Himmel und Hölle: Neun Erzählungen (German Edition)
eine rasche Bewegung, um eine Karte zu retten, die ihm aus der Hand zu rutschen drohte. Grant beobachtete von der anderen Seite des Raumes ihre blitzschnelle Bewegung und ihre rasche, lachende Entschuldigung. Er sah Aubreys ehemännliches Stirnrunzeln, wenn eine Strähne von ihrem Haar seine Wange berührte. Aubrey zog es vor, sie nicht zu beachten, solange sie an seiner Seite blieb.
Aber kaum hatte sie Grant zur Begrüßung angelächelt, ihren Stuhl zurückgeschoben und war aufgestanden, um ihm Tee anzubieten – und hatte so gezeigt, dass sie sein Recht anerkannte, da zu sein, und sich vielleicht ein wenig verantwortlich für ihn fühlte –, schon nahm Aubreys Gesicht einen Ausdruck finsterer Bestürzung an. Er ließ die Karten aus den Fingern gleiten und auf den Boden fallen, um das Spiel zu verderben.
So dass Fiona gezwungen war, einzugreifen und alles in Ordnung zu bringen.
Wenn sie nicht am Bridgetisch saßen, konnte es sein, dass sie ein wenig einen der Flure entlanggingen, wobei Aubrey sich mit einer Hand an der Geländerstange festhielt und mit der anderen an Fionas Arm oder an ihrer Schulter. Die Schwestern fanden, es war ein Wunder, wie sie ihn aus dem Rollstuhl geholt hatte. Obwohl für längere Wege – zum Wintergarten am einen Ende des Gebäudes oder zum Fernsehzimmer am anderen – der Rollstuhl immer noch erforderlich war.
Im Fernsehen schien immer der Sportsender zu laufen, und Aubrey sah sich jeden Sport an, aber sein Lieblingssport war offenbar Golf. Grant hatte nichts dagegen, sich mit ihnen Golf anzuschauen. Er nahm ein paar Stühle weiter Platz. Auf dem großen Bildschirm folgte eine kleine Gruppe von Zuschauern und Reportern den Spielern über das friedliche Grün und klatschte an den geeigneten Stellen artig Beifall. Aber wenn der Spieler seinen Schlag ansetzte und der Ball seine einsame vorbestimmte Reise über den Himmel antrat, herrschte überall Schweigen. Aubrey und Fiona und Grant und vielleicht auch noch andere saßen mit angehaltenem Atem da, und dann atmete Aubrey als Erster geräuschvoll aus, befriedigt oder enttäuscht. Fiona stimmte einen Augenblick später mit ein.
Im Wintergarten herrschte kein solches Schweigen. Das Paar suchte sich einen Platz inmitten der üppigsten und dichtesten und tropischsten Pflanzen – eine Liebeslaube, wenn man so wollte –, und Grant musste all seine Beherrschung aufbieten, um nicht dort einzudringen. Umgeben vom Rascheln der Blätter und dem Geräusch plätschernden Wassers erklangen Fionas leise Stimme und ihr Gelächter.
Dann ein kehliges Gekicher. Wer von beiden konnte das sein?
Vielleicht keiner – vielleicht kam es von einem der unverschämten knallbunten Vögel, die die Käfige in den Ecken bewohnten.
Aubrey konnte sprechen, obwohl seine Stimme sich wahrscheinlich nicht wie früher anhörte. Jetzt schien es, als sagte er etwas – wenige krächzige Silben.
Vorsicht. Mein Schatz. Er ist da.
Auf dem blauen Grund des Brunnenbeckens lagen einige Glücksmünzen. Grant hatte nie jemanden Geld hineinwerfen sehen. Er starrte auf die Fünf-, Zehn- und Fünfundzwanzig-Cent-Stücke und fragte sich, ob sie auf die Fliesen geklebt worden waren – ein weiterer Bestandteil der aufmunternden Gestaltung des Hauses.
Halbwüchsige bei einem Baseballspiel, hoch oben auf der offenen Tribüne, weit fort von den Freunden des Jungen. Ein paar Zentimeter rohes Holz zwischen ihnen, einbrechende Dunkelheit, die rasche Kühle des Spätsommerabends. Das Geflatter der Hände, das Verlagern der Schenkel. Augen starr aufs Spielfeld gerichtet. Er wird die Jacke ausziehen, wenn er eine anhat, und sie ihr um die schmalen Schultern legen. Darunter kann er sie enger an sich ziehen, seine gespreizten Finger in ihren weichen Arm drücken.
Nicht wie heute, wenn jeder Bengel ihr wahrscheinlich gleich bei der ersten Verabredung an die Wäsche gehen würde.
Fionas magerer weicher Arm. Pubertäre Lust, die sie erstaunt und durch alle Nerven ihres zarten jungen Körpers zuckt, während die Nacht sich um den beleuchteten Staub des Spiels senkt.
Wiesensee leistete sich kaum Spiegel, also blieb ihm sein eigener Anblick bei seinen Pirschgängen erspart. Aber hin und wieder kam ihm zu Bewusstsein, wie unwürdig und lächerlich und vielleicht sogar geistesgestört er aussehen musste, wenn er Fiona und Aubrey nachschlich. Und kein Glück damit hatte, sie oder ihn zur Rede zu stellen. Immer unsicherer wurde, welches Recht er hatte, sich aufzudrängen, aber
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