Himmels-Taler
Aber Merwin besaß einen prachtvollen Zauber, der ihn jung bleiben ließ. Das war ein großer, leuchtender Feuerwasseropal, der vor Energie nur so funkelte. Du hast vielleicht schon bemerkt, daß wir Meermenschen schöne Edelsteine und seltene Metalle sammeln; wir lieben es, damit unser Heim und unseren Garten zu schmücken. Doch Merwin besaß nur diesen einzigen, und den schätzte er mehr als alle anderen. Er trug ihn an einer Kette um den Hals.
Eines Tages befand er sich an der Meeresoberfläche und erzeugte zusammen mit den diensthabenden Wolken einen prächtigen Sturm. Ein Flugdrache kam vorbei und bot ihm seine Hilfe an, indem er Feuer und Rauch ausstoßen und die Nebel verdichten wollte. Doch dann erblickte er Merwins Opal und begehrte ihn. Während Merwin sich gerade auf den Sturm konzentrierte, richtete dieser heimtückische Drache seinen Feuerstrahl gegen ihn und röstete ihn. Wir Meermenschen sind sehr anfällig für Feuer, deshalb bleiben wir auch immer im Wasser. Merwin war benommen und stürzte bewußtlos ins Wasser. Der Drache nahm den Feuerwasseropal an sich, indem er die Halskette zerriß, und flog damit zu seinem Hort irgendwo auf dem Festland.
Merwin, des Schutzes seines Edelsteins beraubt, starb. Nun war ich Witwe. Danach wurde es für mich sehr schwer, denn Meerfrauen leben nicht gern allein. Wir hatten unseren Besitz ausgebaut, um eine Familie aufziehen zu können; aber nun würde es keine Familie mehr geben. Ich wollte unser Anwesen nicht mit einem fremden Meermann teilen, aber das war ohnehin ein allenfalls akademisches Problem; ohne den Feuerwasseropal war es nicht attraktiv genug, um auch andere Meermänner anzuziehen. Meine einzige Chance, wieder neue Hoffnung zu schöpfen, bestand darin, den Feuerwasseropal zurückzubekommen, aber diese Chance erschien mir wirklich sehr gering.
Deswegen war ich auch so interessiert, als du den Himmelstaler erwähntest. Damit könnte ich den Opal finden.« Sie zuckte die Schultern. »Aber es war doch nur eine törichte, flüchtige Idee. Dieser Drache lebt schließlich an Land, während ich ein Meereslebewesen bin; wenn ich mich zu seinem Hort begäbe, würde ich doch nur den Tod finden. Ich kann den Himmelstaler gar nicht gebrauchen, weil er mich nur in den Tod führen würde. Aber als mir das klar wurde, fiel mir auch auf, daß du ein hübscher Junge bist. Die Tatsache, daß du ein Prinz bist, macht die Sache noch besser. Deshalb habe ich dich gefangengenommen und bedaure, wenn es dich unglücklich machen sollte.«
»Ich will nicht hierbleiben«, erwiderte Dolph. »Wirst du mich ziehen lassen?«
»Nein.«
»Aber ich bin doch nur ein Junge! Ich kann doch gar nicht… tun, was du willst.«
»Oh, ich bin sicher, daß du das kannst, wenn du erst einmal älter geworden bist. Deine und meine Rasse können sich kreuzen, und oft tun Meermenschen es mit gefangengenommenen Matrosen. Dann bringt der Storchfisch Halblinge, die sich entweder für das Leben an Land oder im Meer entscheiden können. Das wird natürlich eine Weile dauern, aber während du aufwächst, werde ich dich gut behandeln, und ich bin sicher, daß es dir hier unten schon gefallen wird.«
»Ich weiß nicht einmal, wie ich… was auch immer. Die Erwachsenen haben mir das Geheimnis bisher immer vorenthalten.«
Sie lachte. »Für uns ist das lediglich eine Frage der Diskretion. Darüber würde ich mir keine Sorgen machen.«
»Na ja, du bist ja auch erwachsen«, konterte er. »Du weißt es ja schon!«
»Und ich werde es dir gern zeigen, wenn die Zeit gekommen ist. Du wirst es interessant finden.«
»Niemals!«
Sie lächelte duldsam, genau wie ein Erwachsener. »Du wirst schon sehen.«
»Aber ich habe andere Dinge zu tun!« protestierte Dolph heftig.
»Die kannst du immer noch tun, nachdem ich mit dir fertig bin«, entschied sie.
»Ich werde fliehen!«
»Du darfst es gern versuchen.«
Dolph verwandelte sich in einen Fisch. Doch als er die Höhle verließ, begann er zu würgen. Seine Kiemen vertrugen das Wasser nicht!
Er mußte zurückweichen, irgendwie funktionierte seine Fischgestalt nicht.
»Ich wußte gar nicht, daß du ein Gestaltwandler bist«, bemerkte Mela. »Aber ich sehe auch, daß du keine Erfahrung hast. Dein Körper hängt an meinem Zauber fest, deshalb kannst du unter Wasser auch atmen. Es wird dir aber nicht gelingen, dich an normale Fischatmung anzupassen; deine Magie und meine stören einander, und dann wirst du ersticken.«
Dolph nahm wieder Jungengestalt an. »Ich
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