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Himmel über Ostpreußen: Schicksalsjahre einer Familie (German Edition)

Himmel über Ostpreußen: Schicksalsjahre einer Familie (German Edition)

Titel: Himmel über Ostpreußen: Schicksalsjahre einer Familie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Schulze-Lackner
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Letzten den Salon. Man wartete auf den Gong, der zum Essen rief. Clemens’ Herz machte einen Sprung, als sie ihn anlächelte. Er wusste, er war am Ziel seiner Wünsche!
    Bei Tisch unterhielt man sich angeregt über Pferde, faule Landarbeiter und unfähige Inspektoren. Es wurde gelacht und geflirtet, und Ferdinand charmierte mit Ursula und Philine, die trotz ihres fortgeschrittenen Alters immer noch seine liebsten Tischdamen waren. Gerade wurde das Dessert serviert, als Hannes Jesko ein Zeichen machte. Der erhob sich und schlug an sein Glas. Die Gespräche verstummten, und alle Blicke richteten sich auf ihren Gastgeber.
    »Liebe Freunde! Bevor das Jahr zu Ende geht, ein Jahr, das Elend und Trauer über unser geliebtes Ostpreußen gebracht hat, lasst mich noch ein paar Worte zu euch sprechen. Es ist viel passiert in diesem Jahr. Alexander und Ellart, meine geliebten Enkel, sind aus dem Haus gegangen, um ihre Ausbildung zu beginnen. Alexander wird in die Fußstapfen seines Vaters, unseres unvergessenen Eberhards, treten …« Er schluckte kurz, ehe er weitersprach, »… und Ellart setzt die Tradition der Kaulitzens fort und wird Offizier. Clemens – fast alle von euch kennen ihn ja noch – ist aus England zurück und will sich wieder in der Heimat niederlassen.
    Nach einer traurigen, schweren Zeit und nach über zwei Jahren der Stille feiern wir heute das erste Mal wieder zusammen. Lasst uns darauf trinken, dass das kommende Jahr uns verschonen möge von Seuchen, Tod und Missernten.« Allgemeines Stühlerücken, und alle erhoben ihre inzwischen von den Dienern nachgefüllten Gläser. Die Fenster wurden geöffnet, und da läuteten bereits alle Kirchenglocken des Landes das neue Jahr ein. Es erklang ein lautes »Prosit Neujahr«, und Elvira führte die Polonaise in den Ballsaal hinein an, wo die Musik bereits zu spielen begonnen hatte.
    Etwas abseits von den anderen nahm Clemens Aglaia in den Arm. »Ich liebe dich«, sagte er leise.
    »Ich weiß, Clemens.« Er hielt sie einen Moment fest umschlungen. Dann sagte er: »Ich wünsche dir, dem Menschen, den ich am meisten liebe, für das neue Jahr alles Glück dieser Welt. Und nun komm. Der erste Walzer gehört mir.«
    In dieser Nacht kam Clemens zu ihr. Sie stand am Fenster und blickte hinauf zu ihren Sternen, als er leise das Zimmer betrat. Langsam drehte sie sich um. Nur einen Moment lang blickten sie sich an, dann fielen sie sich wortlos in die Arme. Er hob sie hoch und trug sie zum Bett. Aglaia lag ganz still. Sie erschauerte, als er zart die Bänder ihres seidenen Negligees löste. Sanft streichelte er ihr Gesicht, küsste erst zärtlich ihre Augen, dann fand er ihre Lippen, die sich sehnsüchtig öffneten. Zart strich er über ihre Brust, küsste ihre Brustwarzen. Er ließ jedes Drängen vermissen, tat alles ohne Hast. Er hatte keine Eile. Weiter suchten seine Hände, strichen über ihren flachen Bauch, verweilten dann zwischen ihren Schenkeln. Als sie ihre Scham fanden, begann Aglaia zu seufzen, und als er zu ihr kam, meinte sie zu vergehen. »Ich liebe dich, Aglaia, so lange ich denken kann«, flüsterte er immer wieder.
    Sie liebten sich, bis der Morgen graute. Als das Schloss erwachte, huschte Clemens geräuschlos aus Aglaias Zimmer, eine wunschlos glückliche Frau zurücklassend. Am nächsten Morgen hielt Clemens bei Jesko um Aglaias Hand an.

1869

    Z wei Tage später war auf Birkenau wieder eine behagliche Ruhe eingekehrt. Nach und nach hatten alle Gäste das Schloss verlassen. »Ist es euch recht, wenn ich noch ein wenig bleibe?«, hatte Clemens gefragt.
    »So lange du willst«, versicherte man ihm.
    Hin und wieder bekam Clemens Post. Dann bat er, von Josef nach Insterburg gefahren zu werden. Jeder wusste, er suchte nach einem neuen Zuhause. Manchmal blieb er mehrere Tage weg, und wenn er nach seiner Rückkehr gefragt wurde, wo er denn gewesen sei und ob seine Reise erfolgreich gewesen war, antwortete er ausweichend. »Ich weiß noch nicht … es scheint mir doch noch nicht so ganz das Richtige zu sein.« Irgendwann fragte niemand mehr.
    »Schließlich ist es seine Sache«, befand Jesko.
    Ein paar Wochen später überraschte Clemens die Familie mit der Nachricht, dass er in den nächsten Tagen abreisen würde. »Ich werde ein paar Monate brauchen, um in England alles abzuwickeln und meine Zelte dort abzubrechen.« Er sah Aglaia an. »Wenn ich zurückkomme, möchte ich, dass wir so schnell wie möglich heiraten. Ist dir das recht?«
    »Natürlich,

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