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Himmel über Ostpreußen: Schicksalsjahre einer Familie (German Edition)

Himmel über Ostpreußen: Schicksalsjahre einer Familie (German Edition)

Titel: Himmel über Ostpreußen: Schicksalsjahre einer Familie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Schulze-Lackner
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wusste sie doch, dass es wieder endlose Sticheleien seitens ihrer Mutter geben würde. Und selbst Egbert dürfte das in der letzten Zeit nicht entgangen sein. Er wusste ja inzwischen, wie Wilhelmine zu Tanya stand. »Und du kennst doch Mama. Wenn sie hört, dass ihr heimlich verlobt seid …«
    »Um Himmels willen, das darf sie nicht erfahren. Es ist heimlich, verstehst du … heimlich!« Tanyas Stimme klang flehend.
    Entrüstet setzte Aglaia sich auf. »Aber warum denn diese Heimlichkeit? Ich begreife das nicht.«
    »Ach Aglaia, so genau weiß ich das doch auch nicht. Aber bitte sei mir nicht böse und auch nicht auf Egbert. Er sagt, es gibt noch einiges zu klären mit seinem Vater.« Sie seufzte. »Glaub mir, wir haben uns einander ganz fest versprochen. Es wird bestimmt alles gut.« Sie drückte die Hand ihrer Cousine. »Bitte bitte, sei mir nicht mehr böse. Ich bin ja so schrecklich glücklich.«
    Aglaia strich dem aufgeregten Mädchen über die offenen Haare, die wie rote Flammen auf dem weißen Kopfkissen lagen. »Ach Tanyachen, ich kann dir doch gar nicht lange böse sein. Du weißt doch, wie lieb ich dich habe. Aber ich bin hundemüde. Lass uns noch ein wenig schlafen. Du weißt, es wird heute ein anstrengender Tag.«
    Als die beiden Mädchen später das Frühstückszimmer betraten, trafen sie dort nur noch Wilhelmine und Elvira an. »Ihr seid ja reichlich spät«, sagte Wilhelmine streng. Mit der einen Hand fächelte sie sich Luft zu, mit der anderen hielt sie ihr Lorgnon vor die kurzsichtigen Augen. »Und besonders frisch seht ihr auch nicht gerade aus. Vor allem du, Tanya.«
    »Nun lass mal die Kinder, Wilhelmine«, lachte Elvira, »die beiden haben schließlich bis zum Morgengrauen getanzt. Da hast du schon längst geschlafen.« Dass sie Tanya und Egbert bereits kurz nach Mitternacht nicht mehr gesehen hatte, verschwieg sie wohlweislich. »Na, habt ihr euch gut amüsiert?«, fragte sie. »Eberhard ist ja ganz hingerissen von dir, Aglaia, das war wirklich nicht zu übersehen.«
    Aglaia lief rot an. »Ach Tante Elvira, nun übertreib man nicht«, und nach einer kleinen Pause fügte sie hinzu: »Er ist jedenfalls sehr nett.«
    Über Elviras Gesicht huschte ein Lächeln, das alles oder nichts sagte. Das sah gestern wirklich nach mehr als ›sehr nett‹ aus, dachte sie. Nun ja, man würde sehen … »Also ich für mein Teil habe mich amüsiert wie lange nicht mehr«, wechselte sie jetzt das Thema. »Ich habe richtigen Muskelkater vom Tanzen, und meine Füße sind ganz wund.«
    »Na, du hast ja auch ganz schön rumscharmutziert mit dem Kaulitz«, stellte Wilhelmine fest. »Findest du das angemessen, als Witwe und in deinem Alter?«
    »Ach, das bisschen Flirten … du gönnst mir aber auch gar nichts. Und was hast du denn bloß immer mit meinem Alter?« Elvira lachte gutmütig. »Ich habe dir nun schon des Öfteren gesagt, ich fühle mich nicht alt.«
    »Recht hast du, Tante Elvira«, mischte sich Aglaia jetzt ein. »Einfach toll hast du gestern ausgesehen.« Aber als sie das wütende Gesicht ihrer Mutter sah, verkniff sie sich den Rest des Satzes. Sie fand, dass ihre Tante auch heute richtig fabelhaft aussah, viel jünger als ihre Mutter, obwohl die beiden doch gleichaltrig waren.
    Jetzt richtete sich Wilhelmines Lorgnon wieder auf Tanya. »Man sagte mir, Graf Schlieren sei bereits in aller Frühe aufgebrochen. Was hat das zu bedeuten? Ich dachte, er wollte …«
    »Egbert musste zurück in seine Garnison«, unterbrach Tanya die Inquisition ihrer Tante. »Heute beginnt das Wintermanöver.«
    Zu ihrer Erleichterung wurden sie von Kurt unterbrochen. »Der Schlitten mit der Verpflegung der Jagdgäste wäre jetzt abfahrbereit. Wenn die Komtess und Baroness mitfahren wollen …« Die beiden Mädchen sprangen erleichtert auf. »Ja, wir kommen, Kurt«, rief Aglaia, »wir ziehen uns nur schnell Pelze und Stiefel an.« Wollten sie es doch auf keinen Fall versäumen, der Jagdgesellschaft warme Suppen und Schnäpse zu bringen.
    »Also verstehst du das?« Wilhelmine fächerte sich empört Luft zu. »Ich habe fest mit einer Verlobung gerechnet.« Ihre Lippen waren zu einem schmalen Strich zusammengepresst. »Du weißt schließlich auch, wie schwer es ist, ein Mädchen ohne Mitgift an den Mann zu bringen.«
    »Mein Gott, Wilhelmine, das Kind ist noch nicht mal siebzehn Jahre alt. Nun sei doch nicht so ungeduldig. Es war gestern ja nun wirklich nicht zu übersehen, wie verliebt die beiden sind.« Sie nahm einen Schluck

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