Himmels-Taler
Kürbis?«
»Nein, wir scheinen immer noch in deiner Welt zu sein; es erinnert mich lediglich an den Kürbis. Das ist der Ort, wo der Stoff hergestellt wird, aus dem die Träume sind; es gibt dort viele Szenen, die als Modelle für Träume dienen. Das hier könnte auch eine solche Szene sein.«
»Eine Traumszene!« sagte Dolph. »Das könnte wirklich Spaß machen!«
»Ich selbst träume natürlich nicht«, fuhr Mark fort, »weil ich ja aus dem Reich der Träume stamme. Aber ich weiß, daß viele Träume unangenehm sind. Wollen wir hoffen, daß es sich hier nicht um die Szene für einen Alptraum handelt, der von den Nachtmähren überbracht wird.«
»Ja«, stimmte Dolph ihm zu, als ihm plötzlich klar wurde, daß dieses Abenteuer ebenso unangenehm wie spaßig werden könnte.
»Außerdem müssen wir an unser Ziel denken. Wir sind hier, um den Himmelstaler zu finden. Das ist möglicherweise nicht so einfach.«
»Vielleicht befindet er sich in einer dieser Kuppeln«, sagte Dolph und blickte seinen Freund zum ersten Mal an, seit sie in die faszinierende Stadt gekommen waren.
Überrascht hielt er inne.
Mark Knochen war verschwunden; an seiner Stelle stand ein gutaussehender, lebendiger Menschenmann in einem weißen Anzug.
Der Mann erwiderte seinen Blick. »Stimmt etwas nicht?« fragte er mit Marks Stimme.
War das Mark, oder war das nur ein Fremder, der seine Stimme nachahmte? Dolph wußte nicht, wie er das entscheiden sollte. Wenn es Mark war, müßte er dem Skelett sofort Mitteilung machen. War es aber ein Fremder, sollte er vielleicht so tun, als würde er den Unterschied nicht bemerken, damit der Mann glaubte, daß er ihn hinters Licht geführt hätte. »Äh…« sagte er.
»Du siehst aus, als hättest du ein Gespenst gesehen«, meinte der Mann. »Und zwar kein freundliches. Was ist denn los?«
Er mußte irgend etwas sagen – aber was? Dolph wünschte, daß er etwas von der Urteilskraft der Erwachsenen besäße, um zu wissen, was er tun sollte. »Äh…« wiederholte er.
Der Mann streckte eine Hand nach ihm aus. »Jetzt siehst du so aus, als würdest du gleich in Ohnmacht fallen. Laß mich dir helfen…«
Da fiel der Blick des Mannes auf seine eigene Hand. Plötzlich schienen ihm die Augen schier aus dem Kopf zu fallen. »Äh…« sagte er.
»Genau«, pflichtete Dolph ihm bei.
» Irgend etwas ist mit meiner Hand passiert !« rief der Mann entsetzt. »Die ist ja völlig mit Fleisch bedeckt!«
»Richtig«, sagte Dolph. Wenigstens war damit das Problem gelöst, was er sagen sollte.
»Und mein Arm auch! Und meine Beine! Ich glaube, ich übergebe mich gleich!«
»Wirklich übel«, stimmte Dolph ihm beruhigt zu.
Der Mann berührte seinen eigenen Arm. »Aber es ist nicht wirklich!« rief er mit gewaltiger Erleichterung. »Meine Knochen sind immer noch da!«
»Nicht wirklich?«
»Fühl doch mal meinen Arm!« erwiderte der Mann und griff nach Dolph.
Dolph wich zurück, doch dann fiel ihm ein, daß es besser war, keine Furcht zu zeigen. Vorsichtig berührte er den Arm.
Seine Finger stießen durch die Haut, bis sie auf kalten Knochen trafen.
»Das bist tatsächlich du!« rief er erfreut.
»Natürlich bin ich es!« erwiderte Mark. »Wer denn sonst!«
»Aber du siehst aus wie ein lebender Mensch! Es ist fürchterlich!«
Mark stellte sich vor eine spielgelgleiche Wand. »Ekelhaft!« stimmte er zu. »Das ist doch ein Traum, der von den Nachtmähren gebracht wird! Wie hältst du es nur aus, mich anzuschauen?«
»Es ist nicht leicht«, meinte Dolph. »Aber ich hoffe doch, daß ich mein Frühstück bei mir behalten kann.«
»Wenigstens ist es nicht wirklich!« Mark befingerte gerade seinen Kopf. »An meinem Schädel befindet sich keine haarige Haut, in meinen Augenhöhlen sind keine scheußlichen Augäpfel, keine groteske Zunge in meinem Mund. An meinem Körper haftet kein Fett. Ich sehe nur grotesk aus ; in Wirklichkeit bin ich gar nicht so.«
»Das ist großartig«, sagte Dolph, der sich plötzlich seines eigenen haarigen Kopfs, seiner scheußlichen Augäpfel und grotesken Zunge bewußt wurde. Was tat er nur mit all diesem dummen Fleisch an seinem Körper?
»Für dich ist das natürlich in Ordnung«, bemerkte Mark. »Du sollst schließlich so sein. Wenn du nur aus Knochen bestündest, würdest du sogar etwas merkwürdig aussehen. Aber für mich – was für eine Schreckenvision!«
»Was für eine Schreckensvision«, wiederholte Dolph, der sich schon besser fühlte.
»Ich frage mich…« Mark trat
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