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Himmelsdiebe

Himmelsdiebe

Titel: Himmelsdiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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den Tischen zusammengeschrumpft waren, hatte das Glück Harry verfolgt wie der Teufel die arme Seel e – fast siebenhundert Dollar hatte man ihm an der Kasse ausbezahlt. Doch im Gegensatz zu Debbie hatte er sich den ganzen Abend lang keine Sekunde über sein Glück gefreut. Nur ihr zuliebe hatte er gelacht und getan, als wäre er genauso aus dem Häuschen wie sie.
    »Ich habe Lust zu baden«, sagte Debbie auf der Uferpromenade. »Du auch?«
    Ohne seine Antwort abzuwarten, streifte sie die Schuhe von den Füßen und lief hinunter zum Strand, wo sich die Wellen silbern schäumend im Mondlicht brachen. Harry blieb nichts anderes übrig, als ihr zu folgen. Als er sie einholte, hatte sie sich schon bis auf den Slip und den BH ausgezogen.
    »Bist du betrunken?«, fragte Harry entsetzt.
    »Nein, nur glücklich.«
    »Das kannst du nicht machen! Die Portugiesen sind katholischer als der Papst! Wenn sie dich erwischen, sperren sie dich ein!«
    »Seit wann bist du so spießig? Ich wollte schon immer eine Nacht im Gefängnis verbringen!«
    Als bedürfte es noch eines Beweises, streifte Debbie den BH von den Schultern, zog den Slip aus, und nackt, wie ihre Mutter sie geboren hatte, stürzte sie sich ins Meer. Doch ihr weißlich schimmernder Körper war noch nicht im Wasser verschwunden, da hatte Harry sie bereits vergessen.
    Wo mochte Laura jetzt sein? Hatte sie schon die Azoren erreicht? Er schaute auf seine Armbanduhr, deren phosphoreszierende Ziffern wie Glühwürmchen in der Dunkelheit leuchteten. Vor acht Stunden und dreiundzwanzig Minuten hatte sie Lissabon verlassen. Harry war in der Menschenmenge am Kai gewesen und hatte zugeschaut, wie die Fortune abgelegt hatte. Nur einen Steinwurf von ihm entfernt hatte Laura mit dem Stierkämpfer an der Reling gestanden. Doch sie hatte ihn nicht gesehen. Wie sollte sie auch? Sie hatte ihn ja gar nicht gesucht.
    Nach ihrer Begegnung im Krankenhaus hatten sie sich nur noch ein einziges Mal getroffen, im mexikanischen Konsulat. Sie waren nicht allein gewesen. Debbie hatte Harry begleitet, um mit Roberto die praktischen Dinge zu regeln. Harry hatte von Laura seinen Pass zurückbekommen, und großzügig, wie der Stierkämpfer war, hatte er angeboten, etwaiges Sperrgut mit nach Amerika zu nehmen, da man im Flugzeug ja kaum Gepäck mit sich führen durfte. Vielleicht ein paar größere Gemälde? Zum Beispiel die Himmelsbeute ? Während Roberto und Debbie alles Notwendige besprachen, hatte Harry die ganze Zeit ein Bild an der Wand anschauen müssen, das Laura offenbar noch vor ihrer Operation gemalt hatte: Ein schwarz-weiß gescheckter Hengst mit riesigem Gemächt, der eine zierliche braune Stute besprang. Ihr letztes Pferdebild, hatte Laura erklärt, als Antwort auf seinen fragenden Blick.
    Wieder schaute Harry auf seine Armbanduhr. Wo zum Teufel blieb Debbie nur? Sie war schon eine halbe Stunde fort! Er lief ans Wasser und blickte über die schwarzen Wellen, auf denen helle Schaumkronen tanzten.
    »Debbie!«, rief er, die Hände zum Trichter am Mund geformt. »Debbie!«
    Der Wind wehte seinen Ruf über die Brandung. Während die kläglichen Laute sich in der rauschenden Finsternis verloren, überkam ihn ein Gefühl von Panik. Hatte auch sie ihn verlassen? Er stellte sich auf die Zehenspitzen, doch sosehr er sich den Hals verrenkte, er konnte sie nirgendwo entdecken.
    »Debbie!«, rief er wieder. »Wo bist du?«
    Eine kalte, feuchte Hand streifte seinen Hals.
    »Hast du mich etwa vermisst, mein süßer deutscher Spießer?«
    Harry fuhr herum. Da stand sie vor ihm, mit nassen Haaren und splitternackt. Das Wasser perlte an ihrem Leib wie tausend Tränen.
    »Ich hatte schon Angst, du wärst ertrunken«, sagte er erleichtert. »Was soll denn aus mir werden, wenn dir was passiert?«
    Ohne etwas zu erwidern, nahm sie seine Hand und führte ihn in eine kleine, dunkle Bucht, die unterhalb der Uferpromenade lag, im Schatten eines Pinienwäldchens.
    »Zieh dich aus«, sagte sie. »Hier kann uns niemand sehen.«
    Mit nassen Händen knöpfte sie sein Hemd auf und öffnete den Gürtel seiner Hose. Harry ließ es geschehen. Wie in einem Film sah er vor sich, was nun kommen würd e – jedes Wort, jeden Blick, jede Berührung. Dada machte Männchen wie ein dressierter Pudel, ohne dass Harry etwas dabei empfand. Er war nur froh, dass sein Körper so zuverlässig reagierte. Jetzt noch ein paar passende Worte, dann durfte er endlich alles vergessen. Wie von allein kamen sie über seine Lippen.
    »Ich möchte

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