht. Aber jetzt waren sie alle wieder in London, und sie zählte die Tage bis zum Ende des obligatorischen Sekretärinnenkurses und sehnte sich nach einem anderen, freieren Leben.
Zumindest wohnten sie in der Nähe des Parks. Jeder sagte ihr, wie glücklich sie sich schätzen könne, nur einen Steinwurf von den Wiesen und den vom Regen durchnässten Bäumen entfernt zu sein. Camilla ging jeden Tag dorthin. Ihre Mutter schwärmte ständig von der perfekten Lage ihrer Wohnung, obwohl sie kaum dort anzutreffen war. Marinas Terminkalender war voll mit Verabredungen zu Mittagessen und Bridgepartys oder der Organisation von Wohltätigkeitsveranstaltungen. Camilla stellte fest, dass ihr ihre eigene Gesellschaft genügte. Sie konnte sich nicht vorstellen, Freundschaften zu schließen, die sich mit dem engen Band zwischen ihr, Sarah und Hannah vergleichen ließen. Briefeschreiben lag ihr nicht sonderlich, doch sie schickte regelmäßig Postkarten mit flotten Sprüchen auf der Rückseite und Geschenke von jedem Ort, den sie gerade besuchte. Sie glaubte nicht, dass ihre Freunde ermessen konnten, wie einsam sie sich in London fühlte. Es gelang ihr nicht, sich den Kreisen anzuschließen, die ihrer Mutter zusagten, und Marinas Zwangsvorstellungen von der Hierarchie der Londoner Gesellschaft widerten sie an. Ihr Vater arbeitete im Auswärtigen Amt wieder für die afrikanische Abteilung und reiste immer noch regelmäßig zwischen London und Nairobi hin und her. Wenn er sich nicht im Ausland befand, schien er bis in die späte Nacht Besprechungen in Whitehall zu haben. Er spielte immer noch eine Schlüsselrolle bei den komplizierten Verhandlungen zwischen der britischen und der kenianischen Regierung, während die neue Verfassung ausgearbeitet wurde, die Kenia in eine Republik verwandeln sollte. Camilla hatte gehört, wie er am Telefon über das strittige Problem der asiatischen Gemeinde und deren Recht, nach Großbritannien zu gehen, diskutiert hatte. Im Parlament wandte sich Enoch Powell immer noch vehement gegen eine unbeschränkte Einwanderung, und die Presse war voll von emotional geprägter Rhetorik über dieses Thema. Viele weiße Farmer in Kenia spotteten immer noch über den Plan der Neuaufteilung des Landes und beharrten auf ihrer Ansicht, dass weite Teile der fruchtbarsten Gebiete dann durch Ignoranz und Misswirtschaft zerstört werden würden. Es gab wutentbrannte Vorwürfe, die britische Regierung habe in der Eile, die frühere Kolonie zu übergeben, die wenigen Menschen im Stich gelassen, die das Land reich gemacht hatten. Als Camilla ihren Vater auf die van der Beers ansprach, reagierte er schroff.
»Sie haben sich entschieden, sich dem Auszug nach Rhodesien anzuschließen, um ihrem Sohn einen Neuanfang zu ermöglichen, meine Liebe. Jetzt liegt es in den Händen deines jungen Freunds, das Beste daraus machen.«
»Sie hätten das Land niemals verlassen, wenn Mutter damals nicht diesen Wutanfall gehabt hätte«, erklärte Camilla. »Und du hast mir nie gesagt, worum es dabei eigentlich ging.«
»Du weißt, dass ich über heikle Themen nicht sprechen kann.«
»So heikel, dass sie darüber Bescheid wusste?«
»Jan van der Beer hat zum Wohl seines Sohns eine selbstlose
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